Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02
diesem Haus in der 35. Straße, weil ich...«
»Weil du mit Pillen gedealt hast. Das wissen wir.«
Jodie blinzelte. »Woher wißt ihr...?«
»Aber das interessiert uns nicht. Zumindest jetzt erst mal nicht. Erzähl weiter.«
»Ich dachte, er wäre ein Bulle, aber dann sagte er, daß er ein paar Leute umbringen wollte. Ich dachte, er bringt mich auch um. Er mußte abhauen und befahl mir, mich nicht zu rühren. Dann kam dieser Bulle oder so jemand rein, und er hat auf ihn eingestochen...«
»Und ihn getötet«, platzte Dellray los.
Jodie seufzte und zog ein elendes Gesicht. »Ich wußte nicht, daß er ihn töten würde. Ich dachte, er wollte ihn nur k.o. schlagen oder so.«
»Er hat ihn aber getötet, du blöder Kerl. Hat ihn einfach kaltgemacht.«
Sellitto betrachtete den Sack mit den Beweismitteln aus der U-Bahn-Station. Darin waren schmierige Pornohefte, Hunderte Pillen, Kleidungsstücke. Ein brandneues Mobiltelefon. Ein Bündel Geldnoten. Er wandte sich wieder Jodie zu. »Red weiter.«
»Er hat gesagt, daß er mich bezahlt, wenn ich ihn da rausbringe, und da hab ich ihn durch den Tunnel in die U-Bahn geführt. Wie hast du mich gefunden, Mann?« fragte er Dellray.
»Weil du überall auf der Straße rumgelungert hast und deine verdammten Pillen jedem andrehen wolltest, der dir über den Weg lief. Ich hab sogar deinen Namen erfahren. Mann, bist du ein Trottel. Ich sollte dir die Kehle zudrücken, bis du blau anläufst.«
»Sie dürfen mir nicht weh tun«, versuchte es Jodie tapfer. »Ich habe meine Rechte.«
»Wer hat ihn angeheuert?« fragte Sellitto. »Hat er den Namen Hansen erwähnt?«
»Hat er nicht gesagt«, antwortete Jodie mit zitternder Stimme. »Hört mal, ich hab mich nur bereit erklärt, ihm zu helfen, weil ich wußte, daß er mich sonst umlegen würde. Aber ich hätte es nicht gemacht.« Er drehte sich zu Dellray um. »Er wollte, daß ich Sie dazu bringe, ihm zu helfen. Aber kaum war er weg, hab ich Ihnen gesagt, daß Sie verschwinden sollen. Ich wollte zur Polizei gehen und alles erzählen. Das wollte ich wirklich. Er ist ein furchtbar unheimlicher Kerl. Ich hab Angst vor ihm!«
»Stimmt das, Fred?« fragte Rhyme.
»Yeah, yeah«, stimmte der Beamte zu. »Er hat seine Meinung zwischendrin geändert. Wollte, daß ich abhaue. Sagte aber nichts davon, daß er zur Polizei wollte.«
»Wo ist er hin? Was solltest du machen?«
»Ich sollte vor diesem Stadthaus die Mülltonnen durchstöbern und dabei Autos beobachten. Er hat mir gesagt, ich sollte darauf achten, ob ein Mann und eine Frau in ein Auto gebracht und weggefahren werden. Sollte ihn mit diesem Telefon da anrufen und ihm durchgeben, was für ein Auto es war. Er wollte dem Wagen dann folgen.«
»Du hattest recht, Lincoln«, sagte Sellitto. »Damit, daß sie in dem sicheren Haus bleiben sollten. Er will während des Transports zuschlagen.«
Jodie unterbrach ihn. »Ich wollte zur Polizei gehen...«
»Mann, du bist vielleicht ein schlechter Lügner. Hast du überhaupt keine Würde?«
»Wirklich, ich wollte wirklich.« Er wirkte jetzt etwas entspannter und grinste. »Dachte, daß es bestimmt eine Belohnung gibt.«
Rhyme sah die Gier in seinen Augen und war bereit, ihm zu glauben. Er blickte zu Sellitto, der zustimmend nickte.
»Wenn du jetzt mit uns zusammenarbeitest, dann gibt's vielleicht noch eine Chance, deinen Arsch zu retten«, raunzte Sellitto. »Ich weiß zwar nichts von einer Belohnung, aber vielleicht?«
»Ich hab niemandem weh getan. Würde ich nie tun. Ich...«
»Ganz ruhig, Mann«, unterbrach Dellray. »Bist du dabei oder nicht?«
Jodie verdrehte die Augen.
»Also?« grollte der Polizist.
»Ja ja.«
Sellitto sagte: »Wir müssen schnell sein. Wann solltest du bei dem Stadthaus sein?«
»Um 13.30 Uhr.«
Also hatten sie noch fünfzig Minuten.
»Welches Auto fährt er?«
»Keine Ahnung.«
»Wie sieht er aus?«
»Ist so Anfang bis Mitte Dreißig, schätze ich. Nicht sonderlich groß. Aber er ist stark. Mann, hatte der Muskeln. Dunkles Haar, Bürstenschnitt. Rundes Gesicht. Hören Sie, ich kann ja so eine von diesen Zeichnungen machen. Diese Polizeizeichnungen...«
»Hat er gesagt, wie er heißt? Irgendwas? Woher er kommt?«
»Ich weiß nicht. Er hat einen Südstaatenakzent. Oh, und noch was. Er sagt, daß er immer Handschuhe trägt, weil seine Fingerabdrücke registriert sind.«
»Wo und für was?« fragte Rhyme.
»Ich weiß nicht, wo. Aber es war wegen Totschlag. Er hat behauptet, daß er in seiner Stadt diesen
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