Leuchtendes Land
Adelaide?«
»Weil ich dort einen Vetter habe. Wir können auf seiner Schaffarm arbeiten.«
»Ich habe nichts dagegen, nach Adelaide zu fahren. Ich wollte schon immer mal eine Seereise machen. Ich hoffe nur, du sagst die Wahrheit, Ted Cornish, sonst möge Gott dir beistehen. Wir werden von nun an ein christliches Leben führen.«
»Mein Gott! Was ist denn in dich gefahren?«
»Nichts. Fahr bitte langsamer, sonst weckst du das Baby auf.«
Alice war so aufgeregt, ein Baby im Haus zu haben, dass sie sich nur noch um Mutter und Kind kümmerte.
Mrs. Dodds hatte das totgeborene Baby mit zu ihrem Mann genommen, damit er es bei der Kirche in geweihter Erde begraben konnte. »Baby Cornish« würde als zweites Mitglied der Gemeinde auf dem neuen Friedhof bestattet werden.
Als die Männer aus dem Lager am Staudamm zurückkehrten, präsentierte Alice ihnen das Baby so stolz, als sei es ihr eigenes, doch dann erschien Thora und verdarb alles, indem sie das Kind mitnahm.
Mike war darüber nicht böse. »Auf mein Wort, Mrs. Price sieht wieder richtig gut aus. Das Baby hat sie zum Strahlen gebracht.«
Selbst George gab murmelnd seine Zustimmung, als sie in ihre Unterkunft gingen, um sich vor dem Essen zu waschen.
Natürlich hatten die beiden recht. Thora war nicht mehr hinfällig. Sie war regelrecht aufgeblüht – eine schöne Mutter, die viel Zeit für ihr Äußeres aufwendete. Sie wusch sich ihr Haar, das sie offen trug, mit Regenwasser und bürstete es, bis es glänzte. Sie badete jeden Tag in nach Lavendel duftendem Wasser. Haut und Körper pflegte sie mit zarter Creme, Rosenwasser und Glyzerin. In ihrer kleinen Reisetasche bewahrte sie einen besonderen Balsam für ihre Hände auf und feilte und polierte Tag für Tag ihre hübschen Nägel.
Eigentlich hatte sich nichts geändert, sinnierte Alice. Vorher hatte sich Thora zu unwohl gefühlt, um im Haus zu helfen, und nun war sie nur noch mit sich und dem Baby beschäftigt. Clem liebte seine Frau vielleicht noch mehr als vor der Geburt, und Thora betrachtete seine Aufmerksamkeiten als Selbstverständlichkeit. Alice hatte keine Einwände, da sie den Haushalt gern allein führte. Hauptsache, Clem war glücklich. Doch allmählich dämmerte ihr, dass Thora einer leeren Hülle glich. Vermutlich reichten ihre Zurückhaltung und statuenhafte Schönheit aus, um Männern den Kopf zu verdrehen, dachte Alice missbilligend, denn sonst hatte diese Frau nichts Anziehendes zu bieten. Sie war eine unerquickliche Gesprächspartnerin und interessierte sich nicht einmal für Lancoorie oder Clems gegenwärtige Aktivitäten. Sie sprach nicht von ihrer Familie und fragte nie nach Clems Vergangenheit. Ihre Lektüre beschränkte sich auf Frauenzeitschriften, und auf die Idee zu kochen kam sie gar nicht erst.
»Wir hatten immer Köchinnen«, sagte sie zu Alice. Die Bemerkung war nicht herablassend gemeint und bewies nur, dass Thora sich damit zufriedengab, mit ihrem Baby in duftigen Kleidern durchs Haus zu schweben.
Wenn Clem zum Essen kam, saß sie artig neben ihm und gratulierte Alice zu ihren Kochkünsten. Clem freute sich darüber. Ansonsten sprach seine Frau nicht viel.
»Thora kann gut zuhören«, sagte er zu Alice. »Das muss ich ihr lassen.«
Es geht zum einen Ohr hinein und zum anderen hinaus, dachte Alice im Stillen.
Es war unmöglich, Thora nicht zu mögen, da sie so glatt war und keine Angriffsflächen bot. Bis auf ihre Eitelkeit war sie einfach die brave, kleine Ehefrau. Ich bin gespannt, wie lange es gutgeht, dachte Alice.
Zu Alices Belustigung hatte Thora das Baby Lydia May getauft.
»Warum nicht Lydia April?«
»Ich wäre dir dankbar, wenn du dich nicht über mich lustig machen würdest«, gab Thora beleidigt zurück, und Alice fiel ein, dass ihre Schwägerin keinerlei Sinn für Humor hatte.
»Tut mir leid, Thora. Lydia ist wirklich ein hübscher Name.«
Beim Sonntagsessen bemerkte sie jedoch, dass Thora über Mike Deagans Witze durchaus lachen konnte, egal, ob sie sie verstanden hatte oder nicht. In solchen Momenten kam sie sich neben dieser eleganten Frau unscheinbar und fade vor.
Der Carty-Clan traf bald darauf in einer Pferdekutsche des Doktors ein. Die meisten von ihnen waren auch bei der Hochzeit gewesen. Sie bewunderten das Baby, überschütteten es mit Geschenken, flatterten um Mutter und Tochter herum und beglückwünschten Clem, der seine Frau so ausgiebig herzte und küsste, dass es Alice peinlich war. Manchmal schien ihm Thora auszuweichen, doch er
Weitere Kostenlose Bücher