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Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Titel: Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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trug eine Wanderhose mit an den Oberschenkeln aufgenähten Taschen und eine dunkelblaue Wanderjacke. Die Haare hatte sie, was ihn überraschte, zu einem Pferdeschwanz gebunden. So hatte Gasperlmaier sie noch nie gesehen. Die Frau Doktor Kohlross reichte Gasperlmaier kaum bis zum Kinn, aber ihre wachen, scharf beobachtenden Augen, ihre energische Stimme und ihr ganzes Auftreten machten sie, fand Gasperlmaier, zu einer beeindruckenden Persönlichkeit, obwohl sie, wie Gasperlmaier meinte, doch ein ganzes Stück jünger sein musste als er selbst. Zehn Jahre, mindestens. Mittlerweile war auch der Kahlß Friedrich vor Ort und begrüßte die Frau Doktor.
    „Ja, meine Herren!“, meinte sie, „sosehr ich mich freue, Sie beide wiederzusehen, der Anlass ist mehr als unangenehm. Auf zu den Leichen!“ Der Kahlß Friedrich wies den Weg, während Gasperlmaier zurückblieb. Er hatte seiner Meinung nach genug von den beiden unglücklichen Frauen gesehen, deren Überreste immer noch auf ihren Abtransport warteten.
    Die Frau Doktor schlug bei beiden Leichen die Plane zurück, gab aber keinerlei Kommentar von sich. Wahrscheinlich hatte man sie schon darüber informiert, was hier auf sie wartete. Vor allem bei der Leiche, die, so nahm man zumindest an, heute abgestürzt war, ließ sich die Frau Doktor Zeit. Aus den Augenwinkeln beobachtete Gasperlmaier, wie sie Latexhandschuhe überstreifte und sich an der Toten zu schaffen machte. Nach ein paar Minuten richtete sie sich auf, zog die Plane wieder über die Leiche und trat zu Gasperlmaier und dem Friedrich. Sorgenvoll betrachtete Gasperlmaier ihre blutigen Handschuhe. Die Frau Doktor streifte sie ab und sah sich nach einem Ort um, wo sie sie loswerden konnte, Gasperlmaier tat es ihr gleich. Beide fanden sie aber keinen passenden Platz, so kehrte die Frau Doktor zur Trage zurück und warf die Handschuhe achtlos daneben hin.
    „Ja, meine Herren!“, meinte sie, „jetzt kommt einmal die Spurensicherung. Die Leichen dürfen noch nicht weg.“ Gasperlmaier stellte sich vor, wie der Fredl über die neuerliche Verzögerung fluchen würde. „Die beiden müssen natürlich in die Gerichtsmedizin. Bei der …“, die Frau Doktor überlegte kurz, wie sie sich ausdrücken sollte, „bei der nicht skelettierten Leiche habe ich in den Taschen der Kleidung, soweit sie zugänglich waren, nichts gefunden außer einem benutzten Papiertaschentuch und einem Kassenzettel vom Eurospar in Bad Goisern.“ Die Frau Doktor hielt ihnen ein Plastiksäckchen hin, in das sie die beiden blutverschmierten Beweisstücke gesteckt hatte. „Von heute. Damit wissen wir definitiv, dass die Frau heute ums Leben gekommen ist – und der Anrufer wahrscheinlich recht hatte. Vielleicht hat sie eine Jause für die Bergtour gekauft. Und sobald die Spurensicherung eingetroffen ist, werde ich mit einem von Ihnen und einem der Bergretter, die sie gefunden haben, zur Fundstelle aufsteigen. Herr Kahlß?“ Der Friedrich schüttelte abwehrend die Hand. „Liebe Frau Doktor, sind S’ mir nicht böse. Der Mensch ist keine Gams, und ich schon gar nicht, und außerdem hab ich nur noch zwei Jahre bis zur Pension.“ Gasperlmaier wurde es warm. Nicht ums Verrecken würde er der Frau Doktor von seiner Höhenangst erzählen, und genauso wenig konnte er sich vorstellen, hinauf, unter die senkrechte Loserwand zu steigen, wo kein markierter Weg hinführte und wo er noch nie gewesen war, weil er sich ebenso wenig wie der Friedrich dort wohlfühlte, wo die Gämsen ihr Zuhause hatten. Allerdings, so erinnerte sich Gasperlmaier, grasten dort oben in den letzten Jahren häufig Schafe. Für die Touristen war das egal, denn die meisten von ihnen konnten, vor allem aus der Entfernung, die einen ohnehin nicht von den anderen unterscheiden und waren in jedem Fall begeistert.
    Gasperlmaier versuchte es mit der bewährten Ausrede. „Ich hab ja gar keine Bergschuhe!“ Die Frau Doktor fiel ihm ins Wort. „Papperlapapp! Auf einer Schutzhütte wie der da wird sich wohl ein Paar Bergschuhe finden, die ihnen passen! Und wenn nicht, dann lassen wir ein Paar heraufbringen!“ Gasperlmaier spürte, dass Widerspruch zwecklos war, und begann, sich in sein Schicksal zu fügen. Wenn es denn sein sollte, musste er also heute als drittes Opfer des Loser sein junges Leben lassen, und seine liebe Christine und seine Kinder würde er nie wiedersehen. Eine Hoffnung, allerdings, keimte noch in ihm. „Da oben werden wir sowieso nichts finden. Und die von der

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