Leuchtendes Land
Goldfelder.
»Haben Sie sich wieder an das Farmerdasein gewöhnt?«, fragte Vosper. »Kein Vergleich zu den wilden Zeiten auf den Goldfeldern, was?«
»Sicher. Ich finde das Leben hier ausgesprochen ruhig.«
»Dachte ich mir. Die Abenteuerlust wird man nicht mehr los. Warum kommen Sie nicht mit mir nach Perth?«
Clem lachte. »Ich würde Perth kaum als Abenteuer bezeichnen.«
»Ist aber mal was anderes. Sehen Sie sich’s an. Sie könnten mir auch ein bisschen zur Hand gehen. Wenn Sie die Stadt satthaben, fahren Sie eben nach Hause.«
»Was soll ich denn tun?«
»Mit den Leuten reden. Sich um Unterstützung bemühen. Sie haben als Schürfer gearbeitet und wissen, wovon ich rede. Sie wären mir eine große Hilfe.«
»Verstehe. Ich muss darüber nachdenken.«
Doch Vosper hatte Clem schon beinahe überzeugt. Nun hatte er einen triftigen Grund, nach Perth zu fahren, und es würde nicht so aussehen, als jage er hinter Thora her.
Bei dieser Gelegenheit konnte er sich auch um das Strandhaus kümmern, von dem er George und Alice bereits erzählt hatte. Sie hielten es für eine wunderbare Idee, obwohl ihre Begeisterung natürlich von der Hoffnung geprägt war, ihn wieder mit seiner Frau vereint zu sehen. Das ärgerte ihn zwar, konnte ihn jedoch nicht zurückhalten. Schließlich war er sein eigener Herr. Mit Fred nach Perth zu fahren wäre sicher nicht das Schlechteste.
Erst als sie bereits in Perth eingetroffen und im
United Services Hotel
abgestiegen waren, verriet Clem seinem Bekannten, dass seine Frau sich mit ihrer Tochter in der Stadt aufhielt.
»Ich dachte mir doch, dass Sie irgendwo eine Frau haben«, sagte Fred. »Haben Sie sich getrennt?«
»Nein. Sie war es leid, so lange allein zu sein, und hat hier Ablenkung gesucht. Sie wohnt im
Palace
.«
»Guter Geschmack, ich muss schon sagen! Falls Sie lieber mit Ihrer Familie zusammenwohnen möchten, will ich Sie nicht abhalten …«
»Nein, es ist eine lange Geschichte. Mein Frau möchte, dass sich alle Welt nur nach ihr richtet. Und ich habe es mißbilligt, dass sie nicht auf mich gewartet hat. Ich erwarte, dass sie zu mir kommt.«
Fred lachte. »Nun, das sollten Sie untereinander ausmachen. Ich habe viel zu organisieren.«
Statt geradewegs zum
Palace Hotel
zu gehen, lief Clem auf der Suche nach Kindheitserinnerungen durch die Straßen von Perth. Doch nur der Fluss schien ihm noch vertraut. Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, wo genau sie damals an Land gegangen waren.
Clem versuchte sich selbst davon zu überzeugen, dass er sich erst in den geschäftigen, mit Gaslaternen beleuchteten Straßen zurechtfinden müsse, ehe er Thora gegenübertreten könne. Er wusste nicht, ob er sie überhaupt sehen wollte.
Dennoch war er froh, nun doch in Perth zu sein. Die Eleganz dieser Stadt beeindruckte ihn.
Möglicherweise ist dies die einsamste Metropole auf Gottes weiter Erde, dachte er. So jedenfalls spotteten die Leute aus dem Osten. Andererseits sind die Menschen hier wirklich stolz auf ihre Stadt.
Zum Teufel mit Thora! Wie viel schöner wäre diese Reise gewesen, wenn Thora auf ihn gewartet und die Sehenswürdigkeiten nun mit ihm gemeinsam genossen hätte. Womit verbrachte sie überhaupt ihre Zeit? Vermutlich mit Bekannten, denen er noch nie begegnet war. Clem ließ seinen Blick bewundernd über die Fassade eines schönen Gebäudes wandern, das halb hinter Bäumen verborgen lag. Dann trat er überrascht einen Schritt zurück. Er stand vor dem
Palace Hotel!
Ohne nachzudenken ging er durch die Tür und erkundigte sich an der Rezeption nach Mrs. Price.
Der Angestellte sah ihn seltsam an und schickte ihn dann zum »Cottage«, ohne auch nur einen Blick in das Gästebuch zu werfen.
»Das was?«
»Mrs. Price wohnt in einem der Nebengebäude, einem Cottage. Sie gehen nach draußen und biegen um die Ecke. In der Straße, die hinter dem Hotel vorbeiführt, finden Sie die Dame.«
»Vielen Dank.«
Clem war verunsichert. Er spielte mit dem Gedanken, Thora eine Nachricht zu hinterlassen und sie aufzufordern, zu ihm ins
United Services Hotel
zu kommen. Falls sie den Brief jedoch ignorierte … Besser wäre es, die Sache gleich hinter sich zu bringen.
»War noch etwas, Sir?«, fragte der Mann an der Rezeption. Clem schüttelte den Kopf und verließ die Eingangshalle.
Nervös lief er die düstere Straße hinter dem Hotel entlang zum Cottage. Einen größeren Kontrast zu dem glanzvollen
Palace
konnte man sich gar nicht vorstellen.
»Nebengebäude«,
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