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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Gefängnis verbringen. Sprich mir nach: ›Ich kann mich nicht erinnern.‹«
    »Aber ich will nicht, dass mich die Leute für verrückt halten«, jammerte sie.
    »Sie tun es ohnehin schon. Du hast auf deinen Mann geschossen, selbst wenn du jemand anderen treffen wolltest. Das kommt aufs Gleiche hinaus. Sag es!«
    »Ich kann mich nicht erinnern«, flüsterte sie. Dann lauter: »Ich kann mich wirklich nicht erinnern.«
    »Gut, bleib dabei. Später werden wir die Wahrheit herausfinden, doch im Augenblick ist sie nicht von Bedeutung. Ich muss gehen, Thora. Doch ich werde wiederkommen, das verspreche ich dir.«
     
    Als George beim Tor anlangte, war dort gerade eine Diskussion zwischen einem stattlichen Herrn mit Bowler-Hut und der Wache im Gang. Wieder drehte es sich darum, wer das Recht habe, Mrs. Price zu besuchen. George trat interessiert hinzu.
    »Mein Name ist Thomas Forbes. Ich bin ihr Anwalt«, erklärte der Besucher. »Ich bestehe darauf, Mrs. Price zu sehen.«
    »Sie hat bereits Besuch«, erwiderte die Wache. »Sie werden noch einmal kommen müssen. Und reichen Sie bitte einen schriftlichen Antrag ein.«
    »Das habe ich bereits getan!«
    George mischte sich ein und machte sich mit Forbes bekannt. »Ich war der Besucher. Sie können gern zu ihr hineingehen.«
    Der Anwalt nahm ihn beiseite. »Familie, was? Freut mich sehr. Wie geht es Mrs. Price heute? Sie macht mir meine Arbeit nicht einfach. Da sie sehr deprimiert ist, mache ich überhaupt keine Fortschritte. Anscheinend versteht sie nicht, dass sie sich im Gefängnis befindet.«
    »Nein. Sie war auch nicht in der Lage, mir zu erklären, was sich zugetragen hat. Das alles ist sehr eigenartig. Wie kann sie bloß vergessen, dass sie ihren Ehemann niedergeschossen hat?«
    »Oh, ja, das ist für einen Laien schwer einzusehen. Doch ich habe mich mit diesen Fällen beschäftigt. Es ist der Schock, müssen Sie wissen. Vor allem bei einer vornehmen Dame wie Mrs. Price. Sie ist eine Freundin Lord Kengallys, mit dem auch ich gut bekannt bin. Seine Lordschaft hat mich sofort hinzugezogen und gebeten, den Fall zu übernehmen.«
    »Was geschieht, wenn sie sich an nichts erinnern kann? Werden Sie sie auch unter diesen Umständen vertreten?«
    »Ich werde mein Bestes tun. Möglicherweise empfindet sie so starke Schuldgefühle, dass sie die Erinnerung an den Vorfall komplett verdrängt hat.«
    »Tatsächlich? Sie wirkte gegen Ende unseres Gespräches ruhiger. Als ich eintraf, war sie sehr erregt, doch der Besuch eines Familienangehörigen hat ihr anscheinend gutgetan.«
    »Wunderbar! Jede Hilfe ist willkommen, denn sie befindet sich in einer gefährlichen Lage.«
    »Dürfte ich Sie morgen aufsuchen, Mr. Forbes?«, erkundigte sich George. »Für meine Frau und mich ist das alles schwer zu verstehen, und der ganze Papierkram ist äußerst verwirrend. Für Ihren Rat wären wir Ihnen sehr dankbar.«
    »Gewiß. Um elf Uhr? Mein Büro befindet sich in der Royal Arcade:
Forbes and Staybrook
. Doch eins müsste ich noch wissen, Mr. Gunne: Wer wird meine Rechnungen bezahlen? An ihren Ehemann werde ich sie wohl kaum schicken können.« Er hüstelte verlegen. »Eine heikle Situation, nicht wahr? Hat die Dame eigenes Vermögen?«
    »Ich glaube nicht, aber ihr Vater wird ihr beistehen. Er ist wohlhabend und im Avon Valley gut bekannt. Sein Name ist Dr. Carty. Er wohnt in York.«
    »Vielen Dank. Wenn Sie mich nun entschuldigen würden. Ich muss meine Klientin aufsuchen.«
    George seufzte tief, als er die Straße entlangging. Das war vielleicht ein Schnösel. Und wer sollte nun tatsächlich Thoras Rechnungen bezahlen? Alice war kaum in der Stimmung dazu, und er bezweifelte, dass Carty besonders begeistert sein würde.
    Beeindruckt von seiner eigenen Eloquenz zwang George sich ein Lächeln ab. Mike wäre stolz auf ihn gewesen. Doch wo steckten Mike und Jocelyn? Sie sollten längst in Perth sein! Er musste jemanden finden, der ihm erklären konnte, weshalb Thora dermaßen die Beherrschung verloren hatte. Die ganze Geschichte war für alle Beteiligten so verwirrend, dass Alice bisher nicht einmal bemerkt hatte, dass ihr Gatte zum ersten Mal im Leben als freier Mann den Fuß in die Stadt gesetzt hatte.
     
    »Seltsam«, dachte Thora, »dass von allen meinen Bekannten ausgerechnet der gute alte George Gunne derjenige ist, dem ich am meisten vertraue. Er ist ein einfacher Mann, der geborene Farmer, doch seine Anteilnahme ist aufrichtig. Ich konnte in seinen Augen sehen, dass er es ehrlich

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