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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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schöne Lillian, deren »Augen blau sind wie Enzian«. Von diesem Tag an hieß sie auch für Robert nur noch Lillian.
    »Ich ziehe mich bald aus dem Parlament zurück«, verkündete Henery eines Tages. »Dann habe ich mehr Zeit für meine Geschäfte. In der Politik geht es um Macht, Geld kann ich dort nicht verdienen. Ich sollte mich mehr um den Aktienhandel kümmern, wo doch der Goldrausch seinen Höhepunkt erreicht hat. Robert, deine Stahlaktien werden durch den Eisenbahnbau in ungeahnte Höhen schießen.«
    »Meinst du die Strecke nach Southern Cross?«
    »Nicht nur nach Southern Cross, alter Freund. Ich habe aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass die Strecke bis Coolgardie und weiter nach Kalgoorlie ausgebaut werden soll.«
    »Wozu, um Himmels willen?«, wollte Robert wissen. »In einem Jahr sind das nur noch Geisterstädte.«
    »Vertrau mir, Robert. Ich habe selbst ein Paket Stahlaktien erworben. Im Rathaus werden sie ein Abschiedsfest für mich ausrichten. Du musst unbedingt nach Perth kommen.«
    »Das weiß ich noch nicht genau. Ich habe viel zu tun. Außerdem kenne ich dort niemanden.«
    »Du kennst immerhin mich!«
    »Als Ehrengast wirst du die ganze Zeit beschäftigt sein.«
    »Das stimmt. Dann bring doch Lillian mit. Sie kann dir Gesellschaft leisten, bis ich meine offiziellen Pflichten erledigt habe.« Er wandte sich an Lillian. »Was sagen Sie dazu, meine Liebe? Ich glaube, so ein Fest würde Ihnen gut gefallen.«
    Sie versuchte, ihre Aufregung zu verbergen. »Das liegt ganz bei Robert.«
    »Wie sieht es aus? Sie ist eine schöne Frau. Du kannst sie doch nicht ewig hier verstecken.«
    »Wenn sie möchte«, erwiderte Robert zaudernd.
    »Ich würde so gern dabei sein. Vielen Dank, Henery. Für einen solchen Anlass muss ich mir allerdings ein neues Kleid kaufen.«
    »Also abgemacht. Ihr kommt beide zu mir und bleibt ein paar Tage. Das wird ein Spaß.«
    Er drückte ihr herzlich die Hand, und Lillian wunderte sich, dass sie bis jetzt nicht bemerkt hatte, welche Absichten er tatsächlich hatte.
    Später betrachtete sie sich in dem großen Spiegel in ihrem Zimmer. Zweifellos hatte sie sich, seitdem sie nicht mehr mit Ted Cornish zusammen war, zu ihrem Vorteil verändert. Sie war nicht mehr das knochige, eingeschüchterte Mädchen von einst, sondern eine Frau mit wohlgerundetem Körper. Ihr dunkles Haar wirkte voller als früher. Sie trug die elegante Frisur jener Tage, bei der die Haare um Rollen gewickelt und seitlich am Kopf festgesteckt wurden. Auch ihre Augen wirkten dunkler und lebendiger. Sie bildeten einen reizvollen Kontrast zu ihrer weißen Haut, die sie nun bewusst nicht mehr der Sonne aussetzte. Neuerdings benutzte sie sogar ein wenig Puder und Lippenstift. Als Herrin von Minchfield musste sie einen guten Eindruck hinterlassen. Sie wirbelte durchs Zimmer und bewunderte ihre enggeschnürte Wespentaille, die, glaubte man den Damenmagazinen, der letzte Schrei war.
    »Du siehst wirklich gut aus«, sagte sie sich, »sonst würde ein Mann wie Henery Whipple dir keine Avancen machen oder dich auf seine Party mit seinen vornehmen Freunden einladen.«
    Perth! Lillian tanzte vor Freude. Sie würde nach Perth fahren und dort vielen interessanten Menschen begegnen! Nun musste sie besonders nett zu Robert sein, damit er seine Meinung nicht noch änderte.
    Caroline würde bei Gladys, einem älteren Hausmädchen, in guten Händen sein. Obwohl sie sich nur ungern von ihrer Tochter trennte, durfte sie sich die Gelegenheit, in Perth als Mr. Warburtons Begleiterin zu erscheinen, keinesfalls entgehen lassen. Davon konnte ihre und Carolines Zukunft abhängen.
     
    Er tauchte aus den Staubwirbeln auf wie der Geist eines längst verstorbenen Entdeckers und erschreckte Alice zu Tode. Wie versteinert stand sie hinter den Fensterläden und hoffte, dass dieses Gespenst mit der nachtschwarzen Kleidung wieder verschwinden möge, doch es steuerte geradewegs auf das Haus zu. Vom Hufgetrappel seines Pferdes drang kein Laut durch das Heulen des Sturms. Auch als sich die Erscheinung beim Näherkommen als seltsam aussehender Mann mit langem schwarzem Haar entpuppte, blieb Alice skeptisch.
    »Du lieber Himmel«, flüsterte sie und fragte sich, ob noch genügend Zeit bliebe, um sich durch die Hintertür zu den Männern in den Schuppen zu flüchten, doch der Fremde war bereits vom Pferd gestiegen und kam mit großen Schritten auf sie zu. Der Saum seines schweren Mantels reichte fast bis zum Boden.
    Alice trat die Flucht nach vorn an

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