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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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genoss den Trieb genauso wie seine Reiterin. Von da an gehörte Lil zum Team. Sie ritt gut und verstand sich auf ihre Arbeit. Sie befahl den Hunden mit Pfiffen, die Herde bei dem langen Trieb durch die Wälder zusammenzuhalten, kundschaftete die Ebenen aus und war in der Lage, sich von jeder Position aus mit ihren Eltern zu verständigen. Meist waren sie nur zu dritt, doch bei größeren Herden heuerte ihr Vater zusätzliche Treiber an, die mit ihnen auf Wanderschaft gingen.
    »Es war ein gutes Leben«, murmelte sie vor sich hin und sah den mageren Küken zu, die vor ihr am Boden scharrten. »Mum und Dad waren gern unterwegs. Abends am Lagerfeuer erzählten sie Geschichten von all den Leuten, denen sie begegnet waren. Wenn andere Treiber dabei waren, hatten wir viel Spaß, haben gesungen, Witze gerissen und noch mehr Geschichten erzählt. Wir hatten überhaupt keine Sorgen.«
    Doch als sie älter wurde, hatte Lil sich nach einem richtigen Zuhause gesehnt, das ihr allein gehörte. Vor allem, wenn sie die gepflegten Wohnhäuser sah, die einen vor Regen und Kälte schützten, oder Mädchen ihres Alters, die so selbstsicher wirkten, weil sie wussten, wohin sie gehörten. Wie gern wäre auch Lil Teil einer solchen Gemeinschaft gewesen.
    Dann trafen sie einige Treiber auf der Great Eastern Road. Lil hasste Straßen wie diese, weil es dort nichts zu sehen gab als endlose Ebenen, in denen man nirgends Schutz vor dem Wind fand. Im Sommer glühten sie vor Hitze, im Winter herrschte hier beißende Kälte. Im Süden hingegen waren Landschaft und Klima viel lieblicher.
    Einer der Treiber war Ted Cornish. Da es Bud an Leuten fehlte, stellte er Ted an, der gern bereit war, mit Buds neuer Herde nach Süden zu ziehen, obwohl er angeblich eine Farm in der Nähe von York besaß.
    Als er anfing, Lil zu umwerben, war sie zunächst wenig beeindruckt, doch Ted blieb hartnäckig bei der Sache. Immerhin nannte er eine Farm mit einem dazugehörigen Wohnhaus sein Eigen.
    »Der Nestbauinstinkt schlägt bei ihr durch«, bemerkte ihr Vater lachend, doch ihre Mutter war vorsichtig.
    »Lil, du brauchst es nicht übers Knie zu brechen. Warte doch noch, du bist erst achtzehn.«
    »Ihr habt etwas gegen Ted«, beklagte sich Lil.
    »Ich sage ja nicht, dass ich ihn nicht mag. Er wirkt recht höflich, aber ich kenne ihn überhaupt nicht.«
    »Wie soll ich jemanden kennenlernen, wenn wir die ganze Zeit durch die Gegend ziehen?«
    Ihre Mutter seufzte. »Du hast dich also entschlossen?«
    »Ja.«
    »Dann kannst du dich verloben. Um die Hochzeit kümmern wir uns später.«
    »Nein! Ted kehrt nach Hause zurück, wenn dieser Trieb beendet ist. Er möchte, dass ich mitkomme.«
    Sie heirateten in einem kleinen Dorf namens Brookton. Ihre Flitterwochen bestanden aus einem langen, gemütlichen Ritt zu Teds Farm, die angeblich im Avon Valley lag.
    »Am äußersten Rande!«, sagte sie verbittert und schaute sich um. »Oh, ja, er ist höflich gewesen«, fügte sie hinzu, »bis wir hier ankamen. Dann hat er sich in den Boss verwandelt und ich mich in seine Dienstmagd.«
    Sie hatte damals nicht erwartet, dass Ted ein tolles Haus besaß, doch seine Hütte versetzte ihr einen echten Schock. »Hier können wir doch nicht leben«, rief sie. »Alles ist verdreckt.«
    »Hier hat lange keiner gewohnt«, entgegnete er wütend. »Was hattest du denn erwartet?«
    »Nach deinen Reden jedenfalls etwas Besseres als das hier.«
    »So eine Frechheit! Was hattest du denn vorher? Nichts! Nichts außer einem alten Wagen. Du hast noch nie in deinem Leben ein Dach über dem Kopf gehabt und beklagst dich jetzt über mein Haus. Na ja, wenn es so schlimm ist, kannst du es ja sauber machen. Ich besorge inzwischen Vorräte in York.«
    Lil musste zugeben, dass er auf seine Weise recht hatte. Außenstehenden mochte der Lebensstil der Ropers ziemlich seltsam erscheinen. Und hatte sie sich nicht selbst letztendlich ein richtiges Zuhause gewünscht? Sie konnte ihm einfach nicht begreiflich machen, dass keines ihrer provisorischen Lager je in einem derart ungepflegten Zustand gewesen war wie dieses Haus. Da sie keinen Streit wünschte, machte sie sich ans Werk, sobald Ted davongeritten war.
    Wie hart sie gearbeitet hatte! Ihr neues Heim war ein Schuppen, der aus mit Lehm beworfenem Flechtwerk, einem Blechdach und einem Fußboden aus ungehobelten Brettern bestand. Es gab nur ein Zimmer, das mit einer Segeltuchpritsche, die als Bett diente, einem Küchentisch mit vier Stühlen eingerichtet war und einen

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