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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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mit allen Rechten und Pflichten. Wo ist sein Testament? Das möchte ich gerne wissen. Wartet ab, bis ihr sein Testament seht. Er hätte mich niemals übergangen. Nicht Noah. Seine Kinder haben ihn nie interessiert.« Sie schlug mit ihren dicken Händen, die in schwarze Spitzenhandschuhe gezwängt waren, auf den Schreibtisch.
    »Hast du das Testament deines Vaters mitgebracht?«, wollte Tanner von Clem wissen.
    »Es gibt kein Testament. Er hat keins gemacht. Wieso auch? Er hat nicht damit gerechnet, während der Schur zu sterben. Oder während der Jagd auf diesen dreckigen Bastard, der
sie
gebumst hat.«
    Tanner erstarrte. »Das reicht, Clem! Solche Wörter möchte ich hier nicht hören. Da es anscheinend kein Testament gibt – und auch nie eine Heirat stattgefunden hat, denn ich hätte davon erfahren –, würde ich vorschlagen, Wachtmeister, dass Sie diese Frau hinausbegleiten.«
    »Ihr Männer seid alle gleich!«, Dora wedelte mit ihrem verblichenen Sonnenschirm drohend in Richtung des Bankdirektors. Tränen gruben schmutzige Rinnsale in den Staub, der sich während der langen Stunden auf der Straße in ihrem Gesicht angesammelt hatte. »Ihr denkt, ihr könnt uns Frauen benutzen und danach wegwerfen. Nun, ich sage euch, Noah war anders! Er hätte nie geduldet, dass man mich beleidigt und auf die Straße setzt. Ich will, was mir zusteht.«
    Fearley ergriff ihren Arm. »Das ist Erregung öffentlichen Ärgernisses, Dora«, warnte er sie. »Bitte beruhigen Sie sich. Ich möchte Sie nicht verhaften müssen.«
    »Nehmen Sie mich doch mit«, entgegnete sie unter Tränen. »Dann habe ich wenigstens ein Dach über dem Kopf.«
    Clem empfand kein Mitleid mit ihr. »Du kannst bei deiner Freundin Mrs. Penny wohnen. Als Pa noch lebte, hat es dir nie an Ausreden gemangelt, um in die Stadt fahren zu können. Sie ist ein Schluckspecht wie du. An Gesellschaft wird es dir jedenfalls nicht fehlen.«
    »Nun, nun«, warf Tanner nervös ein. Er befürchtete wohl, Clem könne in Anwesenheit der Polizei eine weitere Indiskretion begehen, denn Mrs. Penny pflegte bekanntermaßen ungewöhnlich viele Männerfreundschaften. »Hier führe ich die Geschäfte, Wachtmeister …«
    Der Polizist verstand den Hinweis und ging hinaus, wo er auf Dora wartete, die unbedingt das letzte Wort haben musste. »Clem Price, du tust mir etwas Schreckliches an!«, zischte sie. »Ich habe wie eine Mutter für dich und deine Schwester gesorgt. Grins mich nicht so höhnisch an! Du wirst deinem Pa nie das Wasser reichen können.«
    Sie drängte sich zwischen drei neugierigen Kunden hindurch, die sich am Eingang eingefunden hatten und entzückt dem pikanten kleinen Schauspiel beiwohnten. Dann fegte sie quer über die sandige Straße und stieß dabei wütend mit dem Sonnenschirm auf den Boden.
    »Vielleicht könntest du später noch einmal wiederkommen«, meinte Tanner zu Clem und deutete auf die Menschenschlange, die sich in der Bank mittlerweile gebildet hatte.
    »Ja, morgen früh.« Er war froh, dass er die Bank verlassen und alles, was der Tag sonst noch zu bieten hatte, auf sich zukommen lassen konnte.
    Auf dem Weg zum
Duke of York Hotel
verspürte er den Drang, seinen Hut in die Luft zu werfen und an Ort und Stelle einen Freudentanz hinzulegen. Er war nicht nur Dora losgeworden, ihm gehörte auch Lancoorie, und er hatte Geld auf der Bank! Er war reich! Was für ein Geizkragen war Noah doch gewesen. Hatte die ganze Zeit Geld gehabt, während alle geglaubt hatten, er sei pleite. Einschließlich Dora. Gut, dass sie die Wahrheit nicht erfahren hatte, sonst wäre ihr Auftritt noch dramatischer ausgefallen. Sie hatte kein Geld von Clem verlangt, weil sie glaubte, er habe keins.
    Clem blieb stehen, um sich die Stiefel zu schnüren – Noahs Stiefel. Er hatte Tanner gegenüber nicht zugeben wollen, dass sein Pa seine Stiefel so oft neu besohlt hatte, dass die Oberseite über die Jahre altersgrau und rissig geworden war. »Eigentlich hätte ich Mr. Tanner um ein paar Pfund aus Noahs Notreserve bitten können. Schließlich muss ich hier übernachten. Falls Noah Geld im Haus aufbewahrt hat, ist es sicher in Doras Tasche gelandet. Alice hat jedenfalls nichts gefunden. Nun stehe ich hier ohne einen Penny in der Tasche.«
     
    Ursprünglich hatte er Dora absetzen, umgehend nach Lancoorie zurückfahren und unterwegs im Wagen seinen Proviant essen wollen. Doch nun konnte er ruhig einen oder zwei Tage in der Stadt bleiben. Alice würde schon zurechtkommen.
    Er nahm allen

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