Leuchtendes Land
auf die Wange. »Sag nicht, du willst aussteigen. Das wäre das Dümmste, was du tun könntest.«
»Meinst du?«, Jocelyn trat ans Fenster und zog die Vorhänge zurück. »Sag mir eins, Mike. Du hast mit den Mädchen geschlafen, hattest sogar deine Favoritinnen, aber mich hast du nie angefasst. Warum?«
Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Na ja, du bist der Boss, oder nicht? Sozusagen unberührbar.«
»Das würde ich nicht sagen. Nicht, wenn es um dich geht.«
»Komm schon, Jossie, was soll das alles? Wir waren immer Freunde. Ich dachte, es würde dir nichts ausmachen, dass ich ab und zu meinen Spaß habe. Außerdem war ich immer der Ansicht, du hättest ein Auge auf Clem geworfen.«
»Das war einmal so, aber ich bin erwachsen geworden. Dies ist kaum der richtige Ort für eine Romanze, und er hat meine Zuneigung auch nie bemerkt. Er hängt viel zu sehr an Thora.« Abweisend raffte sie ihr Schultertuch zusammen. Es sah aus, als wolle sie ihn aussperren. »Tut mir leid, Mike, ganz ehrlich. Ich will dich nicht im Stich lassen, aber ich gehe fort. Ich halte es hier nicht länger aus.«
Nachdem sich Jocelyn einmal entschlossen hatte, war sie immun gegen seine Einwände, sein Süßholzraspeln, seine Komplimente.
»Kannst du mich nicht verstehen? Ich komme aus einer anständigen Familie. Das Geld bedeutet mir nichts mehr. Zuerst fand ich es aufregend. Bevor ich hierherkam, hatte ich kein eigenes Bankkonto. Aber nun, da ich ein Gehalt beziehe und viele Anlagehinweise bekomme, kann ich es mir leisten, dieses Leben hinter mir zu lassen.«
Er folgte ihr quer durchs Zimmer. »Ist das der einzige Grund?«
»Warum nicht?«, gab sie wütend zurück. »Ich will einfach nicht, dass mir mein Leben lang der Gestank eines Hurenhauses anhaftet.«
»Wohin willst du gehen?«
»Nach Osten. So weit weg wie möglich. In eine Gegend, in die mein Ruf noch nicht gedrungen ist. Es heißt, Melbourne sei eine schöne Stadt mit vielen Parks. Ich möchte ein Schiff besteigen und von einem Ende des Kontinents zum anderen segeln. Ich möchte etwas sehen von diesem Land. Und ich möchte sein wie andere Frauen auch – anständige Frauen.«
»Wer hat denn gesagt, du seist keine anständige Frau? Ich jedenfalls nicht. Geht es dir nur um einen Urlaub? Den sollst du haben. Ich halte dich nicht davon ab.«
»Mein Gott!«, schrie sie. »Muss ich es dir erst einhämmern? Ich liebe dich, Mike Deagan. So, jetzt ist es heraus. Aber du kommst zu spät. Ich gehe, wie ich es gesagt habe.«
»Du hast mir nie eine Chance gegeben«, erwiderte er ruhig. »Ich bin zwanzig Jahre älter als du und Clem, und meine Vorstrafen sind nicht gerade eine Empfehlung. Mach mich nicht für etwas verantwortlich, was ich nicht ändern kann. Ich bin keine gute Partie, aber ich werde dir helfen, wenn du in den Osten gehen möchtest. Vergiss, dass es das
Black Cat
je gegeben hat.«
Sie ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. »Also abgemacht«, sagte sie schließlich steif. »Ich kaufe mich nicht ins
Cat
ein. Und ich breche auf, sobald du eine Nachfolgerin für mich gefunden hast.«
»Du würdest mich einfach so verlassen?«
»Ja. Du wirst einmal einer der reichsten Männer hier draußen sein, aber du wirst auch für immer der Exsträfling bleiben. Und ich weiß auch, warum du auf den Goldfeldern bleiben möchtest: weil sich hier keiner um deine Vergangenheit schert. Weil Ansehen hier nichts bedeutet. Du lebst nicht hier, Mike Deagan, du versteckst dich bloß. Trotz deiner großen Reden fühlst du dich so gedemütigt, dass du nicht wagst, den Kopf zu heben. Und soll ich dir noch etwas sagen? Wenn ich bleibe, werde ich so wie du. Das könnte ich nicht ertragen. Ich will kein Leben in Schande führen.«
Sie brach in Tränen aus, und er nahm sie in die Arme. »Liebste, hör auf damit. Ist es so schlimm?«
»Ja, das ist es«, schluchzte sie.
In dieser Nacht unterhielten sie sich lange und liebevoll in Jocelyns Bett.
»Die Kosten steigen rapide«, erklärte Mike dem Arzt am nächsten Tag, »und ich begehe vermutlich einen Fehler, den ich mein Leben lang bereuen werde, aber meine Freunde haben mir gesagt, dass in dieser Stadt dringend ein Arzt gebraucht wird.«
»Sie verkaufen also?«
»Sieht so aus, als hätte ich keine andere Wahl.«
Mit dem Erlös aus dem Verkauf seines Hauses erwarb Mike Deagan eine Brosche in Form eines goldenen Hufeisens, die er seiner zukünftigen Frau schenken wollte. Dann suchte er einen Immobilienmakler auf, unterbreitete ihm, wie viel
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