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Letzter Mann im Turm - Roman

Letzter Mann im Turm - Roman

Titel: Letzter Mann im Turm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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nickte.
    «Geh jetzt nach Hause», sagte Kothari. «Genieß den Abend mit deinem Sohn.»
    Er sah ihr nach, bis sie durch das Tor gegangen und dann nach links Richtung Slums abgebogen war.
    In Vishram herrschte ein nächtliches Schweigen, wie sie es seit Jahrzehnten nicht vernommen hatten; der verlassene Turm B mit dem gelben Band darum schien Stille zu verströmen. Als sich die Pintos ins Bett legten, konnten sie wieder das Dröhnen der Flugzeuge hören, die über Vakola hinwegbrausten.
    «Da», flüsterte Mr Pinto.
    «Ja», flüsterte Mrs Pinto. «Ich habe es auch gehört.»
    Masterji war wieder in seiner Wohnung. Er wusch sich am Waschbecken das Gesicht.
    «Vielleicht passiert heute Nacht gar nichts», flüsterte Mrs Pinto.
    «Schlaf, Shelley.»
    «Er läuft nicht mehr hin und her. Er ist zu Bett gegangen», sagte sie. Sie spitzte die Ohren.
    «Aber über ihm läuft jemand herum.»
    Kurz nach Mitternacht wachte der Verwalter auf.
    Er hatte geträumt, dass er vor einem vierköpfigen Richtergremium stand. Sie trugen die üblichen schwarzen Talare und weißen Perücken der Richterzunft, aber jeder hatte ein Flamingogesicht. Der vorsitzende Richter, der größer als die anderen war, trug eine goldene Pelzstola. Das Gesicht dieses Flamingorichters war so schrecklich, dass der Verwalter nicht hinsehen konnte; auf Verständnis hoffend, wandte er sich an die rangniedrigeren Richter. Alle drei lasen laut etwas vor, aber er konnte nur ein einziges Wort verstehen, das endlos wiederholt wurde:
Satzung, Satzung.
Der vorsitzende Richter rückte seine Perücke zurecht und sagte: «Menschen sind nur als Individuen menschlich, sobald sie sich zusammenschließen, werden sie zu …» Seine drei rangniedrigeren Kollegen zwitscherten bereits: «…
einem Schwarm.»
Diedrei gackerten schrill. Dann zupfte der Vorsitzende Flamingo seinen goldenen Umhang zurecht, denn er war ein eitler Richter und sprach mit tiefer Stimme, die der Verwalter als die seines Vaters wiedererkannte.
    «Nun zum Urteil über Ashvin Kothari, Verwalter, Vishram Society, Turm A, eingetragen in das Register der Stadt Mumbai, der ein Duplikat eines ihm ausgehändigten Schlüssels anfertigen ließ, um einen Einbruch in eine Wohnung seiner Genossenschaft zu ermöglichen – und das auch noch am Gandhi-Jayanti-Feiertag. In Übereinstimmung mit dem Gesetz dieses Landes, und um Benachteiligungen zu vermeiden, wird das Urteil dieses Gremiums in folgenden Sprachen verlesen: Englisch, Marathi, Hindi, Urdu, Panjabi, Gujarati …»
    Kothari öffnete die Augen. Er knipste seine Nachttischlampe an, um die Uhr ablesen zu können. Seine Frau, die neben ihm lag, begann zu murren.
    Im Dunkeln lief Kothari über den Wohnzimmerteppich. Er hielt sein über die Glatze gekämmtes Haar am Platz und ließ sich auf dem Sofa nieder.
    Diese Sache sollte nicht
ihm
angelastet werden. Ajwani hatte diese simple Nummer eingefädelt.
    Und doch wollte er um Hilfe rufen, zur Polizeiwache an der Schnellstraße rennen und dem fetten Polizisten namens Karlekar alles erzählen, ehe in dieser Nacht etwas Schreckliches geschah und sie am Morgen aufwachten und Masterji mit gebrochenen Beinen entdeckten oder in noch schlimmerem Zustand, in viel schlimmerem Zustand …
    Vom Bett war das Schnarchen seiner Frau zu hören. Kothari ging auf die Knie, legte das Ohr an den Teppich und lauschte. Aber er konnte nur seine eigene Stimme hören, die flüsterte:
    «Tut, wie Euch beliebt, böser König,
    Ich weiß Gut von Böse zu unterscheiden …»
    Kurz nach zwei Uhr hörten die Pintos, wie sich Masterjis Tür öffnete.
    Es war, als hörte man, wie sich in der Wohnung nebenan ein Paar liebt, das quietschende Bett und das Seufzen, und man bemüht sich, die Ohren zu verschließen. Sie wollten nichts hören.
    Etwas bewegte sich über ihnen.
Zwei
sogar.
    «Die Jungs sind hier.»
    «Ja.»
    Die beiden alten Körper regten sich im Bett, folgten den Schritten, hastigen Schritten, und dann erklang ein kurzer Schmerzensschrei, Knochen war auf Holz geknallt.
    «Der Teakholztisch.»
    «Ja. O nein.»
    Wieder war Schlurfen zu hören, der Tisch fiel um, ein Schrei.
    «Diebe!»
    Niemand rührte sich. Niemand bewegte sich. Die beiden Pintos fassten sich an den Händen. Alle Hausbewohner lagen ausgestreckt in ihren Betten und mussten den Schrei gehört haben. Die Pintos spürten, wie sich in allen Schlafzimmern, in denen gelauscht wurde, die Herzen erwärmten – das gleiche «endlich».
    Dann gedämpftes Gerangel – und dann ein

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