Level 26 – Dunkle Offenbarung
GQ-Magazin.
Er ist womöglich der Beste im Hause, und ich hasse ihn abgrundtief.
Nichts an meiner Mission ist persönlich …
Nun, ausgenommen dieser Teil.
(Ich habe es extra eingeschoben.)
Der Mann blickt auf. Er ist verwirrt, aber er lächelt. Sagt:
Meine Güte, ich hatte ja keine Ahnung, dass Sie vorbeischauen wollen! Möchten Sie einen Espresso, oder vielleicht etwas von der Bäckerei unten …
Ich falle ihm ins Wort und frage:
Strick oder Pistole?
Er blinzelt.
Verzeihen Sie bitte?
Ich antworte ihm:
Ich bin es nicht, den Sie um Verzeihung bitten sollten.
Er sagt:
Trey, kommen Sie, was soll das bedeuten?
Und dann zeige ich es ihm – die Pistole, die ich in der Tasche meines Jacketts habe, weil schon der Gedanke abwegig ist, dass der Sicherheitsdienst auf die Idee kommen könnte, mich zu durchsuchen, mich, einen ihrer großzügigsten Kunden. Und selbst wenn sie die Waffe gefunden hätten, dann hätte ich immer noch eine (gefälschte) Genehmigung vorweisen können, sie zu tragen, vor allem in Anbetracht meines (gefälschten) diplomatischen Status in diesem Land. Und selbst wenn sie mir trotz allem den Zugang mit der Pistole verwehrt hätten, wäre mir immer noch das Stück Hanfseil in meiner Aktentasche geblieben. Auch wenn ich enttäuscht gewesen wäre, meinem Anwalt nicht die Wahl lassen zu können:
Strick oder Pistole.
Er schreit,
OH MEIN GOTT.
Ich schieße.
Sein Büro liegt in der Ecke und ist gut abgeschirmt von den Arbeitsplätzen des Großraumbüros davor. Der Knall des Schusses ist gedämpft. Es könnte genauso gut ein Auto sein oder jemand, der ein Stück Verpackungsmaterial platzen lässt.
Das Gesicht meines Anwalts verzerrt sich. Er stolpert rückwärts und fällt fast auf seinen eigenen Schreibtisch.
Ich packe ihn bei der Krawatte, ziehe ihn auf mich zu und frage:
Wie wäre es mit beidem?
Er ist hilflos. Blut sickert ihm durch die zitternden Finger. Ich halte ihn mit einer Hand aufrecht und taste mit der anderen nach dem Seil.
Mein Anwalt reißt WEIT die Augen auf, als er die Henkerschlinge sieht.
Ich muss mir keine Sorgen darum machen, ob ich eine Stelle finde, an der ich den Strick festmachen kann. Ich war schon oft in seinem Büro und weiß, wo über der abgehängten Decke und den Befestigungen der grellen Leuchtstoffröhren die tragenden Balken verlaufen.
Ich erhänge ihn.
Dann bleibe ich noch und zeichne ein Video auf.
Ich lade es hoch.
Ich habe es nicht eilig zu gehen, auch wenn ich in zwei Stunden einen Flug erwischen muss.
Ich weiß, dass ich dieses Gebäude unbehelligt verlassen werde.
Diese Leute sind meine Rechtsanwälte.
Selbst wenn sie mich erwischen – am Ende werde ich sicher ohne Strafe davonkommen.
Reuters
Neueste Meldung: Rechtsanwalt erschossen und erhängt – Scotland Yard bestätigt Verbindung zu »Labyrinth«.
AP News
Neueste Meldung: Nachahmungstäter zu den Labyrinth-Verbrechen in San Francisco; Vandalismus in Anwaltskanzleien an der Market Street.
Montreal Gazette
Neueste Meldung: Zwei Rechtsanwälte nahe der Rue McGill erschossen – Täter, ein Student, behauptet, er wäre »Labyrinth«.
71.
Brüssel, Belgien
»Alain.«
Pantin hörte die Sorge in der Stimme des Mannes.
»Trey? Was ist los?«
»Sie werden in den Nachrichten etwas über mich hören. Ich will, dass Sie ein Urteil vermeiden und sich stattdessen auf das konzentrieren, was wir miteinander besprochen haben. Ich denke, Sie kennen mich gut genug, um zu wissen, dass ich Sie niemals in die Irre geführt habe.«
»Wovon reden Sie, Trey? Wo liegt das Problem?«
»Alles, was wir erörtert haben, hat uns zu diesem Punkt geführt. Ich habe Sie ausgewählt, weil Sie der Mann sind, der am besten geeignet ist für die Aufgabe, die vor uns liegt.«
»Was für eine Aufgabe?«
»Die Welt wieder ins rechte Lot zu bringen.«
Pantin war verwirrt. Er hatte seinen Mentor Trey Halbthin noch nie zuvor so reden gehört.
Andererseits war in den letzten Tagen ohnehin die ganze Welt, so wie Pantin sie gekannt hatte, auf den Kopf gestellt worden.
Jeder hatte nur noch Chaos und Revolution im Sinn, Proteste, mutwillige Zerstörung und Gewalttätigkeiten brachen überall auf der Welt hervor – nicht nur in den üblichen Pulverfässern. Man musste kein politischer Prophet wie Trey Halbthin sein, um zu erkennen, dass der Wind des Wandels einem heiß in das Gesicht blies, ohne Zweifel angefacht von Labyrinths zielgerichteten Anschlägen auf die Geschäftswelt, die Politik und sogar die
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