Leuchtendes Land
regeln zu müssen. Andererseits war ihr sein starkes Interesse an Thora allmählich zu viel geworden.
»Verdammt sei die arme Thora! Sie hat Clem beinahe umgebracht, und nun soll ich auch noch Mitleid für sie empfinden. Sie wickelt jeden Mann um den Finger! Sogar Clem.«
Alice war entrüstet, dass Clem sich wegen Thora Sorgen machte, geradeso, als sei nichts geschehen. Nun, darüber musste er hinwegkommen. Die Geschworenen würden sich mit Thora befassen, und zwar emotionslos und nüchtern. Die Anklage lautete auf versuchten Mord, daran war nicht zu rütteln.
Sobald Clem aus dem Krankenhaus entlassen wäre, würden sie in das vielgerühmte Strandhaus ziehen. Alice sehnte sich nach Abwechslung, denn im Grunde hatte sie in diesem blöden Cottage nichts anderes zu tun, als zu warten. Wenigstens würden im Strandhaus neue Aufgaben auf sie warten, so dass sie auf andere Gedanken käme. Es war gar nicht so einfach, einen Haushalt von A bis Z einzurichten. Sie musste überprüfen, was bereits eingekauft worden war, und den Rest selbst besorgen. Alice lächelte. So wie sie ihren Bruder kannte, hatte er die Möbel gekauft und das Besteck vergessen.
Clem freute sich, sie zu sehen, wollte aber nicht über Thora oder den bevorstehenden Prozess sprechen. »Das mit der Yorkey-Mine ist wirklich eine Schande«, sagte Alice. »Wenigstens hast du dein Geld verdient, bevor es dieses Durcheinander gab. Ich weiß gar nicht, wie er auf die Idee gekommen ist, dass er damit durchkommen könnte.«
»Wer?«
»Tanner natürlich.«
»Es war nicht Tanner«, erwiderte Clem müde. »Bestell ihm, dass ich ihn sprechen möchte.«
»Das geht nicht. Er ist weg. Hat sich mit dem Vermögen, das ihm überantwortet war, abgesetzt. Gut, dass wir ihn los sind. Du hättest dich ohnehin niemals mit ihm einlassen dürfen. Eins kann ich dir sagen, in York braucht er sich nicht mehr blicken zu lassen.«
»Ich bezweifle, dass er nach York zurückkehren würde.«
»Jemand muss die Berichte über Yorkey vertauscht haben. Wenn es nicht Tanner war, wer dann?«
»Mike. Vosper hat mir einen kurzen Brief von ihm mitgebracht, den er ans Hotel geschickt hat. Der verdammte Idiot hält das alles für einen Scherz.«
»Ein armseliger Scherz«, meinte Alice. »Wie hat er es angestellt? Er hatte doch überhaupt keine Gelegenheit dazu.«
»Das weiß nur Gott. Ich habe schon Verdacht geschöpft, als man mir sagte, es handle sich um eine ganz hervorragende Fälschung: Deagans Spezialgebiet!«
»O Gott. Jetzt aber zu etwas anderem: Ich habe alles zusammengepackt. Morgen hole ich dich aus dem Krankenhaus ab. Du kannst im Cottage übernachten, und übermorgen fahren wir gemeinsam ins Strandhaus. Fühlst du dich kräftig genug, um zu verreisen?«
»Darüber wollte ich mit dir reden, Alice …«
Doch sie hörte nicht zu. »Netta kommt nicht mit. Sie wurde von der Polizei belästigt und sogar von Thoras Anwalt. Wie dreist von ihm! Sie möchte zu ihrer Mutter nach Hause fahren, was ich ihr nicht verübeln kann. Für das Mädchen muss die letzte Zeit schrecklich gewesen sein. Dieser Forbes, der Anwalt, hat sie sogar über Thoras Männerbesuche ausgefragt, was für ein Skandal! Das arme Ding wusste nicht aus noch ein.«
»Hatte sie denn Männerbesuche, Alice?«, fragte Clem ruhig.
»Nur einen, von diesem furchtbaren Tanner, doch er war eigentlich auf der Suche nach dir.«
»Tanner? Oh ja, er hat mich gesucht, weil er dachte, ich hätte ihn der Fälschung bezichtigt. Was hat er zu Thora gesagt?«
»Woher sollte Netta das wissen? Sie horcht nicht an der Tür. Das arme Mädchen hat Mr. Forbes wieder und wieder gesagt, dass sie Tanner nur hereinkommen und nach dir fragen hörte. Später hat sie Mrs. Price schreien hören. Sie war wütend. Wies ihn aus dem Haus. Wenigstens war Thora genügend auf Zack, um ihn hinauszuwerfen. Schade, dass sie nicht mehr Vernunft bewiesen hat …«
»Ich dachte, wir wollten nicht über Thora sprechen.«
»Ich sage nur, was ich denke. Jedenfalls wird Netta morgen abreisen, doch das ist nicht weiter schlimm. Ich kann mich ab jetzt um Lydia kümmern. Morgen wirst du ja entlassen.«
Clem fragte sich, was Tanner Thora erzählt haben mochte. Wirklich den Kopf zerbrechen musste man sich allerdings über Lil Cornish. Wie würde Lydias leibliche Mutter auf all das reagieren?
»Alice«, sagte er, »ich habe es mir anders überlegt. Thoras Fall wird erst später verhandelt. Ich halte es für besser, wenn du mit Lydia nach Lancoorie fährst, und
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