Level 4.2 - Zurück in der Stadt der Kinder
gewesen bei den anderen, die
es sich im Museum gemütlich gemacht hatten, jetzt schon schliefen und morgen früh gemeinsam frühstücken würden. Er vermisste
Thomasund Achmed und sogar Norbert und die vielen anderen, die ins Museum als Hauptquartier gekommen waren.
Jennifer machte sogleich einen Strich durch seine Hoffnung.
»Wir sind nicht im Museum. Schaut euch die Bilder an!«
Auf den ersten Blick konnte Frank nichts Besonderes an den Gemälden erkennen. Auf den zweiten allerdings sah er, was Jennifer
meinte.
Die Bilder zeigten vordergründig die üblichen Motive alter Gemälde: Schlachten, Krönungen, Königsporträts, hier und da mal
eine Landschaft oder gar eine Bäuerin bei der Arbeit. Sah man genauer hin, wurde deutlich, dass die Bilder nicht alt sein
konnten. Denn die Gesichter gehörten nicht alten Königen und Fürsten. Die Könige, Fürsten und Feldherren dieser Bilder trugen
die Gesichter von Kindern. Kinder, die Frank schon gesehen hatte!
»Da!«, rief er und zeigte auf das Bild mit dem Schlachtfeld. »Der Kinder-König!«
Auch Ben erkannte den Jungen wieder, der sich als König der Stadt der Kinder ausgegeben hatte. Er hatte sich auf diesem Bild
als Feldherr verewigen lassen. Und plötzlich sah Jennifer, was das überhaupt für ein Schlachtfeld war, auf dem der kindliche
König als Feldherr agierte.
»Das ist ja unser Rathausplatz!«
Miriam entdeckte einen der Gegner: »Schaut mal, dort ist Kolja!«
»Was?«, stieß Frank aus und kletterte endlich ganz aus der Luke heraus.
Die anderen folgten, bauten sich vor dem riesigen SchIachtengemälde auf, das bestimmt vier Meter breit und mehr als zwei Meter
hoch war.
»Kolja hat die Funktion eines Hauptmannes!«, glaubte Jennifer. Sie kannte sich sehr gut mit Kunst aus und sah in alten Gemälden
mehr als Farben und Figuren. Sie wusste viel von der Symbolik, den Funktionen der Figuren und inhaltlichen Hintergründen solcher
Bilder.
»Ja und?«, fragte Ben.
Jennifer zeigte auf einen anderen Jungen auf dem Bild.
»Kolja ist nicht der Feldherr. Er ist bloß Hauptmann. Feldherr ist der dort!«
»Wer ist das?«
Niemand hatte das Gesicht, das der Feldherr trug, jemals gesehen.
»Eine Fantasiefigur!«, vermutete Miriam, doch Ben und Jennifer widersprachen.
»Ich glaube, auf dem gesamten Bild ist nicht eine einzige Fantasiefigur!«, sagte Ben.
»Wenn das stimmt«, ergänzte Jennifer, »dann ist Kolja nur ein Handlanger. Die rechte Hand des Feldherrn. Der Feldherr bekämpft
den König. Wir haben es mit zwei Gruppen zu tun.«
Sie zeigte noch mal auf den König als Feldherrn, dessen Gefolgschaft aus Soldaten und Geschäftsleuten bestand.
»Die Königstreuen!«, erklärte Jennifer.
Ihr Finger wanderte zum Feldherrn, weiter zu Kolja und dann zu einzelnen Figuren, die die anderen noch nicht beachtet hatten.
Die Figuren plünderten Läden, beraubten die Geschäftsleute, überfielen Passanten.
»Und die Kriminellen!«, lautete Jennifers Erklärung. »Das sind die Vermummten. Beide – die Vermummten und die Königstreuen
– kämpfen um die Macht in der Stadt!«
»Was wir auf dem Marktplatz ja deutlich gesehen haben, als Kolja den König angriff und das Rathaus übernahm!«, erinnerte sich
Ben.
»Und die da?« Frank zeigte auf eine Gruppe, die er weder als königstreu noch als kriminell einstufen konnte. Sie standen einfach
nur da.
Jennifer sah sich die Gruppe an und stieß einen Schrei aus.
»Was hast du?«
»Mensch, das sind wir!«
»Was?« Ben wäre am liebsten in das Bild hineingekrochen, so dicht ging er an das Gemälde heran, um zu sehen, welche Figur
ihn selbst darstellen sollte.
Schließlich erkannte er sich.
»Seht euch mal meine bescheuerte Frisur auf dem Gemälde an. Das sieht ja aus, als trüge ich ein totesMeerschweinchen auf dem Kopf. Frechheit!«, sagte Miriam.
»Sonst hast du keine Probleme?«, schnauzte Ben sie an.
»Wieso?«, wunderte sich Miriam. »Welche Probleme hast du denn?«
»Dass wir auf dem Bild erscheinen!«, erklärte Ben. »Das bedeutet: Wir sind die dritte Gruppe!«
»Und?«
»Wir haben es mit zwei Gegnern zu tun!«, war Ben sich sicher.
»Aha!«, machte Frank.
Bens Miene verfinsterte sich. »Aber das Schlimmste . . .«
»Was?«
»Wir haben keinen Feldherrn!«
Jennifer verstand nicht, was daran so schlimm sein sollte. Auf militärische Hierarchien konnte sie gut verzichten.
»Wenn ich alles richtig begriffen habe . . .«, setzte Ben fort, ». . . dann sind die Feldherrn
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