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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Weise.
    Die Frau, die Caroline als Baby ignoriert hatte, war begeistert von dem Kleinkind, das große Sympathie für sie hegte. Caroline lief die ganze Zeit um sie herum, brachte ihr Spielzeug, warf es ihr in den Schoss und versuchte sogar, auf ihre Knie zu klettern.
    Als Lil sie bremsen wollte, hielt Lavinia sie zurück. »Nein, Lass nur. Sie ist ein liebes kleines Mädchen.«
    Lavinia amüsierte sich über Caroline, die Hand in Hand mit ihr spazierenging und sie aus unerfindlichen Gründen »May« nannte.
    »Nein, das ist Miss Lavinia«, sagte Lil respektvoll.
    »Du darfst nicht erwarten, dass sie dieses Wort schon aussprechen kann. ›May‹ genügt vollkommen«, lachte Lavinia.
    Lil bemerkte, das sie Lavinia nie zuvor lachen gehört hatte. Vermutlich hatte es in dieser Anstalt überhaupt nichts zu lachen gegeben, so dass jetzt schon der kleinste Anlass genügte.
    Mit fortschreitender Genesung interessierte sich Lavinia auch wieder mehr für das Haus. »Ich freue mich zu sehen, dass er das Anwesen in Schuß gehalten hat. Allerdings vermute ich, dass das in erster Linie dir zu verdanken ist«, sagte sie eines Tages zu Lil.
    »Ich habe getan, was ich konnte. Soll ich Ihnen die Haushaltsbücher bringen?«
    »Nein, ein anderes Mal.«
    Doch nachdem Lavinia das Haus und die Farm inspiziert und alles zu ihrer Zufriedenheit vorgefunden hatte, wusste sie nicht mehr weiter. Sie überließ Lil die Haushaltsführung, saß stundenlang auf der Veranda und blickte auf den Fluss. Nur Caroline leistete ihr Gesellschaft. Auch abends saß sie oft dort, eine einsame alte Frau.
    »Ich frage mich, wie lange dieser Zustand anhält«, sagte Lil zu Jordan. »Ich warte darauf, dass sie wieder das Zepter schwingt wie in alten Zeiten.«
    »Es ist diese Anstalt. Sie hat ihre Persönlichkeit zerstört.«
    »Oh, nein. Manchmal schlägt ihr altes Wesen durch. Sie bekommt eine ganze Menge mit. Dass das Badezimmer einen neuen Anstrich braucht, dass Türknöpfe fehlen, dass der Kronleuchter schmutzig ist … Um all das soll ich mich kümmern. Aber immerhin trinkt sie nicht mehr.«
    Anscheinend hatte sie auch nicht einfach nur herumgesessen und gegrübelt, denn eines Nachmittages bat sie Lil zu sich und deutete auf ein Flussboot, das gerade vorüberfuhr.
    »Nicht alle Leute auf diesem Boot haben ein festes Reiseziel. Sie wollen einfach nur die Landschaft genießen. Mir ist aufgefallen, dass sie häufig dieses Haus anstarren.«
    »Ja, Minchfield House ist eine echte Attraktion.«
    »Das stimmt. Ich dachte daran, sie zum Tee einzuladen.«
    Lil war verblüfft. »Sie wollen einen Nachmittagstee geben?«
    »Ganz sicher nicht! Ich möchte ihnen morgens oder nachmittags Tee servieren und sie dafür bezahlen lassen. Der Salon ist der größte Raum und liegt direkt am Vordereingang. Ich könnte Tische hineinstellen und einen anständigen Tee servieren, mit Kuchen und allem, was dazugehört. Meinst du, die Köchin bekäme das hin?«
    Das sollte sie, dachte Lil. Lavinias Frage hatte eher wie ein Befehl geklungen. Fasziniert hörte Lil zu, als Lavinia ihr den Plan in allen Einzelheiten erläuterte. Sogar über die Schiffer hatte sie sich Gedanken gemacht.
    »Sie wären froh über die zusätzlichen Gäste, die ihnen die
Minchfield Tea Rooms
bringen würden. Und die Besucher hätten die Gelegenheit, sich Haus und Park aus der Nähe anzusehen. Sie würden sicher gern dafür bezahlen.«
    »Wir brauchen kleinere Tische für den Raum«, sagte Lil, »mehr Stühle, eine Serviererin.« Sie wusste, dass sie eigentlich auf zwei neuen Hausmädchen hätte bestehen sollen, doch sie wollte sich nicht unbeliebt machen. Falls Miss Lavinia diese Idee in die Tat umsetzte, wäre ihre Stelle gesichert.
    »Daran habe ich schon gedacht. Morgen stellen wir eine Liste zusammen. Das könnte eine interessante Sache werden – solange wir nur das Beste vom Besten servieren, so wie es sich für dieses Haus gehört.« Sie sah Lil über den Rand ihrer Brille prüfend an.
    Der Arzt kam nicht mehr zu Besuch, doch seine Gattin und einige andere Frauen sprachen gelegentlich vor und erfuhren schließlich die Neuigkeit.
    »Was ist das für eine Geschichte mit diesem Teesalon?«, wollten sie von Lil wissen.
    »Da müssen Sie sich an Miss Lavinia wenden.«
    Später hörte Lil, wie die Frauen ihr gratulierten. »Das ist eine tolle Idee, Lavinia! Doch du wirst dich hoffentlich nicht auf Tagesausflügler beschränken. Du musst uns gestatten, ebenfalls zu kommen.«
    Offensichtlich verlieh Lavinia

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