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Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Titel: Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaffery Deaver
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blutige Hemd des Opfers aus der Hose gezogen und hochgeschoben, um die kleine Eintrittswunde über dem Brustbein des Mannes zu inspizieren.
    Stephen war herumgefahren, hatte sich nach demjenigen umgesehen, der das getan hatte. Aber nein, niemand war in der Nähe.
    Jedenfalls hatte er das zunächst gedacht.
    Dann fiel Stephens Blick auf die gegenüberliegende Seite des Innenhofs. Dort befand sich ein altes Kutscherhaus mit schmutzverzierten Fenstern, die durch den schwachen Schein des Sonnenuntergangs angeleuchtet wurden. In einem dieser Fenster sah er oder bildete es sich ein - ein Gesicht, das zu ihm herüber schaute. Er konnte den Mann - oder die Frau - nicht deutlich erkennen. Aber wer auch immer es war, schien nicht sonderlich verängstigt zu sein. Die Person hatte sich weder geduckt noch versucht wegzulaufen.
    Ein Zeuge, da ist noch ein Zeuge, Soldat!
    Sir, ich werde die Möglichkeit, identifiziert zu werden, sofort eliminieren, Sir.
    Aber nachdem er die Tür zu dem Kutscherhaus eingetreten hatte, fand er darin niemanden.
    Rückzug, Soldat...
    Das Gesicht am Fenster...
    Stephen hatte in dem leeren Gebäude gestanden, von dem aus man den sonnenbeschienenen Innenhof des Hauses seines Opfers überblicken konnte, und er hatte sich um die eigene Achse gedreht, immer wieder und wieder, in langsamen, manischen Kreisen.
    Wer war das? Was hatte er getan? Oder war alles nur Stephens Einbildung gewesen? So wie sein Stiefvater immer Heckenschützen in den Habichtsnestern der Eichen West Virginias gesehen hatte.
    Das Gesicht im Fenster hatte ihn auf dieselbe Weise angestarrt, wie es sein Stiefvater manchmal getan hatte; wie er Stephen studiert und inspiziert hatte. Stephen erinnerte sich nur zu gut daran, was er als Junge damals oft gedacht hatte: Habe ich es versaut? War ich gut? Was denkt er über mich?
    Schließlich hatte er nicht länger warten können und war nach Washington in sein Hotel zurückgekehrt.
    Stephen war schon verprügelt worden, auf ihn war geschossen und mit Messern eingestochen worden. Aber nichts hatte ihn je so sehr erschüttert wie dieser Vorfall in Arlington. Nie hatten ihn die Gesichter seiner Opfer gequält, ob tot oder lebendig. Aber das Gesicht am Fenster war wie ein Wurm, der sein Bein heraufkroch.
    Schleimig. Kribbelig.
    Dasselbe Gefühl überkam ihn nun, als er sah, wie die Reihen der Officers aus beiden Richtungen der Lexington Avenue auf ihn zurückten. Ungeduldige Autofahrer drückten auf die Hupe. Aber die Polizei achtete nicht darauf, sie setzte ihre Suche unbeirrt fort. Es war nur eine Frage von Minuten, bis sie ihn entdecken würden einen athletischen weißen Mann ohne Begleitung, mit einem Gitarrenkasten, in den problemlos das beste Scharfschützengewehr paßte, das es auf Gottes weiter Erde gab.
    Seine Augen wanderten zu den schwarzen, verschmierten Fenstern über der Straße. Er betete, daß er kein Gesicht entdecken würde, das herausschaute.
    Soldat, was zum Teufel redest du?
    Sir, ich
    Auskundschaften, Soldat.
    Sir, yessir.
    Ein würziger, bitterer Duft stieg ihm in die Nase.
    Er drehte sich um und stellte fest, daß er vor einem Starbucks-Cafe stand. Rasch trat er hinein und tat so, als studiere er die Karte, während er in Wirklichkeit die Kunden musterte.
    Eine dickliche Frau saß auf einem der wackligen, unbequemen Stühle allein an einem Tisch, las eine Zeitschrift und nippte an einem Becher Tee. Sie war Anfang Dreißig, plump, hatte ein breites Gesicht und eine dicke Nase. Die Starbucks-Kette assoziierte er mit Seattle und mit Lesben. War sie etwa eine?
    Nein, er glaubte nicht. Sie schaute mit Neid, nicht mit Wollust in die Vogue.
    Stephen bestellte am Tresen einen Kamillentee. Er nahm die Tasse und steuerte auf einen Platz am Fenster zu. Gerade als er an dem Tisch der Frau vorbeikam, rutschte ihm die Tasse aus der Hand und fiel auf den freien Stuhl ihr gegenüber. Heißer Tee spritzte in alle Richtungen. Überrascht schreckte sie hoch, dann sah sie den entsetzten Ausdruck auf Stephens Gesicht.
    »O mein Gott«, flüsterte er, »es tut mir sooo leid.« Er stürzte nach vorn und griff eine Handvoll Servietten. »Bitte sagen Sie mir, daß Sie nichts abgekriegt haben. Bitte!«
    Percey Clay riß sich von dem jungen Detective los, der sie zu Boden drückte.
    Eds Mutter, Joan Carney, lag ein Stück weiter weg, das Gesicht vor Angst und Verwirrung verzerrt.
    Brit Hale wurde von zwei starken Polizisten aufrecht an die Wand gepreßt. Es sah aus, als verhafteten sie ihn.
    »Es tut mir

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