Leuchtende Sonne weites Land - Roman
die Hände an ihrer Schürze ab und schaute dann über ihre Schulter an sich hinunter. Ihr Rock war voller brauner Soßenflecken und Kartoffelpüreespritzer, und am Saum klebten gebratene Zwiebelringe.
»Ich bitte um Entschuldigung«, wandte sich Irma an ihre Gäste. »Ich möchte Sie bitten, auf Ihren Plätzen zu bleiben, bis wir hier sauber gemacht haben. Es wird nicht lange dauern.«
»Und was ist mit mir?«, fragte Jacqueline aufgebracht. »Sehen Sie mich doch mal an!« Nicht nur ihr Kleid, auch ihre Arme und Beine hatten etwas abbekommen. Und Irma fragte nicht einmal, ob sie sich verletzt hatte.
»Sie sind gefeuert!«, zischte die Wirtin. »Und das zerbrochene Geschirr werden Sie mir bezahlen!«
»W-was?«, stammelte Jacqueline. »Und was ist mit meinem Kleid? Wer bezahlt mir das?«
Irma funkelte sie wütend an und ließ sie stehen.
Jacqueline riss sich ihre Schürze herunter, schleuderte sie wutentbrannt auf den Fußboden, schnappte ihre Handtasche, die sie hinter dem Tresen abgestellt hatte, und stapfte Richtung Tür. Doch Irma versperrte ihr den Weg.
Sie streckte die Hand aus, die Handfläche nach oben, und meinte: »Sie schulden mir einen Shilling.«
»Das kann nicht Ihr Ernst sein!«, fauchte Jacqueline.
»Und ob das mein Ernst ist. Wenn ich jedes Mal das Geschirr bezahlen müsste, das irgendeine meiner tollpatschigen Kellnerinnen kaputt schlägt, wäre ich längst arm.«
»Tja, da haben Sie dieses Mal Pech, weil ich nämlich keinen Cent besitze«, erwiderte Jacqueline laut. »Und selbst wenn es anders wäre, würden Sie nichts von mir bekommen. Vielleicht sollten Sie Ihr Personal besser behandeln, damit Ihre Angestellten es bei Ihnen aushalten. Und jetzt gehen Sie mir aus dem Weg, und zwar auf der Stelle!«
Irma machte zwar ein grimmiges Gesicht, trat aber zur Seite. Sie wollte keinen Skandal heraufbeschwören, und diese Frau war genau der Typ, der nicht vor einer Szene zurückschrecken würde. Ohne sich noch einmal umzudrehen, stürmte Jacqueline an ihr vorbei und aus dem Lokal.
Gegen Tränen ankämpfend, eilte Jacqueline auf schnellstem Wege zum Britannia Hotel zurück. Sie merkte, wie die Leute sie anstarrten, und es war ihr furchtbar peinlich. Sie konnte nicht glauben, dass Irma sie gefeuert hatte, obwohl sie doch gar nichts dafür konnte.
Im Hotel eilte sie nach oben. Tess und Vera waren noch nicht zurück. Sie ging ins Bad, zog ihr Kleid aus und wusch sich. Sie hatte nur noch ein einziges frisches Kleid. Als sie sich umgezogenhatte, machte sie sich auf die Suche nach der Hotelwäscherei. Das Hotel bringe seine Schmutzwäsche in eine Wäscherei gleich um die Ecke, sagte eines der Zimmermädchen und beschrieb ihr den Weg.
Die Wäscherei befand sich in einem Gebäude, das aussah wie eine Lagerhalle. Ungefähr zehn Frauen arbeiteten dort. Neben fünf großen Kesseln für die Kochwäsche standen eine Reihe von Wasch- und Wringmaschinen. In einem anderen Bereich waren Büglerinnen bei der Arbeit, vor einem großen geöffneten Tor am Ende der Halle hingen zahllose Wäscheleinen. Die Wäsche trocknete schnell in der warmen Luft, die hereinwehte, und sie war vor Regen geschützt.
Jacqueline trat auf eine der Frauen zu. »Entschuldigen Sie, ich habe Ihre Adresse von einem Zimmermädchen in meinem Hotel …«
»Oh, kommen Sie wegen der freien Stelle? Heute ist mal wieder der Teufel los hier!«
»Eigentlich wollte ich mein Kleid reinigen lassen, aber einen Job suche ich zufällig auch.« Jacqueline konnte ihr Glück kaum fassen. Aber es war ja auch höchste Zeit, dass sich das Blatt für sie wendete.
»Wir haben sowieso schon alle Hände voll zu tun, und jetzt ist auch noch eine Ladung Overalls von einem Fischkutter reingekommen. Wenn Sie es übernehmen wollen, die zu waschen, sind Sie eingestellt.« Die Frau warf einen Blick auf das zusammengerollte Kleid in Jacquelines Händen. »Was ist denn passiert?«
»Oh, ich … äh … ein kleines Missgeschick in einem Lokal«, antwortete Jacqueline ausweichend. »Da sind überall Soßenflecken drauf.«
»Die sind bestimmt nicht leicht wieder rauszukriegen, aber von mir aus können Sie das Kleid zu den Overalls geben, wenn Sie den Job haben wollen.«
»O ja, sehr gern!«
»Wunderbar.« Die Frau zeigte auf die Kochkessel. »Dort in dem Regal steht Waschpulver, Sie müssen eine Menge Bleichmittel hineingeben. Schaffen Sie das alleine? Ich habe einen ganzen Berg Bügelwäsche vor mir.«
Obwohl sie sich gar nicht so sicher war, versicherte
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