Leuchtende Sonne weites Land - Roman
errötete noch heftiger. »Nein, nein, ich hatte wirklich nichts anderes anzuziehen«, sagte sie, um ihre Verlegenheit zu überspielen.
Ein leicht spöttisches Lächeln umspielte Rachels Lippen. Dann wurde sie ernst. »Wo ist der Patient?«
»In …« … meinem Bett , hatte Jacqueline schon auf der Zunge gelegen. Sie konnte sich gerade noch bremsen. »Im ehemaligen Unterrichtszimmer«, sagte sie stattdessen.
Rachel nickte und eilte durch den Flur. Sie kannte sich ja aus im Haus.
Nachdem sie Nick gründlich untersucht hatte, bemerkte sie: »Die gute Nachricht ist, dass er sich nichts gebrochen hat. Die Wunde am Kopf sieht schlimmer aus, als sie ist. Ich glaube nicht, dass sie genäht werden muss, aber man sollte sie einige Tage verbunden lassen. Er hat verdammt viel Glück gehabt, würde ich sagen.«
»Und was ist die schlechte Nachricht?«
»Er hat möglicherweise eine Gehirnerschütterung.«
Jacqueline nickte. »Gut möglich. Er hat nämlich wirres Zeug geredet.«
»Zum Beispiel?«
Jacqueline fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen. »Ach, nichts Bestimmtes, nur so Gefasel …«
»Ja, das ist typisch für Patienten mit Gehirnerschütterung. Glauben Sie, Sie können ihn ein paar Tage im Bett behalten?«
»Das wird schwierig werden, fürchte ich.« Nicks Worte klangen ihr noch im Ohr. Sie war unwillkürlich enttäuscht, dass sein Ich liebe dich vielleicht nur auf eine geistige Verwirrung zurückzuführen war.
»Sie haben Recht, aber versuchen Sie es trotzdem.« Rachel packte ihre Instrumente wieder ein. »Falls er über Kopfschmerzen oder unscharfes Sehen klagt, geben Sie mir sofort Bescheid.« Sie ließ ihre Tasche zuschnappen und sah Jacqueline neugierig an. »Und? Wie gefällt es Ihnen hier?«
»Na ja, am Anfang war es hart. Ich bin aus New York, deshalb bin ich mir hier zunächst vorgekommen wie auf dem Mars.«
»Ja, man braucht eine Weile, bis man sich an das Leben hier draußen gewöhnt hat.« Rachel lächelte. »Ich habe früher in Sydney gelebt. Als ich hierherkam, fühlte ich mich wie ein Fisch auf dem Trockenen. Es gibt keine guten Geschäfte, keine Kinos, keine Restaurants. Und an die Leute muss man sich auch erst gewöhnen.«
»Sind Sie schon lange hier?«
»Zweieinhalb Jahre. Heute gefällt es mir so gut hier, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen kann, woanders zu leben. Sind Sie hergekommen, um einen Farmer zu heiraten?«
»Du meine Güte, nein!«, erwiderte Jacqueline regelrecht erschrocken. »Ich habe nur Arbeit gesucht.«
»Weit und breit sind Sie das Gesprächsthema Nummer eins. Sie können sich darauf einstellen, dass der Strom männlicher Besucher nicht abreißen wird. Sobald sie erst einmal ihren Mut zusammengenommen haben, werden sie es alle nacheinander versuchen.«
Jacqueline verdrehte die Augen. »Ich hab schon gehört, dass hier draußen Frauenmangel herrscht. Wie halten Sie denn die vielen heiratswilligen Junggesellen in Schach?« Sie sah Rachel gespannt an.
»Ach, die wissen, dass ich tabu bin, deshalb habe ich im großen Ganzen meine Ruhe.« Rachel berührte zärtlich Nicks Wange. Dann stand sie auf.
Jacqueline war maßlos enttäuscht.
»So, ich muss mich beeilen. Ich muss weiter nach Austral Downs, bei Mrs. Wilson haben die Wehen eingesetzt. Funken Sie mich an, wenn Sie mich brauchen. Wenn Sie mich nicht bei den Wilsons erreichen, dann bin ich zu Hause oder im Hawker Memorial Hospital und komme von dort noch einmal her.«
»Danke.«
Rachel drehte sich an der Haustür noch einmal um. »Es hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen, Jackie.«
»Das Vergnügen ist ganz meinerseits.«
Jacqueline winkte der jungen Ärztin nach, als sie die Veranda hinunter und zu ihrem Auto eilte. Sie fühlte sich elend. Rachel glaubte ganz offensichtlich, dass sie und Nick ein Paar seien, während Nick überall herumerzählte, er habe keine Freundin. Wie konnte man nur so verlogen sein? An der Tür zu ihrem Zimmer blieb Jaqueline stehen und blickte mit finsterer Miene hinein. Nick schlief tief und fest.
»Ich hätte dich im Flugzeug lassen sollen«, knurrte sie. Das meinte sie natürlich nicht ernst, aber sie war wirklich erbost.
Eineinhalb Stunden später kamen Ben und seine Söhne zurück. Es regnete immer noch in Strömen, und das Farmgelände verwandelte sich allmählich in eine Schlammwüste. Während die Männer sich umzogen, brühte Jacqueline frischen Tee auf.
»War Rachel da?«, lautete Bens erste Frage, als er in die Küche kam.
Jacqueline bejahte und
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