Leuchtendes Land
gut genug für sie?«
»Ich sage, du bist zu gut für Frauen wie Thora Carty, aber sie wird es anders sehen.«
»Aber sie will mich doch heiraten.«
»In ihrer Situation würde sie jeden heiraten.«
»Einen Moment mal«, warf Mike ein, nachdem er sein kaltes gepökeltes Hammelfleisch gegessen und Messer und Gabel fein säuberlich neben den Teller gelegt hatte. »Ihr solltet euch deswegen nicht streiten. Gehen wir die Sache mal ruhig an. Wie ist diese Thora denn so?«
Alice ergriff nur zu gern die Gelegenheit. »Sie ist groß und dünn, hat helles Haar und trägt ihre Nase hoch, als würde es weiter unten schlecht riechen.«
»Versuchen wir es noch einmal«, drängte Mike sie mit einem Lächeln. »Sieht sie gut aus? Oder wollen sie dir eine hässliche Frau andrehen, Clem? Bitte antworte mir, Alice.«
So weh es auch tat, Alice musste zugeben, dass Thora von den drei Carty-Töchtern am besten aussah und vermutlich das hübscheste Mädchen von ganz York war.
»Eher elegant als hübsch«, erklärte Clem. »Ich hätte nie gedacht, dass ich je in ihre Nähe gelangen würde. Sei ehrlich, Alice, sie hat eine Haut wie Sahne ohne eine einzige Sommersprosse, und das weiß sie verdammt genau. Sie hat langes, glattes weizengelbes Haar.«
»Das nennt man blond!«
»Mit anderen Worten, sie wäre ein guter Fang«, sagte Mike. »Du hast selbst gesagt, sie wäre sonst völlig außerhalb deiner Reichweite.«
»Ein leicht beschädigter Fang«, meinte Alice abschätzig.
»Alice, nun hab doch ein wenig Mitleid mit dem Mädchen. Bist du so herzlos, dass du ihr nicht einmal Schutz gewähren willst? Kannst du dir nicht vorstellen, wie es jetzt in ihr aussieht? Versetz dich in ihre Lage. Wärst du nicht auch dankbar für ein freundliches Wort von einem anständigen jungen Mann wie Clem? Stell dir vor, wie ihre ehrgeizigen Eltern sie ins Gebet genommen haben! Verstehst du nicht, welch eine Zuflucht ihr Lancoorie bieten könnte, Lancoorie und das Leben mit einem anständigen Mann und einer netten jungen Frau wie dir? Sie braucht ihn ebenso sehr wie dich und wird deine Freundschaft zu schätzen wissen. Sie könnte dir eine Schwester sein, die sich auf deine Stärke verlässt, wenn du ihr sagst: ›Zum Teufel mit dem ganzen Tratsch und Klatsch.‹«
Staunend verfolgte Clem, wie Alices Widerstand allmählich schwand. Er wusste, dass Mike ein Fenier war und dass dies irgendetwas mit Politik zu tun hatte. Bei der Arbeit hatten sie sich schon so manchen Sermon anhören müssen, doch die gingen bei allen zu dem einen Ohr hinein und zu dem anderen wieder hinaus. Noch nie zuvor hatte er Mike eine echte Rede halten hören, und nun stellte er fest, dass sein Charisma auch ihn mitriß. Wenigstens für diesen Augenblick.
Da Carty den Whisky dagelassen hatte, setzten sich Clem und Mike auf die Veranda, um die Flasche zu leeren.
»Was ist nun mit der Mitgift?«, wollte Mike wissen.
Clem war dankbar für seine Gesellschaft. »Er sagt, sie bringe zweihundert Pfund und Land mit in die Ehe. Eine wahrhaft königliche Mitgift, Mike. Wie könnte man da nein sagen?«
»Du brauchst nicht nein zu sagen. Aber du solltest alles schriftlich festlegen.«
»Was willst du damit sagen? Er würde sein Angebot nicht widerrufen.«
»Ist alles schon vorgekommen. Dein alter Herr hätte ein Dokument verlangt.«
»Meinst du wirklich?«
»Pass gut auf, Junge, und Lass es dir schriftlich geben. Sie sollen das Land auf deinen Namen überschreiben, nicht auf den von Thora. Ich will dich nicht entmutigen, glaube aber dennoch, dass sie dich ausnutzen. Was passiert, wenn sie das Baby bekommt und heim zu Mama läuft? Behauptet, du seist ein schlechter Ehemann. Keiner von euch beiden ist katholisch. Sie kann sich legal von dir scheiden lassen und ihren Anteil einfordern. Womit wir dann wieder am Anfang wären.«
»Aber eine Frau gehört zu ihrem Mann.«
»Vorübergehend, mein Junge. Schwangerschaften dauern nun mal nicht ewig. Immerhin tust du dieser hochnäsigen Familie einen Gefallen und solltest dafür einen anständigen Preis fordern.«
»Meinst du, ich sollte sie heiraten?«
Mike hob sein Glas. »Lass das Gewäsch, mein Sohn, du hast doch daran gedacht, seit das Wort ›Mitgift‹ fiel. Du und ich, wir werden uns bestimmt noch eine Weile gemeinsam durchs Leben schlagen.«
Seine guten Manieren hielten Clem davon ab, den Sträfling zu fragen, was er damit meinte, doch als er später mit Carty über die Mitgift verhandelte, erinnerte er sich an Mikes
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