Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
Vom Netzwerk:
Warnung.
    »Wenn ihr zum Kern der Sache kommt, solltest du dem Beispiel deines Vaters folgen und dich ebenso unnachgiebig zeigen, wie er es getan hätte.«
     
    Alice fand, es sei kaum zum Aushalten. Sie fühlte sich unbehaglich, da sie ein Zimmer mit Lettice Carty teilen musste, und wäre überall lieber gewesen als in diesem straff geführten Haushalt, wo Dienstmädchen herumhuschten, die Eltern sich wie gekränkte königliche Hoheiten betrugen und Töchter heimlich in den Ecken kicherten. Thora hatte ein eigenes Zimmer und überhaupt nichts zu sagen. Bei der Ankunft von Clem und Alice tauchte sie in einem herrlichen Sommerkleid auf, schien aber mit den Gedanken ganz woanders zu sein.
    Das Kleid war gelb – aus Schweizer Organza, wie ihre Schwestern erklärten – und mit winzigen Blumensträußen bestickt. Unter einer breiten Schärpe wölbte sich der Rock wie ein Blütenkelch. Das Oberteil hatte einen runden Halsausschnitt und anstelle eines Kragens eine romantische Rüsche aus Georgette.
    Neben dieser Frau, die noch dazu ihr Haar im klassischen Stil aufgesteckt trug, wie es älteren Frauen zustand, kam Alice sich schäbig vor. Und dann noch die Perlenkette! Alice war den Tränen nahe.
    Doch würde Clem auf sie hören? Bestimmt nicht. Man hatte ihn anstandshalber bei Mr. und Mrs. Tanner einquartiert, und er war mit dem Versprechen, später wiederzukommen, erst einmal dorthin gegangen.
    Mrs. Carty fragte Alice, ob sie nach dem Essen ruhen wolle, und sie bejahte die Frage, obwohl sie ihr ein wenig seltsam vorkam. Aber sie hatte eine lange Fahrt hinter sich und war froh, als sie endlich im Unterrock auf Lettices Bett lag. Schließlich ertönte von draußen die Stimme ihres Bruders. Sie kleidete sich rasch wieder an und ging hinunter.
    Obwohl sie ihm zuflüsterte, dass sie gern mit ihm allein einen Spaziergang durch die Stadt unternehmen würde, weigerte er sich und zischte zurück: »Nicht jetzt, Alice, bitte.«
    Also kehrte sie ins Schlafzimmer zurück und blieb dort trübsinnig sitzen, während die jüngeren Mädchen im Garten Ball spielten. Von allen vergessen, fragte sie sich, was wohl im Wohnzimmer vor sich gehen mochte.
    Mrs. Carty war bei Clems erster Unterhaltung mit Thora zugegen, obwohl dieser nicht genau wusste, woran er mit seiner Zukünftigen war. Thora wirkte noch nervöser als er selbst.
    Er rang ihr immerhin die Aussage ab, dass sie ihn gerne heiraten würde. Mrs. Carty in ihrem schwarzen, perlenbesetzten Kleid indessen gab ihm das Gefühl, als schwebte eine drohende Wolke im Raum.
    Sie dominierte die Unterhaltung, erklärte ihnen, wie gut sie doch zueinander passten und wie glücklich die Familie sei, wenn sich eine Verbindung ergäbe. Viel heiße Luft, dachte Clem, aber er hatte plötzlich nur noch Augen für Thora. Sie wirkte wie die Eisprinzessin im Märchen. Wie dreist musste Matt Spencer gewesen sein, dass er es hatte wagen können, sich diesem Geschöpf zu nähern, einmal abgesehen davon, was er ihr angetan hatte. Es war schier unmöglich, sich das überhaupt vorzustellen, vor allem, da Thora noch so jungfräulich aussah.
    Es gab nur eine Chance, dieses Affentheater zu beenden. Als sich Mrs. Carty auf die Suche nach ihrem Mann machte, der vermutlich unmittelbar hinter der Tür lauerte, sah Thora Clem ängstlich an.
    »Clem, du musst es nicht tun, wenn du nicht möchtest.«
    In diesem Moment flog ihr sein Herz entgegen. »Thora, was möchtest
du
denn?«
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Es ist ein schreckliches Durcheinander, nicht wahr?«
    Clem schaute sie an. »Das sollte es nicht sein. Du bist wunderschön, das meine ich ganz ehrlich. Als ich dich heute sah, war ich völlig aus dem Häuschen. Ich hätte nie gedacht, dass ich bei dir eine Chance hätte.«
    »Hattest du auch nicht, bis meine Eltern mich dir angeboten hatten. Ich hasse sie.«
    Clem ging zur Tür und verriegelte sie. »So, nun werden wir uns allein unterhalten.«
    »Gut, du hast sie ausgesperrt!«, Sie lief zur Tür und lehnte sich dagegen. »O Gott, es ist alles so furchtbar.«
    »Setz dich, Thora. Was können wir tun? Soll ich Matt Spencer suchen und hierher bringen?«
    »Auf gar keinen Fall! Clem, das würdest du mir doch nicht antun, oder? Als ich es ihm sagte, war er so grausam …« Ihre Augen schwammen in Tränen. »Er hat Dinge gesagt …«
    »Denk jetzt nicht daran. Er ist offensichtlich verschwunden. Allerdings weiß ich nicht, was ich nun machen soll. Das kam alles ein wenig plötzlich.«
    »Natürlich.

Weitere Kostenlose Bücher