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Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Titel: Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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Ängste ausgestanden wie lange nicht. Hinauf und hinunter, im Sonnenschein, im Nebel und im Regen. Und dann freute man sich auf einen gemütlichen Abend, hätte gern der eigenen Frau ein bisschen von seinem schweren Tag erzählt und die Füße hochgelegt, und dann war das Haus quasi besetzt. Von einem Deutschlehrer, der sich als mittelalterlicher Mönch gefiel. Gasperlmaier brütete dumpf vor sich hin. „Er hat morgen eine Veranstaltung am Toplitzsee. Er hat sich halt gedacht, er muss die Kosten niedrig halten, und hat sich an eine alte Freundin gewandt.“ „Alte Freundin!“, wiederholte Gasperlmaier hämisch, und die Situation war, so dachte er bei sich, ganz knapp vor einem lautstarken und folgenschweren Streit angelangt, der bei ihnen so selten war, als Gasperlmaier lautes Trampeln von der Stiege her vernahm und die Katharina atemlos zur Tür hereinstürzte.
    Seine fünfzehnjährige Tochter machte es Gasperlmaier zuweilen schwer, sie so lieb zu haben, wie er sich das eigentlich gewünscht hätte. Wenn es nach ihr ging, waren ihre Eltern ganztags nur damit beschäftigt, sich zu überlegen, wie man am besten ihr Leben zerstören konnte. Heute zerstörte man ihr Leben, weil sie nicht bis zwei Uhr nachts fort durfte, morgen nahm man ihr die Zukunft, weil man Bedenken anmeldete, ob eine Musicalakademie in Hamburg für dreitausend Euro im Semester doch der richtige Weg für sie war. Jetzt allerdings hielt die Katharina plötzlich inne, noch bevor sie ihre Eltern mit Forderungen nach Geld, Ausgang oder sonstigen Extras bestürmen konnte. „Hier riecht’s komisch“, sagte sie. „So süßlich. Papa, hast du einen Joint geraucht?“ Gasperlmaier zuckte zusammen. Plötzlich meinte auch er, einen seltsamen, süßlichen Rauchgeruch wahrzunehmen. Gasperlmaier kannte diesen Duft. Mehr als einmal hatte er auch hier, in Altaussee, mit Jugendlichen zu tun gehabt, die Haschisch rauchten, oder wie sie dieses Zeug auch immer gerade nannten.
    Jetzt platzte Gasperlmaier aber der Kragen. Er stürmte zur Terrassentür, packte den Beda im Genick und riss ihn zu sich herum. „Ja bist du denn wahnsinnig geworden, du Mönch, du komischer! Ja glaubst du denn, du kannst da einfach hereinschneien, dich breitmachen, und auf meiner Terrasse einen Joint rauchen? Und dann womöglich noch bei mir übernachten?“ Gasperlmaier war völlig außer Atem. Der Beda grinste ihn nur ebenso abweisend wie geistesabwesend an und meinte: „Entspann dich, Alter. Dir würde so ein Joint auch guttun. Magst einmal ziehen?“
    „Schau, dass d’ weiterkommst!“, brüllte Gasperlmaier nur und trat den Rückzug an. Und als er der Christine begegnete, die ihm auf die Terrasse nachgekommen war, schrie er auch sie noch an. „Ich will den Kerl nicht mehr sehen, wenn ich wieder herunterkomm!“ Gasperlmaier zitterte vor Wut, schnappte sich eine Bierflasche aus dem Kühlschrank und stampfte wütend die Stiege hinauf, um sich ins Schlafzimmer zurückzuziehen. So weit also der gemütliche Abend. Gasperlmaier drehte das Radio laut auf, ohne wahrzunehmen, was für eine Sendung überhaupt lief. Nebenher bekam er noch mit, dass es unten einen erregten Wortwechsel gab und schließlich die Haustür ins Schloss fiel. Kurz darauf startete der Motor des VW -Busses hustend und knatternd. Gasperlmaier überlegte kurz, ob er den Kahlß Friedrich anrufen sollte, damit der einen auffälligen Drogenlenker aus dem Verkehr zog, schlief aber ein, noch bevor er eine Entscheidung hatte treffen können. Viel später, als das Radio verstummte und das Bett ein wenig knarrte, als die Christine sich zu ihm legte, wachte er kurz auf.
    Am nächsten Tag beim Frühstück war Gasperlmaier sein Verhalten vom Vortag peinlich. Zwar, so dachte er bei sich, war er vollständig im Recht gewesen, er hatte es nicht zulassen können, dass so ein dahergelaufener Minnesänger im Haus eines Polizisten Drogen konsumierte, noch dazu in Anwesenheit von dessen minderjähriger Tochter. Doch Gasperlmaier hätte sich gewünscht, er hätte das Problem souverän und mit entsprechender Gelassenheit gemeistert. Stattdessen hatte er herumgebrüllt, fast noch Gewalt angewendet und sich beleidigt zurückgezogen. Gasperlmaier zog den Kopf ein und starrte den Tisch an, auf dem ihm die Christine wortlos das Kaffeehäferl hingestellt und mit Kaffee, Milch und Zucker gefüllt hatte. Kurz sah er auf, als sich die Christine ihm gegenüber hinsetzte und eine Brotscheibe auf seinen Teller legte. Sie fühlte sich, so schien es

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