Leuchtendes Land
Kengally sich weniger mitfühlend. Nachdem er in der Stadt Erkundigungen eingezogen hatte, besuchte er die Lady-Luck-Mine, stieg in die Schächte hinunter, stellte den Besitzern endlose Fragen und besichtigte die angrenzenden Minen – ohne viele Worte über seine Pläne zu verlieren. Diese Aufgabe war Edgar zugedacht. Sollte sich Kengally zum Kauf entschließen, würde Edgar die Bedingungen aushandeln, doch bisher war er noch nicht dazu aufgefordert worden.
»Was meinen Sie? Ist Lady Luck die richtige Wahl?«
»Vermutlich«, antwortete Kengally. »Aber wie steht es mit der Yorkey-Mine? Warum sind Sie plötzlich so verschwiegen, was dieses Thema angeht?«
Edgar hatte gehofft, Kengally würde sich für Lady Luck entscheiden und ihm damit die Chance eröffnen, andere Investoren für Yorkey zu finden. Nun bot sich ihm eine wunderbare Ausrede, um ein Treffen zwischen dem Lord und Clem Price zu verhindern. Es hatte nämlich keinen Sinn, Lügen über die Erträge der Mine zu erfinden. Die Wahrheit war diesmal der einfachere Weg. »Da gibt es ein kleines Problem. Sie gehört Clem Price und seinem Partner. Ich habe mit den beiden gesprochen und war schockiert zu erfahren, dass Thoras Ehemann nichts von ihrem Aufenthalt in Perth weiß. Es wäre peinlich für Sie, wenn Sie sich mit ihm treffen und verschweigen würden, dass Sie seine Frau kennen.«
»Tatsächlich? Haben Sie denn nicht erwähnt, dass Sie Thora in Perth begegnet sind?«
»Guter Gott, nein. Ich wollte keine Unannehmlichkeiten. Clem will die Goldfelder ohnehin verlassen. Wenn ich ihm von Thora erzählt hätte, hätte er sich auf der Stelle davongemacht.«
»Wie kommen Sie eigentlich auf die Idee, mich für so taktlos zu halten? Thora ist eine sehr attraktive Frau. Wenn sie einen harmlosen kleinen Urlaub in Perth verbringen möchte, so ist das ihre Sache. Ich bin der Letzte, der sich in ihre Angelegenheiten mischen würde. Haben
Sie
vielleicht etwas zu verbergen?«
»Nein! Ich kenne Thora und Clem seit ihrer Kindheit. Ich habe mich nur ein wenig um sie kümmern wollen. Sie ist ziemlich schüchtern.«
»Das glaube ich auch. Dennoch bin ich durchaus in der Lage, Geschäfte abzuschließen, ohne mich dabei in die Privatangelegenheiten anderer Leute zu mischen.«
Edgar litt ein wenig unter dieser Zurechtweisung, doch er war daran gewöhnt, getadelt zu werden: einst von seiner Frau und den Bankkunden, jetzt von Menschen, die stärker waren als er. Er biss die Zähne zusammen und schwor sich, dass der Tag kommen würde, an dem er sich von niemandem mehr Unverschämtheiten an den Kopf werfen lassen musste.
Das Treffen mit Clem Price und seinem Partner verlief ausgesprochen freundschaftlich, nach Edgars Meinung beinahe zu freundschaftlich, da Clem seinen Wunsch zu verkaufen mehr als deutlich offenbarte. Mike Deagan hingegen spielte den Gleichgültigen, um einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen.
Kengally dankte ihnen, dass sie sich Zeit für ihn genommen hatten, und verließ die Mine. Als er und Edgar in die Stadt zurückritten, bombardierte er Tanner mit Fragen über die Mine. Über Clem Price gab er jedoch keinerlei Kommentar ab.
»Eins haben Sie mir nicht gesagt«, bemerkte Kengally und hielt sein Pferd vor einem Kolonialwarenladen an.
»Und das wäre?«
»Dass die Nächte hier verdammt kalt sind. Das hätte ich mitten in der Wüste nun doch nicht vermutet. Warten Sie bitte.«
Als er den Laden strahlend verließ, trug er eine dicke Schaffelljacke. »Ich hätte gerne ein aktuelles Gutachten über die Kapazitäten der Yorkey-Mine, und wenn dieser Bericht so gut ausfällt wie der erste, nehmen wir sie.« Später am Abend empfing er jedoch einen der Lady-Luck-Besitzer auf seinem Zimmer.
»Wie viel hat Tanner Ihnen geboten?«
»Fünfzehntausend Pfund, Sir«, erwiderte der Schürfer, sich an seinem schäbigen Hut festhaltend.
»Wie hoch ist sein Anteil?«
»Fünftausend, Sir.«
Kengally lächelte. »Ziemlich hohe Provision, nicht wahr?«
»Wirklich? Ich wusste das nicht, Sir, wir sind neu hier.«
»Zu viele Leute sind neu hier«, murmelte Kengally. »Das ist kein Grund, sie auszunutzen.« Er setzte sich an den Schreibtisch, stellte einen Scheck über dreizehntausendfünfhundert Pfund aus und gab ihn dem Schürfer.
»Würden Sie zu diesem Preis verkaufen?«
Der Goldsucher starrte ihn an. »Ja! Mannomann, das würden wir. Aber was ist mit Mr. Tanner?«
»Ich bezahle ihm seine Provision. Machen Sie sich deswegen keine Sorgen. Er hat sich
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