Lewis, CS - Narnia 6
Schlimmste und es trifft nie ein. Lasst uns an die sanften Riesen denken und so schnell wie möglich Harfang erreichen. Ich wollte, ich wüsste, wie weit es ist.«
Und jetzt hatten sie zum ersten Mal fast einen Streit, wie Trauerpfützler ihn vorhergesagt hatte, jedenfalls die erste ernsthafte Unstimmigkeit. Trauerpfützler war ganz und gar dagegen, nach Harfang zu gehen. Er meinte, er wisse nicht , was es für einen Riesen bedeu tete, »sanft« zu sein, und in Aslans Zeichen sei nichts von einem Aufenthalt bei den Riesen erwähnt, seien sie nun sanft oder nicht. Doch die Kinder, die von Wind und Regen, von dürren, über dem Lagerfeuer gebrate nen Vögeln und von Nächten auf kaltem, hartem B o den genug hatten, waren fest entschlossen die sanften Riesen zu besuchen. Schließlich und endlich willigte Trauerpfützler ein, aber nur unter einer Bedingung. Die beiden mussten fest versprechen den sanften Riesen nicht zu verraten, dass sie von Narnia kamen und auf der Suche nach Prinz Rilian waren, solange Tra u erpfützler es ihnen nicht erlaubte. Dies versprachen sie und dann machten sie sich wieder auf den Weg.
Nach dem Gespräch mit der grünen Dame ve r schlechterte sich die Lage in zweierlei Hinsicht. E r stens einmal wurde das Gelände viel beschwerlicher. Der Weg führte durch endlose enge Täler, durch die ihnen unablässig ein grausamer Nordwind ins Gesicht blies. Es gab nichts, was man zum Feuermachen hätte benutzen können, und es gab keine schönen kleinen Kuhlen als Lagerstätte wie zuvor auf dem Moor. Die Erde war so steinig, dass einem tagsüber die Füße we h taten und nachts der ganze Körper schmerzte.
Zweitens – welches Ziel die Dame auch damit ve r folgt haben mochte, ihnen von Harfang zu erzählen, es hatte einen schlechten Einfluss auf die Kinder. Sie konnten an nichts anderes mehr denken als an Betten, heiße Bäder, warme Mahlzeiten und wie schön es sein würde, in einem Haus zu wohnen. Sie sprachen jetzt nie mehr von Aslan, ja nicht einmal mehr von dem ve r schollenen Prinzen. Und Jill gab ihre Angewohnheit auf, sich die Zeichen abends und morgens vorzusagen. Zuerst sagte sie sich, sie sei zu müde, aber schon bald vergaß sie es vollständig. Und obwohl man eigentlich erwartet hätte, die Vorfreude auf die guten Zeiten in Harfang müsse sie aufmuntern, wurden sie dadurch in Wirklichkeit nur noch unzufriedener und untereinander und gegenüber Trauerpfützler noch missmutiger und unwirscher.
Schließlich kamen sie eines Nachmittags an eine Stelle, wo die Schlucht, in der sie gingen, breiter wu r de. Auf beiden Seiten erhoben sich dunkle Tannenwä l der. Die Wanderer stellten fest, dass sie die Berge hi n ter sich gelassen hatten. Vor ihnen lag eine trostlose, felsige Ebene: dahinter wieder Berge mit schneeb e deckten Kuppen. Doch zwischen ihnen und den Bergen erhob sich ein niedriger Hügel mit unregelmäßiger fl a cher Kuppe.
»Schaut! Schaut!«, rief Jill und deutete über die Ebene. Und dort, in der sich zusammenziehenden Dunkelheit, hinter dem flachen Hügel, sahen sie Lic h ter. Lichter! Kein Mondlicht, kein Feuer, nein, eine anheimelnde Reihe erleuchteter Fenster. Wenn man noch nie in unwegsamer Wildnis unterwegs gewesen ist, Tag und Nacht, wochenlang, kann man kaum ve r stehen, was sie fühlten.
»Harfang!«, riefen Eustachius und Jill mit glück licher, aufgeregter Stimme. »Harfang«, wiederholte Trauerpfützler mit teilnahmsloser, düsterer Stimme. Doch er fügte hinzu: »Oh! Wildgänse!« Und hatte in der nächsten Sekunde schon den Bogen von der Schu l ter genommen und angelegt. Er schoss eine schöne fe t te Gans. Es war viel zu spät um daran zu denken, Ha r fang an diesem Tag zu erreichen. Aber sie hatten ein Feuer und eine heiße Mahlzeit und so fing die Nacht wärmer an als alle vorangegangenen Nächte der letzten Woche. Nachdem das Feuer verlöscht war, wurde die Nacht bitterkalt, und als sie am nächsten Morgen e r wachten, waren ihre Decken steif gefroren.
»Macht nichts!«, rief Jill und stampfte mit den F ü ßen. »Heute Abend nehmen wir ein heißes Bad.«
Der Hügel der seltsamen Gräben
Es lässt sich nicht leugnen – es war ein schrecklicher Tag. Über ihnen hing ein trüber Himmel, die Sonne war eingehüllt in Wolken, die schwer waren von Schnee; unter ihren Füßen lag schwarzer Frost und über allem blies ein Wind, der sich so anfühlte, als wollte er einem die Haut abziehen. Als sie auf die Eb e ne hinunterkamen, stellten sie fest, dass dieser
Weitere Kostenlose Bücher