Lewis, CS - Narnia 6
Rilian um zu erkennen, dass ihr kein Arzt der Welt mehr helfen konnte. Solange noch Leben in ihr war, schien sie sich große Mühe zu geben, ihm e t was zu sagen. Aber sie konnte nicht mehr deutlich spr e chen, und was immer sie ihm hatte mitteilen wollen – sie starb, ohne ihm ihre Nachricht zu übermitteln. Dies geschah kaum zehn Minuten nach ihrem Au f schrei.
Man trug die tote Königin nach Feeneden zurück und sie wurde von Rilian, dem König und allen B e wohnern Narnias tief betrauert. Sie war eine gute Her r scherin gewesen, weise, gütig und von frohem Wesen. König Kaspian hatte sie vom östlichen Ende der Welt mitgebracht und es wurde gesagt, Sternenblut flösse in ihren Adern.
Den Prinzen traf der Tod seiner Mutter natürlich sehr hart. Nach ihrem Tod ritt er ständig in den nördl i chen Sümpfen Narnias umher und spürte der Gif t schlange nach, um sie zu töten und Rache zu nehmen. Obwohl der Prinz immer mit müdem und verwirrtem Gesicht zurückkehrte, verlor doch niemand viele Worte darüber. Aber etwa einen Monat nach dem Tod seiner Mutter meinten manche, er habe sich verändert. Er ha t te den Blick eines Mannes, der Visionen gehabt hat, und obwohl er den ganzen Tag unterwegs war, sah sein Pferd nicht so aus, als wäre es hart geritten worden. Sein bester Freund unter den alten Höflingen war Lord Drinian, der Kapitän des Schiffes, mit dem sein Vater die große Reise zum östlichen Teil der Welt unte r nommen hatte.
Eines Abends sagte Drinian zum Prinzen: »Hoheit, Ihr müsst Eure Suche nach der Schlange aufgeben. An einem Tier ohne Verstand kann man nicht wie an e i nem Mann Rache nehmen. Ihr verschwendet Eure Kraft vergebens.« Der Prinz antwortete: »Ich habe in den letzten sieben Tagen die Schlange fast vergessen.« Drinian fragte ihn, warum er dann immer wieder in die nördlichen Wälder reite. »Lord Drinian«, erklärte der Prinz, »dort habe ich das herrlichste Geschöpf gesehen, das je erschaffen wurde.« – »Edler Prinz«, sagte Drin i an, »lasst mich morgen mit Euch reiten, damit ich di e ses schöne Geschöpf auch sehe.« – »Ja, so soll es g e schehen«, antwortete Rilian.
Früh am nächsten Morgen sattelten sie ihre Pferde und ritten in schnellem Galopp zu den Wäldern im Norden, wo sie an der Quelle absaßen, an der die K ö nigin den Tod gefunden hatte. Drinian fand es seltsam, dass der Prinz ausgerechnet diesen Platz wählte um zu verweilen. Dort rasteten sie bis zum hohen Mittag: Und da schaute Drinian auf und erblickte die schönste Frau, die er je gesehen hatte. Sie stand nördlich der Quelle, sagte kein Wort und machte dem Prinzen mit der Hand ein Zeichen, als wolle sie ihn zu sich bitten. Sie war groß und kräftig und sie trug ein dünnes leuchtendes, giftgrünes Gewand. Und der Prinz starrte sie an wie ein Mann, der den Verstand verloren hat. Doch plötzlich war die Frau verschwun den, wohin wusste Drinian nicht, und die beiden kehrten nach Feeneden zurück. Drinian spürte im Innersten, dass dieses leuchtende grüne Geschöpf böse war.
Drinian fragte sich, ob er nicht dem König von di e ser Begebenheit erzählen solle, aber er wollte nicht klatschen und so schwieg er. Doch später wünschte er, er hätte gesprochen. Denn am nächsten Tag ritt Prinz Rilian wieder alleine a us. Am Abend kehrte er nicht zu rück und von dieser Stunde an ward er weder in Narnia noch in den angrenzenden Ländern jemals wi e der gesehen und weder sein Pferd noch sein Hut, noch sein Mantel, noch irgendetwas anderes wurde je gefu n den.
Nun ging Lord Drinian mit Bitterkeit im Herzen zu Kaspian und sagte: »Mein König, erschlagt mich auf der Stelle, denn durch mein Schweigen habe ich das Leben Eures Sohnes verwirkt.« Und er erzählte ihm alles.
Kaspian packte seine Kampfaxt und wollte Drinian töten und Drinian stand regungslos da, um den Todes schlag zu empfangen. Aber als er die Axt erhoben ha t te, warf Kaspian sie weg und rief: »Ich habe meine Königin und meinen Sohn verloren: Soll ich auch noch meinen Freund verlieren?« Und er umarmte Lord Dr i nian und beide weinten und ihre Freundschaft zerbrach nicht.
Das war die Geschichte des Prinzen Rilian. Als sie zu Ende erzählt war, sagte Jill: »Ich wette, die Schla n ge und die Frau waren ein und dieselbe Person.«
»Tu-huu, tu-huu, wir denken so wie du«, riefen die Eulen.
»Aber wir glauben nicht, dass sie den Prinzen get ö tet hat«, erklärte Glimmfeder, »denn keine Knochen …«
»Wir wissen sicher, dass sie das nicht
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