Level 4.2 - Zurück in der Stadt der Kinder
erinnern, weit entfernt wie an eine Schulfreundin, die man jahrelang nicht gesehen und die
mittlerweile ihr Aussehen komplett verändert hatte. Würden sie jetzt auffliegen? War ihre ganze Tarnung vergebens gewesen,
weil Kolja irgendwo im Hinterstübchen seines programmierten Gehirns doch noch eine Erinnerung an die reale Welt hatte?
Während Ben sich den Kopf über diese und viele weitere Fragen zermarterte, bevorzugte Miriam mal wieder die praktische Lösung.
Sie sprang einfach aus ihrer Box heraus, direkt auf Kolja zu und rief ihm ins Gesicht: »Kolja, du Spinner! Du bist in Level
4.2!«
Aber natürlich!
Ben stieß sich vor die Stirn. Durch das Codewort war es möglich, die Figuren aus ihren Rollen zu befreien. Im entscheidenden
Moment hatte Ben nicht daran gedacht. Miriam aber hatte es keine Sekunde vergessen, sofort die Lage erkannt und cool genutzt,
als Kolja, den sie seit seiner Programmierung nicht mehr hatten erreichen können, ihr endlich gegenüberstand.
Kolja blinkte mit den Augen, als wäre er aus einem Schlaf erwacht, schüttelte sich, erschrak ein wenig, als er merkte, wie
nah Miriam bei ihm stand, und stammelte: »Wo bin ich? Miriam, was machst du hier? Was mache ich hier?«
»Das erklären wir dir später!«, kürzte Miriam seine Fragen ab. »Sag uns lieber, wie man hier herauskommt!«
»Oder wo der König ist!«, ergänzte Frank, der nun auch aus seiner Box herausgekommen war, ebenso wie Jennifer und Ben.
»Sollen wir sie festnehmen?«, fragte einer von Koljas Gefolge.
Aber es war nicht mehr Koljas Gefolge, zumindest fühlte er sich nicht mehr als ihr Anführer. Im Gegenteil: Er konnte sich
nicht mal mehr an sie erinnern.
Kolja taumelte durch die Anwesenden wie ein Betrunkener, dem jegliche Erinnerung abhanden gekommen war. Er hatte gemeinsam
mit Achmed den König verfolgt, dann hatte ihn die Programmierung getroffenund ab dem Zeitpunkt wusste er nichts mehr; nicht einmal, dass er von der Straße aus durch eine Hauswand verschwunden war.
»Ist die Überschwemmung vorbei?«, fragte er verdattert.
»Oje!«, stöhnte Miriam. Sie ahnte, welche Mühe es machen würde, Kolja die gesamte Geschichte, die sie erlebt hatten, in Kurzform
mitzuteilen, damit er wenigstens halbwegs im Bild war.
»Was ist denn jetzt?«, fragte der aus seinem Gefolge nach. So unentschlossen hatte er seinen Anführer noch nie erlebt.
»Gib ihnen den Befehl, hier zu warten, bis neue Anweisungen von dir kommen!«, flüsterte Ben Kolja ins Ohr. Ben hielt es für
das Beste, Koljas Trupp für eine Zeit lang gewissermaßen hier zu parken, also ruhig zu stellen und auf einem inaktiven Modus
zu behalten. Ganz so, als hätte er in einem Computerspiel noch eine Reservearmee in petto.
Der Plan funktionierte. Koljas Gefolge setzte sich, hielt die gefesselten königstreuen Verfolger in Schach und begnügte sich
damit, ansonsten erst einmal nichts zu tun.
Jennifer hielt Bens Plan für sehr risikoreich. Immerhin konnten die Wartenden von den Computerspielern jederzeit wieder aktiviert
werden, doch Ben erinnerte sie daran, dass diese Möglichkeit ohnehin zu jeder Sekunde bestand. Und auch sie selbst waren ja
ständigin Gefahr, sich in willenlose Spielfiguren zu verwandeln. Dass sie bis zu diesem Punkt so unbehelligt davongekommen waren,
konnte nur bedeuten, dass die Spieler augenblicklich zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt waren.
Im nächsten Moment wusste Ben auch, womit.
Sein Handy piepte.
Thomas war dran. Alles, was er melden konnte, bevor die Verbindung wieder abbrach, war: »Hilfe! Wir sind umstellt! Die wollen
uns angreifen!«
»Wer?«, konnte Ben noch fragen.
Thomas antwortete: »Alle!«
Die letzten Retter
Die Nachricht vom Angriff auf das Museum versetzte Ben und seine Freunde in Panik. Die Königstreuen kämpften gegen die Vermummten
um die Macht in der Stadt – doch was hatten die Kinder in dem Museum damit zu tun, da sie doch neutral waren und zu keiner
der beiden Parteien gehörten?
Kolja hätte vielleicht das Rätsel lösen können, doch der konnte sich ja an nichts erinnern.
»Während wir hier herumstehen und uns die Köpfe heißreden, werden Thomas, Achmed, Norbert und all die anderen angegriffen,
und wir sind nicht bei ihnen!«, drängte Miriam.
»Wir sind auch nur eine Handvoll Leute!«, entgegnete Ben. »Wir können denen kaum helfen!«
Genau genommen gab es nur eine Möglichkeit: Achmed und Thomas mussten den Widerstand der Museumskinder gegen die Angreifer
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