Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Titel: Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaffery Deaver
Vom Netzwerk:
manchmal gespielt hatte. Er fragte, ob sie etwas dagegen habe, wenn er sich an ihren Tisch setzte.
    »Hhm... nein«, erwiderte sie und verbarg die Vogue so verstohlen in ihrer Leinentasche, als sei sie ein Pornoheft.
    »Ach übrigens«, sagte Stephen, »mein Name ist Sam Levine.« Ihre Augen flackerten bei der Erwähnung seines Nachnamens auf und musterten seine Gesichtszüge. »Eigentlich bin ich meistens Sammy«, fügte er hinzu. »Für Mama bin ich Samuel, aber nur, wenn ich ungezogen war.« Ein Glucksen.
    »Ich werde Sie >Freund< nennen«, verkündete sie. »Ich bin Sheila Horowitz.«
    Er sah zum Fenster hinaus, um nicht ihre feuchte Hand mit den fünf wabbeligen Wurmfortsätzen schütteln zu müssen.
    »Erfreut, Sie kennenzulernen«, erwiderte er, drehte sich zu ihr zurück und nippte an seiner neuen Tasse Tee, den er widerlich fand.
    Sheila bemerkte, daß zwei ihrer kurzen Fingernägel schmutzig waren. Verstohlen versuchte sie, den Dreck darunter herauszupulen.
    »Es entspannt«, erklärte sie. »Das Nähen. Ich habe eine alte Singer-Maschine. Eine von diesen schwarzen. Noch von meiner Oma.« Sie versuchte, ihr fettig glänzendes, kurzes Haar glatt zu streichen und wünschte sich dabei zweifellos, es gerade heute gewaschen zu haben.
    »Ich kenne sonst keine Mädchen, die noch nähen«, sagte Stephen. »Nur ein Mädchen, mit dem ich im College ging. Sie machte fast alle ihre Kleider selbst. Ich war vielleicht beeindruckt.«
    »Hhm, in New York näht so ungefähr keiner, wirklich keiner.« Sie schnaubte verächtlich.
    »Meine Mutter war immer am Nähen, ohne Ende«, erzählte Stephen. »Jeder Stich hatte perfekt zu sein. Ich meine wirklich perfekt. Immer genau drei Stiche auf einen Zentimeter.« Das stimmte. »Ich habe immer noch einige Sachen, die sie mir genäht hat. Klingt vielleicht blöd, aber ich hab' sie behalten, nur weil sie sie genäht hat.« Das stimmte nicht.
    Stephen hatte noch das Rattern des Singer-Motors im Ohr, das aus dem winzigen, stickigen Raum seiner Mutter drang. Tag und Nacht. Muß diese Stiche richtig hinkriegen. Auf jeden Zentimeter exakt drei. Warum? Weil es wichtig ist!
    »Die meisten Männer« -die Betonung, die sie auf dieses Wort legte, verriet ziemlich viel über Sheila Horowitz' Leben -»geben keinen Pfifferling aufs Nähen. Sie wollen Frauen, die Sport treiben und ins Kino gehen.« Hastig fügte sie hinzu: »Und das tue ich auch. Ich meine, ich laufe Ski. Ich bin längst nicht so gut wie Sie, da wette ich drauf. Und ich schaue mir Filme an. Manche Filme.«
    Stephen sagte: »Ach, ich laufe nicht Ski. Ich mag Sport nicht sonderlich.« Er schaute nach draußen und sah überall Polizisten. Sie spähten in jedes Auto. Ein Schwärm blauer Würmer...
    Sir, ich verstehe nicht, warum Sie diese Offensive abhalten, Sir.
    Soldat, es ist nicht dein Job zu verstehen. Du sollst infiltrieren, evaluieren, delegieren, isolieren und eliminieren. Sonst nichts.
    »Wie bitte?« fragte er, weil er verpaßt hatte, was sie gerade gesagt hatte.
    »Ich sagte, kommen Sie mir nicht so. Ich meine, ich müßte monatelang trainieren, um so gut in Form zu sein wie Sie. Ich trete dem Health & Raquet Club bei. Das hatte ich schon lange vor. Ich habe nur Probleme mit dem Rücken. Aber ich werde wirklich bald Mitglied.«
    Stephen lachte. »Ach, diese ganzen Mädchen hängen mir zum Hals raus mit ihrem krankhaften Aussehen. Verstehen Sie, was ich meine? Dünn und blaß. Nehmen Sie eines dieser Mädchen, wie man sie dauernd im Fernsehen sieht, und versetzen Sie es zurück in die Zeit von King Arthur, und, schwups!, würde man den Hofarzt rufen und sagen: >Sie muß im Sterben liegen, Mylord.<«
    Sheila zwinkerte, brüllte dann vor Lachen, wobei sie unansehnliche Zähne entblößte. Der Scherz gab ihr einen Vorwand, ihre Hand auf seinen Arm zu legen. Er spürte, wie die fünf Würmer seine Haut kneteten, und mußte wieder gegen die Übelkeit ankämpfen. »Mein Papa«, sagte sie, »war ein Berufsoffizier, kam viel herum. Er erzählte mir immer, daß man in anderen Ländern die amerikanischen Mädchen viel zu dünn findet.«
    »Er war Soldat?« fragte Sam Sammie Samuel Levine mit einem Lächeln.
    »Oberst im Ruhestand.«
    »Nun...« Ging das zu weit? fragte er sich. Nein. Er sagte: »Ich bin beim Militär. Sergeant der Armee.«
    »Nein! Wo sind Sie stationiert?«
    »Sondereinsätze. In New Jersey.« Sie wußte genug, um ihn über seine Sondereinsätze nicht weiter zu befragen. »Ich bin froh, daß Sie einen Soldaten in der

Weitere Kostenlose Bücher