Leuchtendes Land
Kerl, hätte ich es Ihnen leichter gemacht, aber so …« Er zuckte die Achseln. »Geschäft ist Geschäft.«
Clem bluffte, doch der Ärger hatte ihm genügend Mut gemacht, um Mike Deagans Rat zu befolgen und nicht von seiner Meinung abzurücken.
»Es wird erledigt«, sagte Carty steif. »Wenn du mich nun entschuldigen würdest. Ich habe noch einige Besuche zu machen.«
Alice wehrte sich nicht dagegen, wieder ihr altes Zimmer zu beziehen. Angesichts der Lage schien es unvermeidlich zu sein.
»Das hat ja nicht lange gedauert«, seufzte sie. Clem gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Du bist ein Schatz, Al.«
Der Schatz verkniff sich auch jeden Kommentar, als Carty mit einigen Zimmerleuten eintraf und mit Clem den Umbau des Hauses besprach. Niemand fragte sie um Rat, doch das störte sie nicht weiter, da sie sich seit dem Tag, an dem die Hochzeit beschlossen worden war, völlig verwirrt fühlte. Sie mißbilligte die ganzen Arrangements, von der Hochzeit draußen vor der Stadt bis hin zu den Geschäften zwischen ihrem Bruder und dem Doktor, hielt sich jedoch aus Loyalität zu Clem zurück. Denn mit dieser Heirat war noch ein weit schwerwiegenderes Problem verbunden – eine andere Frau kam ins Haus. Ausgerechnet Thora Carty, die während Alices Aufenthalt im Haus der Cartys kaum ein Wort mit ihr gewechselt hatte.
Beim Abschied hatte sich Alice einen Ruck gegeben. »Ich würde mich freuen, dich auf Lancoorie begrüßen zu können, Thora. Wir werden uns gut verstehen.«
Thora hatte sich auf die Lippe gebissen, genickt und ihr gedankt. Das war alles gewesen.
»Ein wunderbarer Anfang«, dachte Alice verbittert. »Was soll nur aus uns werden?«
Die Männer beschlossen, die lange Veranda vollständig zu schließen und sie in einen Wohnraum mit Kippfenstern zu verwandeln, die einen schönen Ausblick boten. Alice lächelte. Es war nur eine Erweiterung dessen, was Dora sich gewünscht hatte. Sie hörte, dass man das alte Waschhaus durch ein Badezimmer ersetzen würde. Dagegen war nichts einzuwenden. Fasziniert lauschte sie, als Carty und Clem darüber diskutierten, was erforderlich war und was nicht. Allmählich dämmerte ihr, dass die beiden es genossen, wie Pferdehändler um den besten Preis zu feilschen, und hätte sie sich nicht erst eine eigene Meinung über alles bilden wollen, so hätte sie Mitleid mit Thora empfunden.
Die Hochzeit war eine Katastrophe. Noch dazu wälzte sich vom frühen Morgen an ein heftiger Staubsturm durch die Ebene und überzog alles mit einem Mantel aus feinem Sandstaub. Dadurch wurde die Hitze noch unerträglicher. Frische Blumen welkten bei diesem Wetter sofort. Die Frau des Pastors hatte ihr Bestes getan, indem sie verstaubte Gummibäume vor dem Kirchenportal aufgestellt hatte. Auf Alice wirkte diese Maßnahme eher wie die Vorbereitung eines Freudenfeuers.
Sie spürte den Drang, hysterisch zu lachen, als sie mit Clem und den Postles draußen vor der windumtosten Kapelle wartete, Meilen von jeder menschlichen Siedlung entfernt, vor ihnen nur die endlose sandige Straße, die wie die Spur einer Gewehrkugel von der Küste schnurgerade ins Landesinnere drang. »Das ist nicht komisch«, sagte sie sich und drängte sich mit den anderen dichter an die Seitenwand der Kirche, doch sie konnte das aufsteigende Gelächter kaum unterdrücken. Sie schluckte und wandte sich an Les Postle, der Clems Trauzeuge sein würde. Es war eine recht armselige Wahl – Mike Deagan wäre besser gewesen –, doch wenn ein Sträfling mit Clem vor den Altar getreten wäre, hätten die Cartys dies vermutlich als Beleidigung aufgefasst.
»Wohin führt diese Straße, Les?«, fragte sie.
»Weiß nich’. Geht immer Richtung Osten. Die Siedler bauen sie weiter. Irgendwo da draußen hört sie dann auf.«
Alice brach in Gelächter aus, das sie schnell als Hustenanfall tarnte. Les klopfte ihr hilfsbereit auf den Rücken. »Alles klar? Dieser verdammte Staub.«
Sie nickte und dachte insgeheim, wie nett es doch gewesen wäre, diese Leute, die ihren kleinen Bruder zu dieser würdelosen Farce überredet hatten, durch die Einladung eines Sträflings zu verärgern.
Nach einiger Zeit tauchte die Gesellschaft wie eine Wüstenkarawane aus den Staubwirbeln auf. Zuerst kam das Gig, dann eine von Cartys Passagierkutschen.
Der schneidende Wind brachte das Protokoll durcheinander, und alle drängten gleichzeitig in die Kirche. Schließlich tauchte auch Thora aus der Menge auf, und Alice seufzte tief. Noch nie hatte sie
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