Leuchtendes Land
George und rührte in seinem Tee.
»Und was ist mit meinem Bruder, der um sein Leben kämpft? Hast du dabei auch an ihn gedacht? Macht Thora sich Sorgen um ihn?«
»Ja. Es tut ihr leid.«
»Ein bisschen spät! Und Lydia? Hat sie vor ihrer Tat vielleicht über dieses arme Kind nachgedacht? Oh nein. Sie schießt auf Clem, wird verhaftet, und das Kind bleibt bei Fremden zurück. Was sagt sie denn dazu?«
»Nichts«, dachte George. Sie hatte nicht einmal nach ihrer Tochter gefragt. Und auch er war mit seinen Gedanken woanders gewesen.
Er zuckte die Achseln. »Sie ist sehr durcheinander und kann sich kaum an etwas erinnern.«
»Eine wunderbare Entschuldigung!«
»Vielleicht«, dachte George, »aber es ist auch ihre einzige.«
»Ich habe Thoras Anwalt kennengelernt.«
»Und wer soll ihn bezahlen? Wir jedenfalls nicht.«
»Vermutlich nicht. Alice, ich möchte nichts hinter deinem Rücken tun. Deshalb sage ich dir gleich, dass ich Thora wieder besuchen werde. Und du weißt auch, warum.«
»Du verschwendest dein Mitleid!«
»Mich hat nie jemand besucht«, sagte er ruhig.
»Tu, was du willst!«, rief Alice schließlich.
George besuchte Thora jeden Tag, hörte ihr zu, erfuhr, dass sie schon seit Jahren unter nervösen Zuständen gelitten hatte – was reichlich untertrieben klang. Sie erzählte ihm, dass ihr Freund Lord Kengally sich von ihr verabschiedet hatte, da er wieder nach England zurückkehren würde. George lauschte geduldig den vertrauten, tränenreichen Klagen über das Gefängnis, die Wachen und das Essen, ohne darauf hinzuweisen, dass Thora im Vergleich zu Sträflingen, die in einem echten Gefängnis saßen, eine erstklassige Behandlung genoss. Das hatte sie vermutlich Kengallys Einfluss zu verdanken. Doch zu keinem Zeitpunkt gab sie ihm irgendeinen Anhaltspunkt, weshalb sie auf Clem geschossen hatte.
Allmählich wurde die Zeit knapp. George würde bald nach Lancoorie zurückkehren müssen und begann daher, Druck auf sie auszuüben.
»Wenn es nicht Clem war, den du erschießen wolltest, musst du auf seine Tanzpartnerin gezielt haben. Wieso? Du musst es mir sagen.«
Thora kaute auf ihrem Taschentuch. »Das kann ich nicht. Es ist zu schrecklich. Du wärst schockiert.«
George grinste. »Das glaube ich kaum.«
»Oh, doch. Du kannst ihn selbst fragen.«
»Weiß er es denn?«
Sie dachte nach. »Vielleicht weiß er nicht, dass ich es weiß«, erwiderte sie geheimnisvoll. »Deshalb möchte ich ihn besuchen, aber sie lassen mich nicht zu ihm. Es ist grausam von ihnen.«
»Mach dir darüber keine Sorgen. Warum hast du den Namen Jocelyn gerufen?«
Thora fuhr zusammen. »Kennst du sie?«
»Ja. Sie ist Mike Deagans Frau. Die beiden haben in Kalgoorlie geheiratet und sind in den Osten gezogen.«
Thora sprang auf. »Du lügst! Sie ist hier in Perth und hat mit Clem getanzt.«
»Nein, das hat sie nicht. Sie ist noch nie in Perth gewesen. Ich habe eine Karte von Mike gefunden. Er hat Clem geschrieben, dass sie nicht nach Perth kommen werden. Jocelyn und Mike sind schon vor Wochen aus Kalgoorlie abgereist.«
»Sie hat Mike geheiratet?«
»Stört dich das?«
Thoras Blick wurde trüb. »Er sagte, es sei Clem. Er sagte, sie sei seine … seine …«
»Wer sagte das?«
»Sie war überhaupt nicht hier?«
»Nein.«
»War der Rest auch gelogen? Ich dachte, ich hätte sie gesehen. Sie war mit mir in diesem Zimmer. Ich wollte einfach nur, dass sie geht. Oh Gott. Habe ich mir das alles nur eingebildet?«
Sie begann zu weinen, und George fragte sich besorgt, ob er sie noch mehr in Verwirrung gestürzt hatte. Er legte den Arm um sie. »Sei ganz ruhig, meine Liebe. Alles wird gut.«
Er blieb lange bei ihr, während sie in Gedanken versunken dasaß. Anscheinend hatte sie völlig vergessen, dass er da war. Bevor er ging, stellte er ihr eine letzte Frage.
»Wer hat dir diese Dinge über Jocelyn erzählt?«
»Ich weiß es nicht mehr«, flüsterte Thora. George war sich nicht sicher, ob sie die Wahrheit sagte.
Er suchte Forbes auf, der ihm keine große Hoffnung machte.
»Ich habe einen Strafverteidiger engagiert, Mr. Gunne, doch es ist ein schwieriger Fall. Es gab so viele Zeugen.«
»Könnte er denn nicht andersherum argumentieren: Sie hat nicht Clem treffen wollen, der Frau aber hat sie keinen Schaden zugefügt? Zwar hat sie in der Öffentlichkeit eine Waffe abgefeuert, doch das gilt nur als minder schweres Verbrechen.«
Forbes lächelte. »Ach, ihr Laienanwälte! Mrs. Price wurde wegen versuchten
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