Leuchtendes Land
mich gedulden müssen, bis er zurückgekehrt ist.«
Als Smythe mit der Zunge schnalzte, wurde sie plötzlich sehr nervös.
»Das kann dauern. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass Mr. Warburton es nicht eilig hat mit seiner Rückkehr nach Australien. Im Gegenteil, er hat sogar sein Haus zum Verkauf angeboten.«
»Er hat was getan? Davon weiß ich nichts.«
»Zweifellos wird er Sie zu gegebener Zeit davon in Kenntnis setzen.«
Lil unterdrückte trotzig die aufsteigenden Tränen und schluckte krampfhaft. »Nun, das ist seine Entscheidung.« Jetzt spielte es keine Rolle mehr, was Smythe alles herausfand, doch er war Lil derart unsympathisch, dass sie nicht mit ihm kooperieren wollte.
»Sonst noch etwas?« fragte sie kurz angebunden. Jordan und die übrigen Dienstboten würden wissen wollen, was Robert ihnen allen angetan hatte.
»Ja«, antwortete Smythe. »Ich habe hier einen Brief von Mrs. Dodds, der Frau des Vikars von St. Luke’s im Distrikt York. Sie hat ihn an den Bischof geschickt und der hat ihn an mich weitergeleitet. Sie bittet um Vergebung für ihre Beteiligung an einer gewissen Sache. Sie meint, sie habe einen entsetzlichen Fehler gemacht und besteht darauf, dass Mrs. Price, nachdem sie dieses schreckliche Verbrechen begangen hat, nicht in der Lage sei, für ein Kind namens Lydia Price zu sorgen. Mrs. Dodds verlangt, dass man Lydia unter Amtsvormundschaft stellt.«
Er sah auf. »Auch Ihr Name wird erwähnt, Mrs. Cornish. Möchten Sie mir etwas dazu sagen? Was für eine Beziehung haben Sie zur Familie Price?«
Lil saß regungslos vor ihm. »Weiß Mr. Warburton von diesem Brief?«
»Ich habe ihn natürlich gefragt, ob er diese Leute kennt. Er war sehr schockiert, denn er hatte keine Ahnung, dass Sie mit Mr. und Mrs. Price mehr als nur oberflächlich bekannt waren.«
Lil lächelte bitter. »Schockiert? Doch nicht Robert. Er ist einfach nur selbstsüchtig. Was interessiert es ihn, wenn er sein Versprechen mir gegenüber bricht, obwohl ich nichts falsch gemacht habe? Und was soll aus dem ganzen Personal werden? Kein Wort hat er zu ihnen gesagt. Schleicht sich einfach davon, weil er nicht Manns genug ist, uns ins Gesicht zu sehen.«
Zu ihrer Überraschung nickte Smythe. »Diesen Eindruck hatte ich auch.« Dann führte er die Vernehmung in einem freundlicheren Ton fort. »Ich weiß nicht, ob es für den Fall überhaupt von Bedeutung ist, doch Sie müssen mir alles über Thora Price und das Kind Lydia sagen.«
Wie betäubt nickte Lil und berichtete, was in Lancoorie geschehen war. Sie erzählte auch, wie es sie nach Minchfield House verschlagen hatte. Smythe hörte zu, ohne sie zu unterbrechen, wofür sie ihm sehr dankbar war.
»Wie Sie sehen«, schloß sie, »hat Thora mich ebenso wenig erkannt wie Clem Price. Sie hielt mich für jemand anders.«
»Und Sie kennen niemanden namens Jocelyn?«
»Nein. Mag sein, dass Thora eine Frau dieses Namens aus ihrer Zeit in York kennt, doch ich kam erst nach meiner Heirat in die Stadt. Bevor das alles passierte, kannte ich Thora nur vom Sehen. Sie war stadtbekannt.« Sie unterhielten sich noch eine Weile, und Lil servierte den Polizisten schließlich Tee und Sandwiches, denn sie mussten auf die Rückkehr der Fähre warten.
»Man wird Lydia doch nicht unter Amtsvormundschaft stellen, oder?«
»Ich denke nicht. Sie sind hier, und Mr. Price ist ein ehrbarer Vormund. Ich gehe davon aus, dass keine offizielle Adoption stattgefunden hat?«
»Nein«, sagte Lil verzweifelt. »Als Thora diesen Anschlag beging, schwor ich mir, Lydia zurückzuverlangen. Da ich mit Mr. Warburton verlobt und, wie ich glaubte, finanziell abgesichert war, hätte ich mich selbst um sie kümmern können. Nun aber … Wenn dieses Haus verkauft wird, muss ich mich nach einer anderen Stelle umsehen. Mit einem Kind hat man es schon schwer genug. Alles ist zusammengebrochen.«
»Es tut mir leid, Mrs. Cornish. Vielleicht können Ihnen die neuen Eigentümer helfen.«
»Muss ich vor Gericht erscheinen?«
»Ja, als Zeugin der Anklage. Schließlich hat Mrs. Price auf Sie geschossen.«
»Irgendetwas muss sie furchtbar aufgeregt haben.«
»Das stimmt, doch wissen wir noch immer nicht, was es war. Ich neige dazu, Ihnen darin zuzustimmen, dass Sie sie mit jemandem verwechselt hat, mit dieser mysteriösen Jocelyn eben. Wenn wir sie finden, wissen wir die Antwort.«
»Was sagt Clem Price zu alldem?«
»Nichts. Er weigert sich auszusagen.«
Lil verbarg ein Lächeln. Sie wünschte, auch sie
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