Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
„Andererseits bin ich froh, dass es Soh’Hmil wieder gut geht. Und du weißt nun, dass du nicht mehr ganz so hilflos bist. Doch war es sehr gewagt.“ Er trat zu ihr und reichte etwas zu essen hinüber. Dankbar griff sie zu. Da war es wieder, das große Hungergefühl, das sie früher immer dann gespürt hatte, wenn sie viel ihrer Kraft einsetzen musste. Über diesen knurrenden Magen war sie jetzt sehr erfreut. Während sie eine Knolle und ein großes Stück Fisch verschlang, suchte sie nach dem Heerführer. Er war nicht da. Auch die anderen konnte sie in der Nähe nicht entdecken.
„Sie wollen sehen, wie die unendlichen Meere zu bezwingen sind. Sicher tauchen sie gleich wieder auf. Nirek hält Wache am Pfad, der nach oben führt.“
Als Lewyn fertig gespeist hatte, stand sie auf. Erfreut stellt sie dabei fest, dass sie voll bei Kräften war. Gemeinsam mit Therani schlenderte sie dem Wasser entgegen. Ruhig und gleichmäßig liefen seine Wellen auf dem Sand aus. Weit draußen erblickte sie die Gefährten. Wie gefallenes Laub wurden sie von den Fluten hin und hergetragen. Doch plötzlich begann sich das Meer aufzubäumen. Starke Wellen hielten auf die Männer zu und schienen diese zu verschlucken, nur um sie kurz darauf an den Strand zu werfen.
„Falls du ein erfrischendes Bad nehmen wolltest, kann ich dir nur davon abraten.“ Nerair und die Söhne Theranis gingen bis zu den Pferden. Dort ließen sie sich entkräftet nieder. Der Heerführer aber lag zu Füßen der jungen Frau. Er hatte wohl doch nicht seine ganze Stärke zurück. Spätestens jetzt musste er es einsehen.
„Du hättest ruhen sollen.“
„Du hättest mich nicht heilen sollen.“ Er hatte sich erhoben und stand ihr nun dicht gegenüber. „Verzeih, dass ich dich dazu gezwungen habe. Ich hatte geglaubt, wohl eher gehofft, dir helfen zu können“, sagte er traurig.
„Wir werden ein andermal versuchen, ob du genügend der alten Gaben in dir trägst.“
„Wozu denn noch einmal? Wir wissen doch jetzt, dass es nicht so ist.“ Er war sehr enttäuscht, nicht genügend magische Kraft zu besitzen, die ein wirksames Handeln erlaubte.
„Wissen wir das denn? Ich denke viel mehr, dass es der starke Drachenzauber war, der einen Erfolg verhinderte.“
„Warum konntest du mich dann heilen? Wir sind auch jetzt in der Nähe des Gebirges.“
„In der Nähe, nicht in ihm.“
„Du hast also einen Teil deiner Fähigkeiten zurück?“
„Einen sehr geringen“, lächelte sie leicht.
„Ja, aber das Erwachen hat begonnen. In nächster Zeit solltest du dennoch darauf verzichten, die Magie erneut zu fordern. Dafür nimmt sie noch zu viel. Ich sah dich schlafen. Nicht einmal der Sturm der vergangenen Nacht konnte dich wecken.“
„Dann werden wir die Pferde zurücklassen müssen. Wir können nicht warten, bis ich die Stärke habe, sie einzeln oder zusammen nach Agondhar zu schicken. Wir müssen…“ Sie hielt inne und beobachtete das Wasser. Langsam zog es sich vom Strand zurück. Ansonsten geschah nichts. Dennoch war sie beunruhigt.
„Wird uns hier ein Weg gewiesen? Hast du das in deiner Vision gesehen?“
Therani stand wieder bei den Männern und der Gefährtin. Die betrachteten weiter das zurückweichende Meer. Das Gesicht der Kriegerin zeugte dabei nicht unbedingt von Freude. So wich die Hoffnung des Gitalaners bangem Warten. Als die Wogen mit großer Wucht auf die Gruppe zuzuschnellen begannen, einer angreifenden Schlange gleich, wollte er sich in den oberen Felsen in Sicherheit bringen. „Lauft!“, schrie er.
Doch das Wasser, das sich im Sand des Strandes befand, hielt die Sieben fest gefasst. Keiner vermochte den Yaner kela zu entkommen. Starke Gischt hüllte die am Ufer Stehenden ein, ebenso wie die Pferde. Das ankommende Wasser schlang sich um sie und riss den gesamten Trupp mit hinaus ins offene Meer. Prustend tauchte einer nach dem anderen wieder auf.
„Himmel, was war das denn?“
„Der Weg, um den wir gebeten haben“, antwortete die Zweiundzwanzigjährige ganz ruhig. „Hör auf zu strampeln und setze endlich die Füße auf den Boden.“
„Wie bitte?!“ Er schüttelte heftig mit dem Kopf. Therani verspürte keine Lust, ein weiteres Mal von dem Salzwasser zu kosten. Allerdings hatte er schon zu viel an der Seite der jungen Frau erlebt, um nicht das Unmögliche zu glauben. Er drückte ein Bein tastend nach unten und stellte schnell den anderen Fuß daneben. Er fühlte festen Grund. Nach einiger Zeit erhob der sich sogar über
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