Leuchtendes Land
mit mir meint. Ich muss tun, was er mir geraten, nein, befohlen hat.«
Mr. Forbes war da gewesen und schien sehr zufrieden gewesen zu sein, dass sie sich nicht an die Schießerei erinnern konnte. Er hatte über dieses und jenes geredet und versucht, sie ruhig zu halten. Hatte ihr die baldige Freilassung versprochen, wie so viele andere auch.
Die Suppe schmeckte grauenhaft, und der Eintopf noch schlimmer, doch Thora aß alles bis zum letzten Rest auf und wischte den Teller sogar noch mit altem Brot aus. Sie war fest entschlossen, nicht abzumagern und dadurch ihre gute Figur zu ruinieren.
Diese Zelle war der schlimmste aller Orte auf Erden, doch nun fühlte sie sich stark. Sie durfte sich nicht noch einmal der Verzweiflung überlassen. Es war sinnlos zu weinen.
Seit George sie geradeheraus gefragt hatte, ob sie auf Clem geschossen habe, waren einige Dinge wieder ins rechte Licht gerückt worden. Die Erinnerungen verflüchtigten sich nicht mehr, und die Bilder verschwammen nicht mehr vor ihren Augen. Thora entsann sich vielmehr ganz deutlich ihrer Tat. Und obgleich sie sich selbst in die größten Schwierigkeiten gebracht hatte, verspürte sie eine gewisse Erleichterung. Thora hielt sich selbst nicht mehr für verrückt. Sie hatte nur getan, was sie hatte tun müssen, und damit zugleich ihre Dämonen ausgetrieben. Seit sie auf der harten Pritsche des Gefängnisses schlafen musste, hatte sie keinen einzigen Alptraum mehr gehabt. Das war ein Segen. Und für den Spatz in der Hand sollte man dankbar sein, sagte sie sich.
Mr. Forbes hatte über Reue gesprochen. Thora bereute ihre Tat zutiefst. Sie hatte niemals auf Clem schießen wollen, auch wenn er es verdient hatte. Was würde Alice sagen, wenn sie erfuhr, dass ihrem Bruder ein Freudenhaus gehörte?
Thora hatte lediglich versucht, Jocelyn zu erschießen, die Hure, die Frau, die Familien zerstörte. Doch Clem war zwischen die Fronten geraten, und das tat Thora aufrichtig leid.
Die letzten Tage waren sehr verwirrend für sie gewesen, da sie von allen Seiten bedrängt, von der Polizei verhört und von hässlichen Gesichtern begafft worden war. Wenigstens war sie hier drinnen vor all diesen Leuten sicher. Heute Morgen war ein älterer Polizist namens Smythe zu ihr gekommen, ein echter Gentleman. Er hatte wissen wollen, woher die Waffe stammte, was sie ehrlich gesagt selber nicht genau wusste, doch es würde ihr schon wieder einfallen. Bevor sie erneut in Tränen ausgebrochen war, hatte sie ihm nur mitteilen können, dass sie das Cottage verlassen hatte und ins Rathaus gegangen war.
Er hatte sie so oft nach einer Mrs. Cornish gefragt, dass Thora schließlich ärgerlich geworden war. »Warum lassen Sie mich nicht in Ruhe?«, hatte sie geschrien. »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich sie nicht kenne.«
Doch er war unnachgiebig geblieben. »Sie ist mit Mr. Robert Warburton verlobt. Vielleicht kennen Sie ihn?«
»Warum sollte ich? Wer sind diese Leute?«
Doch nun, da sie sich dank Georges Besuch ein wenig besser fühlte, kam ihr der Name irgendwie bekannt vor. »Oh Gott«, sagte sie ungeduldig, »ich habe Wichtigeres zu tun, als zu versuchen, mich an diese Frau zu erinnern. Der arme Clem! Ich wollte doch nicht auf ihn schießen. Ich bete zu Gott, dass es ihm bald bessergeht.« Plötzlich fiel ihr ein, dass sie den Anwalt hätte bitten können, sie zu einem Besuch bei Clem zu begleiten. Bei dieser Gelegenheit hätte sie ihm den ganzen Vorfall erklären können.
Man würde ihr doch sicher erlauben, ihren Mann zu sehen, wenn er so schwer krank war. Das konnten sie ihr einfach nicht verwehren. »Wenn er das nächste Mal kommt, werde ich darauf bestehen. Wie dumm von mir, dass ich ihn nicht schon heute darum gebeten habe. Was müssen diese Leute von mir denken?«
Sie ließ sich auf die Pritsche sinken, starrte die weiß getünchten Wände an und versuchte, sich an die Ereignisse der letzten paar Tage zu erinnern. Sie wollte sich den Vorfall, den sie laut Georges Anweisung auf keinen Fall erwähnen durfte, ins Gedächtnis rufen. So schwer es ihr fiel – sie musste sich darauf konzentrieren. Sie hatte Georges Warnung nicht vergessen. Nun, da Thora allmählich wieder einen Bezug zur Realität gewann, wurde ihr auch bewusst, dass es gefährlich für sie werden könnte, wenn sie nicht ganz genau aufpasste, was sie tat.
»Du bist also doch zu ihr gegangen? Obwohl ich dich gebeten hatte, es nicht zu tun?«, Alice kochte vor Wut.
»Es kann nicht schaden«, meinte
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