Leuchtendes Land
unbedingt.«
Dass seine Schwester in einer solchen Situation einen so kühlen Kopf bewahrte, erstaunte Clem.
»Was für einen Unterschied macht es für dich, wenn du eines dieser Babys aufziehst? Thoras Kind war ohnehin nicht von dir.«
»Und was ist mit Mrs. Dodds? Was wird sie zu alldem sagen?«
Alice lächelte. »Keine Sorge, sie wird dich für einen Heiligen halten. Du weißt doch noch, dass sie die Frau des Pastors ist? Und eine sehr strenge, moralische Frau obendrein. Empfand nicht viel Mitgefühl für die arme Thora. Hat etwas vom Preis der Sünde gemurmelt. Es klang so gemein, und ich hoffe, Thora hat sie nicht gehört. Einmal hätte ich sie beinahe deswegen angefahren. Aber wir brauchen sie, und ich werde mit ihr sprechen.«
Mrs. Dodds trank ihren Tee und nickte nachdenklich. »Ich glaube, hier ist Gottes Hand am Werk. Dein Bruder würde einem dieser kleinen Mädchen einen großen Gefallen tun, wenn er es bei sich aufnähme. So wäre wenigstens für dieses Kind die Zukunft gesichert. Ich habe gesehen, wie die Cornishs leben.«
Alice seufzte. »Ich fürchte nur, dass Dr. Carty Einwände gegen die Adoption eines fremden Kindes vorbringen könnte.«
»Was hat er damit zu tun? Warum ist er nicht hiergeblieben, statt in Urlaub zu fahren? Seine Vertretung ist noch immer nicht eingetroffen, und ich musste quer übers Land zu den Frauen fahren, die er hätte betreuen sollen. Wenn er zurückkehrt, werde ich ihm die Meinung sagen. Dennoch glaube ich, dass der gute Herr hier am Werk gewesen ist und alles richten wird, Alice.«
»Es sieht ganz so aus.«
»Es ist so. Das kleine Baby, das gestorben ist, war nicht Clems Kind.« Sie rümpfte die Nase. »Dessen bin ich mir durchaus bewusst. Gott hat ihn gebeten, vorzutreten und der Vater zu sein, und er hat es getan. Nun bittet Gott ihn wieder, sein Diener zu sein und für ein anderes Kind zu sorgen. Er kann sich nicht weigern. In der Tat habe ich schon mit diesem Ted Cornish gesprochen und halte ihn für unfähig, auch nur ein Kind aufzuziehen. Im Namen des Herren – wir müssen wenigstens ein Baby erretten.«
»Alles hängt von Mrs. Cornish ab«, bemerkte Alice.
»Nein, von Gott. Lass uns dafür beten, Alice.«
Ihre Stimmen drangen undeutlich durch den Vorhang ihrer furchtbaren Müdigkeit und zermalmten Lil, als wären sie Wagenräder, die über sie hinwegrollten. Mrs. Dodds argumentierte und betete, Ted jammerte und pochte auf sein Recht, und Miss Price hielt die Adoption für die beste Lösung.
»Es sind entzückende kleine Mädchen«, sagte Mrs. Dodds, »aber das kleinere benötigt besondere Pflege. Sie möchten für Ihre Kinder doch das Richtige tun, nicht wahr?«
»Wenn du willst, verkaufe ich die Farm«, glaubte sie Ted sagen zu hören.
Lil war verwirrt. Sie hatte von Mädchen gehört, die ihr einziges Kind zur Adoption freigaben, eine schreckliche Vorstellung. Herzzerreißend. Endlich hörte sie sich selbst sagen: »Dann bleibt mir wenigstens eins.« Und sie presste ihr Baby an die Brust, als wolle man ihr auch dieses nehmen.
»Sie sind eine gläubige junge Frau«, schmeichelte Mrs. Dodds. »Gott wird Sie beschützen, weil Sie Mrs. Price in ihrer schwersten Stunde Barmherzigkeit erweisen. Und er wird Sie belohnen, da bin ich mir sicher.«
Als alles besprochen war, wurde Lil von der Euphorie der anderen angesteckt. Sie war stolz auf sich, weil sie stark genug war, die richtige Entscheidung zu treffen. Sie dankte Gott dafür, dass ihre beiden Babys von ihren jeweiligen Müttern geliebt werden würden. Sie selbst würde mit einem Kind besser zurechtkommen. Und sie hatte Teds Versprechen, die Farm zu verkaufen, keineswegs vergessen.
Lil entschied sich, das andere Kind gar nicht erst anzusehen, da sie Angst hatte, in ihrem einmal gefassten EntSchluss wankend zu werden. Es hieß, Mrs. Price gehe es nicht gut, sie sei hochgradig erregt und habe sich auch während der Schwangerschaft nicht gut gefühlt. Lil nickte. Das klang ganz nach Thora, der Treibhausblume.
Alice war so glücklich über Lils Entscheidung, dass sie ihr zwei wunderschöne Babygarnituren und eine Decke für ihre Tochter schenkte, die den Namen Caroline erhalten sollte. Alle fanden ihn schön, und Lil strahlte vor Stolz. Während ihrer dritten und letzten Nacht auf Lancoorie versank sie wieder in ihren Zukunftsträumen. Ted hatte sein Versprechen gehalten, die elende Farm war bereits an Clem Price verkauft, dessen Besitz daran grenzte. Sie würden von hier
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