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Leuchtende Sonne weites Land - Roman

Titel: Leuchtende Sonne weites Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser
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bezahlen müssen.«
    »Ich sag Ihnen lieber gleich, dass ich kein Geld habe«, sagte Jacqueline hastig und in wachsender Panik.
    Die Frau wurde blass. »Warten Sie hier, ich hole schnell den Chef.«
    Sie hatte Jacqueline kaum den Rücken zugedreht, als diese sich aus dem Staub machte. Sie bahnte sich einen Weg zwischen den aufgehängten Wäschestücken hindurch zu dem offenen Tor und verschwand, so schnell sie konnte.
    Im Hotel hastete Jacqueline in ihr Zimmer und warf sich aufs Bett. Ihr Herz raste. Vor Aufregung und Angst hätte sie am liebsten geweint, aber sie nahm sich zusammen. Sie hatte sich geschworen, dass sie es auch ohne Henry schaffen, dass sie auch ohne ihn ihr Leben meistern würde, und nichts konnte sie von diesem Entschluss abbringen.
    Einige Minuten später hörte sie Stimmen draußen im Flur und wollte schon auf den Balkon flüchten. Doch es waren nur Tess undVera. Sie unterhielten sich angeregt über ihre Pläne, aber als sie Jacquelines verstörte Miene sahen, verstummten sie. Sie wussten sofort, dass etwas nicht stimmte.
    »Sie haben sich neue Schuhe besorgt, wie ich sehe.« Vera bemerkte auch, dass sie sich umgezogen hatte.
    »Ja, ich hatte auch zwei Jobs, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, und habe beide auf spektakuläre Weise wieder verloren«, gab Jacqueline düster zurück.
    »Wie bitte?«, entfuhr es Tess.
    »Ich hab schon befürchtet, es sei die Polizei.« Jacqueline warf einen besorgten Blick in den Flur hinaus. »Vielleicht sollten wir besser die Tür zumachen.«
    »Wollen Sie uns nicht erzählen, was passiert ist?«, fragte Vera sichtlich beunruhigt. Sie setzte sich auf ihr Bett, Tess schloss die Tür.
    Jacqueline berichtete von ihrem Missgeschick in dem Lokal und schloss mit den Worten: »Die Wirtin hatte überhaupt kein Mitleid mit mir, obwohl ich ja gar nichts dafür konnte. Im Gegenteil, sie hat mich rausgeworfen und auch noch verlangt, dass ich das zerbrochene Geschirr bezahle.«
    »Das ist ja furchtbar!«
    Tess stellte sich die Szene bildlich vor und konnte sich das Lachen kaum verbeißen. Als sie Jacquelines vorwurfsvollen Blick bemerkte, setzte sie eine teilnahmsvolle Miene auf.
    »Und der zweite Job? Was war mit dem?«, fragte Vera.
    »Als ich mein Kleid in die Wäscherei um die Ecke brachte, sagte eine der Frauen dort, es sei eine Stelle frei, also habe ich gleich angefangen. Ich musste Overalls waschen. Mein fleckiges Kleid habe ich mit in den Kessel geworfen, aber dann habe ich viel zu viel Bleichmittel hineingeschüttet, und die Overalls und mein Kleid sind beim Wringen völlig zerfasert. Als ich zu der Frau sagte, ich könne den Schaden nicht bezahlen, weil ich kein Geld hätte, ging sie, um den Chef zu holen. Da bin ich weggelaufen. Was hätteich denn tun sollen? Wenn sie nun die Polizei verständigt hätte und ich festgenommen worden wäre?«
    Dieses Mal konnte sich Tess nicht mehr beherrschen. Sie platzte laut heraus.
    Jacqueline machte ein gekränktes Gesicht. »Das ist überhaupt nicht komisch.«
    Auch Vera hatte Mühe, ernst zu bleiben. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Sie deswegen gleich verhaftet hätte.«
    »Ich musste nie putzen oder irgendwelche Hausarbeiten erledigen«, sagte Jacqueline bedrückt. »Mein Vater arbeitete in der Botschaft, wir hatten Hausangestellte, und mein Mann … mein Exmann und ich hatten eine Haushälterin. Ich hab doch keine Ahnung vom Kellnern oder Wäschewaschen.« Sie sah die beiden Frauen verlegen an. »Ihr denkt bestimmt, dass ich zu nichts zu gebrauchen bin.«
    »Ach, Unsinn!«, tröstete Vera sie. »Jeder hat eine besondere Begabung für irgendetwas. Ihre Stärke zum Beispiel ist …« Sie brach ab, weil sie nicht weiterwusste.
    »Ja?«
    »… die Organisation«, beendete Vera ihren Satz. »Sie sind ganz offensichtlich ein Organisationstalent.«
    »Wenn das alles ist, was ich kann, dann gute Nacht«, meinte Jacqueline mutlos. »Es gibt garantiert nicht viele Jobs, in denen Organisationstalent gefragt ist, ohne dass man selbst arbeiten muss.«
    Vera und Tess wechselten einen nachdenklichen Blick. »Denkst du, was ich denke?«, fragte Vera.
    »Ich glaub schon«, erwiderte Tess lächelnd. Sie sahen beide Jacqueline an.
    »Was? Was denkt ihr?« Sie schaute von einer zur anderen.
    »Wir kommen doch gerade von der Agentur Cavendish«, begann Vera.
    »Ja, ich weiß.« Jacqueline nickte. Dann riss sie entsetzt die Augen auf. »Ihr denkt doch hoffentlich nicht, dass ich wieder einen Ehemann brauche!«
    Tess winkte ab.

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