Leuchtende Sonne weites Land - Roman
müssen die Tiere so schnell wie möglich wieder einfangen.«
Seine Söhne sprangen sofort auf. Jacqueline erschrak. Die Nachrichten von dem verheerenden Unwetter beunruhigten sie zutiefst.
»Sie können Ihre Söhne doch nicht bei diesem Wetter hinausschicken, Ben. Das ist viel zu gefährlich!«
Ben und die Jungen sahen sie verwundert an.
»Ich kann doch nicht ganz allein ein paar hundert Schafe zusammentreiben«, erwiderte Ben.
»Ganz recht«, stimmte Nick ihm zu. »Jeder Mann wird gebraucht.«
Ben sah ihn streng an. »Du bleibst hier und legst dich wieder hin.« Er wollte sich nicht auch noch um seinen Bruder sorgen müssen.
»Sehe ich aus, als wäre ich nicht gesund?«
»Willst du eine ehrliche Antwort?«, gab Ben aggressiv zurück.
»Das Leben Ihrer Söhne ist doch sicherlich mehr wert als ein paar Schafe«, fuhr Jacqueline aufgebracht dazwischen.
»Wenn wir unser Vieh verlieren, werden meine Söhne ihr Zuhause und ihre Lebensgrundlage verlieren. Wollen Sie das?«, knurrte Ben unwirsch.
»Na schön, wenn die Schafe so wichtig sind, dann werde ich auch beim Suchen helfen«, sagte sie.
Alle guckten sie verdutzt an.
»Nein, Sie bleiben hier«, entgegnete Ben mit Bestimmtheit. »Wir haben schon genug am Hals, wir können nicht auch noch auf Sie aufpassen.«
Jacqueline schnappte empört nach Luft. »Haben Sie schon vergessen, dass ich es war, die Ihren Bruder ganz allein aus einem brennenden Flugzeugwrack gerettet hat?«
Das saß. Ben, der nichts darauf zu erwidern wusste, machte eine ärgerliche Handbewegung. »Also gut, meinetwegen. Aber schalten Sie wenigstens vorher den Herd aus, bevor Sie noch das Haus abfackeln.«
Jacqueline fuhr erschrocken herum. Das durfte doch nicht wahr sein! Zum zweiten Mal an diesem Morgen hatte sie vergessen, dass sie Brot zum Rösten in den Backofen gelegt hatte. Wieder kringelte sich schwarzer Rauch aus der Ofentür. Schnell schaltete sie den Herd aus.
Ben ging hinaus und kam mit einem Regenmantel, der Cindy gehört hatte, zurück. Schweigend reichte er ihn Jacqueline. Sie zögerte kurz, schlüpfte dann aber hinein. Augenblicke später verließen sie alle miteinander das Haus. Ben pfiff den Hunden, die ihnen zum Stall folgten, wo sie die Pferde sattelten. Nick kontrollierte Dixies Sattelgurt und half Jacqueline beim Aufsitzen.
»Willst du nicht doch lieber hierbleiben?« Trotz der Kapuze an Cindys Regenmantel würde es nicht lange dauern, bis sie völlig durchnässt wäre. Es donnerte, und Dixies Ohren zuckten nervös.
»Nein, ich will euch helfen«, beharrte Jacqueline. »Du bist schrecklich blass, Nick. Vielleicht solltest du lieber hierbleiben.«
»Mir geht’s prächtig«, brummte er.
Jacqueline nahm ihm das nicht ab.
Als alle im Sattel saßen, gab Ben Anweisungen. Er musste fast schreien, um das Prasseln des sintflutartigen Regens zu übertönen.
»Wir werden alle Schafe, die wir einfangen, hier auf der Hauptkoppel unterbringen. Dann können sich die anderen Weiden erholen, und wir haben Zeit, die Zäune zu reparieren. Halten Sie nach versprengten Tieren Ausschau, Jackie. Falls Sie welche sehen, holen Sie einen von uns zu Hilfe.«
»Kann ich sie nicht zurücktreiben?«
»Das ist nicht so einfach«, erwiderte Nick. »Schafe sind nicht wie Hunde, sie laufen einem nicht einfach hinterher.«
Jacqueline nickte, dachte sich aber ihren Teil. Es konnte nicht so schwer sein. Tess hatte es schließlich auch gelernt.
»Also dann, machen wir uns auf den Weg«, rief Ben.
Sie teilten sich auf, damit sie das ganze Gebiet abdecken konnten. Ben bat Jacqueline, die Auffahrt und den Hof bis hin zum Fluss im Auge zu behalten. Sie solle aber auf keinen Fall zu nahe ans Wasser reiten, warnte er.
Geoffrey wurde an die westliche Grenze der Farm geschickt. Er war froh darüber, weil dort viele Bäume standen und er sich bei dem Unwetter dort sicherer fühlte als im freien Gelände. Die meisten Bäume wuchsen allerdings am Flussufer, wo es wegen der reißenden Strömung sehr gefährlich war.
Es regnete heftiger als je zuvor. Jacqueline bedauerte fast, dass sie ihre Hilfe angeboten hatte, zumal sie kein einziges Schaf zu Gesicht bekam. Ihre Beine waren von den Schenkeln abwärts pitschnass, und das war ein ekelhaftes Gefühl. Auch Dixies Fell war schon durchnässt, die Ärmste tat ihr richtig leid. Außerdem übertrug sich Jacquelines Nervosität auf das Tier, das bei jedem Blitz, jedem Donner unruhig tänzelte. Dennoch ritt sie unermüdlich weiter die Auffahrt hinunter in
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