Leuchtendes Land
Ich frage mich, was du damit bezweckst. Wenn du noch mehr anschaffst, werden sie verhungern. Wir haben zu wenig Weideland.«
»Keine Sorge, Alice. Wenn wir genügend Tiere haben, gehe ich mit Ted auf Trieb. Wir bringen sie auf das Land in Birimbi; schließlich liegt es brach.«
»Aber es gehört dir nicht. Es ist immer noch Dr. Cartys Grund und Boden.«
»Es wird mir aber gehören, und Carty ist ohnehin nicht da. Wie sollte er davon erfahren? Ich brauche das Land
jetzt
.«
»Wie willst du es finden?«
»Tanner hat mir den Weg beschrieben. Es klingt alles sehr vielversprechend. Außerdem liegt es in der Nähe von Northam.«
»Was hat das damit zu tun?«
»Die Straße nach Fly Flat führt durch Northam.«
»Na und?«
»Wart’s ab.«
»Wenn es zum Schlimmsten kommt, kann ich sie mästen und verkaufen, und nur die besten Wolllieferanten bleiben auf Lancoorie«, dachte Clem. »Vielleicht verliere ich ein bisschen, aber man muss den Versuch wagen.«
Schließlich machten er und Ted sich mit tausend Schafen und drei Hunden auf den Weg. Als sie das Gelände namens Carty Downs erreichten und sahen, dass es bereits eingezäunt war, machte Clem vor lauter Freude einen Luftsprung.
»Gehört dir das Land?«, erkundigte sich Ted.
»Nein, ich habe es gepachtet«, erwiderte Clem. »Treiben wir sie hinein.«
Es war tatsächlich schön gelegen. Nach Osten erstreckten sich die weiten Weideländer, und Northam lag nur wenige Meilen entfernt. Clem hätte sich die kleine Stadt gern angeschaut, doch er sorgte sich um Thora und wollte so schnell wie möglich nach Hause.
Sein Helfer war anderer Meinung. Clem wusste, dass auch Lil Cornish jeden Tag niederkommen konnte, doch ihren Mann schien es nicht weiter zu kümmern.
»Die Abos kommen vorbei, wenn sie Hilfe braucht. Die wissen immer, was gerade so passiert. Sie kann doch nicht von mir erwarten, dass ich danebenstehe. Außerdem wollte ich gar kein Kind.«
Clem betrachtete den schlaksigen Mann mit dem ungepflegten Bart, der sein dichtes Haar mit einer Kordel zusammengebunden trug, und fragte sich, wie eine Frau diesen Kerl überhaupt hatte heiraten können. Am liebsten hätte er ihn gepackt und ihm seine Wolle abgeschoren, um einmal das Gesicht zu sehen, das sich hinter dem Gestrüpp verbarg.
»Du redest gerade so, als hättest du nichts damit zu tun.«
»Hm … Frauen sollten eigentlich Bescheid wissen.«
Angewidert wandte Clem sich ab. »Du bleibst hier. Ich reite zu dem Haus auf dem Hügel dort drüben und stelle mich vor. Sie werden sich fragen, was wir hier eigentlich treiben.«
»Wir könnten auf einen Drink nach Northam reiten.«
»Nein, wir werden heute nacht hier unser Lager aufschlagen und morgen früh nach Hause zurückkehren.«
»Wie lange willst du die Herde hierlassen?«
»Das habe ich noch nicht entschieden.«
Er war froh, Ted wenigstens für eine Weile los zu sein und beschloss, beim nächsten Mal einen seiner eigenen Männer mitzunehmen. Sie würden ihm besser Gesellschaft leisten als diese Kreatur.
Auch Lil Cornish war froh, ihren Ehemann eine Weile nicht ertragen zu müssen. Sie holte einen klapprigen Stuhl aus ihrer Hütte, die kaum besser war als ein Schuppen, und stellte ihn vor die Hintertür in die Sonne. Dann legte sie sich eine Decke über ihre Knie und überließ sich ihren Träumen.
Ihre Eltern waren Treiber. Solange sie denken konnte, zogen sie die Viehrouten im Südwesten des Staates entlang und trieben Schafe über große Entfernungen hinweg zu Farmen und Viehhöfen. Als zuverlässige Treiber hatten Bud und Bonnie Roper immer genug zu tun. Sie lebten unter dem Dach der Sterne, und ihre Heimat war ihr Wagen.
Ihre Tochter hatten sie überallhin mitgenommen. Als Lil sieben war, hatte sie schon ihr eigenes Pferd besessen, eine ruhige Stute, die genau zu wissen schien, dass sie ein Kind auf ihrem Rücken trug.
Lil erinnerte sich gern an die gute, alte Floss, wie sie hinter dem Wagen hergetrabt war und sich nicht darum gekümmert hatte, wenn das Mädchen den Männern im wilden Galopp hatte folgen wollen. Und traurig dachte sie an den schrecklichen Morgen, als Floss tot in einem Feld voller purpurroter Wildblumen gelegen hatte.
»Sie hatte ein gutes Leben, Lil«, hatte ihr Vater gesagt, um sie zu trösten. »Sieh dich um. Sie ist ganz ruhig und friedlich eingeschlafen.«
Damals war Lil zehn, und als Ersatz für Floss erhielt sie ein richtiges Treiberpferd namens Pip.
Dieser Pip konnte vielleicht rennen. Er war nicht zu halten und
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