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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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blätterte die Seiten durch, bis sie auf ihren eigenen Namen stieß.
    Die Schlagzeile des kurzen Artikels lautete: »Eine Frau und ihre Tragödie«. Der Autor äußerte sich ausnahmsweise einmal wohlwollend über Thora. Die Tochter von Dr. J. Carty aus York, eine schöne junge Frau, sei in einem beschaulichen Landstädtchen aufgewachsen und habe Clem Price von der Lancoorie-Farm geheiratet.
    Lil fand den Artikel uninteressant, da er lediglich Thoras biographischen Hintergrund darstellte und sie als liebende Mutter der kleinen Lydia darstellte. Sogar ihre Musikstunden wurden erwähnt.
    »Was also hat sie dazu getrieben, den Rathaussaal zu stürmen und einen Mordanschlag auf Mrs. Lillian Cornish zu verüben?«, fragte der Journalist – ohne eine Antwort anzubieten. Doch für Lil war ohnehin nur die Erwähnung ihres eigenen Namens von Belang.
    »Jetzt helfen mir auch keine guten Referenzen mehr«, sagte sie zu sich. »Ich stecke bis zum Hals im Dreck. Und Dreck bleibt kleben.«
    Bis zum späten Nachmittag wussten alle Bescheid. Die Mädchen bestürmten sie mit Fragen, die Lil ihnen in nüchternem Ton beantwortete. Alle waren zutiefst beeindruckt.
    »Ich war einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort«, sagte sie.
    »Haben Sie das Satinkleid getragen, das in Ihrem Schrank hängt?«, fragte ein Hausmädchen und gestand damit zugleich ein, dass es in Lils Sachen geschnüffelt hatte, doch ihr war inzwischen alles egal. Ihre Tage als Haushälterin waren ohnehin gezählt.
    »Du bist eine Berühmtheit«, staunte die Köchin. »Warum hast du uns nicht erzählt, dass Mr. Warburton mit dir auf diesen Ball gegangen ist?«
    Selbst Jordan kam zu ihr. »Hast du diese Frau gekannt?«
    »Gewissermaßen.«
    »Weshalb wollte sie dich erschießen?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
    »Hat Warburton dich deshalb sitzenlassen?«
    »Vermutlich. Du weißt schon, guter Ruf und all das. Trotzdem glaube ich, dass er diesen Verkauf langfristig geplant hat.«
    »Der Schweinehund. Viele Leute hier im Distrikt waren ganz und gar nicht von der Art angetan, auf die er diesen Besitz an sich gerissen hat. Ich muss mit einigen Nachbarn sprechen. Vielleicht lässt sich ja was machen. Minchfield wurde nicht ihm, sondern Lavinia hinterlassen.«
    »Die im Irrenhaus sitzt.«
    »Und wenn man sie wieder herausholen könnte?«
    »Oh Gott!«, Lil wollte nichts weiter davon hören und unternahm mit Caroline einen langen Spaziergang am Fluss. »Wir sollten die Zeit, die uns hier bleibt, in vollen Zügen genießen. Ich weiß nicht, wohin es uns noch verschlagen wird.«
     
    Jordan hatte die Nachbarn ermutigt, aktiv zu werden. Sie beriefen eine öffentliche Versammlung ein, um nachträglich ihrer Entrüstung über die widerrechtliche Aneignung des Besitzes von Miss Lavinia Warburton durch Robert Warburton Ausdruck zu verleihen, der Minchfield House nun auch noch ohne ihre Zustimmung verkaufen wollte.
    »Warum haben sie nicht früher den Mund aufgemacht?«, fragte Lil Jordan.
    »Weil alles gelaufen war, bevor sie es herausgefunden haben.«
    »Aber Robert hat doch ihre Vollmacht oder wie immer man es auch nennt. Er ist rechtlich befugt zu verkaufen, sonst wäre dieser Makler nicht hier gewesen.«
    »Die Vollmacht kann widerrufen werden«, erklärte Jordan fröhlich, »falls Lavinia geistig gesund ist. Der Hausarzt wird ihr mit einer Abordnung der Nachbarn einen Besuch abstatten. Und sein Anwalt sagt, du sollst dem Makler den Zutritt zum Haus verwehren, bis diese Angelegenheit geklärt ist.«
    »Wie soll ich das machen?«
    »Er schickt ihm einen Brief, der ihn dir eine Weile vom Hals halten wird.«
    Lil war für jeden Aufschub dankbar. Sie verkaufte das herrliche Satinkleid für acht Pfund an eine Schneiderin aus der Umgebung und freute sich, es los zu sein, da es ihr kein Glück gebracht hatte.
    »Ich werde nie wieder die Gelegenheit haben, es zu tragen«, sagte sie zur Köchin. »Das Geld hilft mir im Augenblick mehr.«
    Wochen vergingen. Die Gehälter wurden weiterhin gezahlt, doch zwei Hausmädchen suchten sich eine neue, sicherere Arbeit, und ihre Stellen wurden nicht wieder besetzt. Der Makler kam nicht wieder, da es offensichtlich ungeklärte Eigentumsfragen gab, und Lil versank in Lethargie, da ihr die ganze Warterei einfach unerträglich erschien.
    Als Jordan ihr mitteilte, dass der Arzt und seine Freunde Miss Lavinia besucht hatten und guter Hoffnung seien, dass sie entlassen werde, spielte Lil mit dem Gedanken, sofort zu packen, ließ sich

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