Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
in unserem Rücken. Wir blieben lange blind für die finstere Kraft, die gegen uns stand.“ Er schüttelte sich, seine Stimme wurde leiser und begann zu erzittern. Die Erinnerungen an diesen Tag waren äußerst schmerzlich. „Es war die zweite Nacht des Vollmondes, doch davon war nichts zu sehen. Große schwarze Wolken bedeckten den Himmel. Später zog dicker Nebel auf. Aber nicht nur das rief nach allergrößter Wachsamkeit. Die Stunden der Dunkelheit brachten ungewöhnliche Kälte mit sich – und Stille. Wir hörten nicht einmal den Paiaros, und dessen Rauschen war gewaltig. So schickten wir an seine Ufer weitere Späher. Der schwarze Dunst war jedoch undurchdringlich. Überqueren konnten wir den Fluss nicht. Dafür war er viel zu reißend. Aschiel, der Heerführer der Menschen, schickte daraufhin weitere Kundschafter zwischen die Hügel, denn er fürchtete einen finsteren Hinterhalt. Doch alle kamen ohne beunruhigende Erkenntnisse ins Lager zurück. Als aber die Boten, die uns regelmäßig von den ersten sanften Erhebungen berichteten, nicht eintrafen, wussten die Krieger, dass der Kampf direkt bevorstand. Wir hofften darauf, bald einen Sieg feiern zu können. Aber der Mensch sollte Recht behalten. Der erwachende Morgen ließ uns schnell etwas anderes als ein glückliches Ende des Tages vermuten. Rasch hatten die ersten gleißenden Strahlen der Sonne die Nebel aufgelöst und uns damit den Blick auf den Gegner gewährt. Er befand sich in unserem Rücken, mitten im Fluss! Dunkle Mächte hatten den zur Ruhe gezwungen. So konnten die Goriebs ungehindert und unbeobachtet hinter uns gelangen. Wir bemerkten es zu spät. Aber jeder Einzelne unserer Allianz kannte auch für diesen Fall den Plan. Wir wollten uns vorerst teilen und zurückziehen, um später an der schwächsten Stelle in den Reihen dieser Kreaturen wieder zuzuschlagen. Schnell musste jeder feststellen, dass der Gegner keinen Schwachpunkt besaß. Wir waren von jeder Seite in gleichmäßiger Stärke eingeschlossen. Während des folgenden Kampfes versuchten wir wieder zum Paiaros zu kommen. Noch immer schienen seine Fluten in Ruhe gebunden zu sein. Doch der Fluss wurde an diesem Tag das zweite Mal zum Verräter an uns. Seine reißenden Wasser nahmen viele mit in den Tod.
Es ist dein Verschulden, dass ich an der Paiarosschlinge viele Männer sterben sah. Aber noch mehr wurden in Ketten geschlagen. Auch sie sind verloren.“
„Und deshalb dürfen wir nicht aufgeben! Obwohl wir die Gefallenen nicht zurückholen und die Gefangenen vielleicht nicht befreien können, dürfen wir nicht darauf warten, dass der Feind auch noch den Rest Garnadkans vernichtet oder versklavt. Jandahr, bitte! Olma hatte erkannt, dass die Völker nur im gemeinsamen Kampf gegen diesen mächtigen Feind bestehen werden. Gib nicht auf, gib uns die Möglichkeit, selbst jetzt noch gegen das Dunkel bestehen zu können.“
„Willst du uns alle für eine Hoffnung opfern, die es nicht mehr gibt? Sind nicht schon genug gefallen? – Du hast die Erde am Fluss nicht gesehen. Sie war rot vom Blut der Männer, die für deine verlorene Überzeugung geschlachtet wurden!
Wir können keinen Sieg erringen! Der Feind ist uns nicht nur zahlenmäßig überlegen. Seine dunkle Magie ist nicht zu brechen!“ Er blickte wieder in das Gesicht der jungen Frau und glaubte darin ein leichtes Lächeln zu erkennen. Doch war der Vetter Olmas zu niedergeschlagen, um wirklich glauben zu können, was sie ihm anschließend im Stillen sagte.
„Es gibt Hoffnung. Versuche Vertrauen zu haben, wenn nicht in mich, dann in die Drachen. Sie kennen die Antwort, falls du sie fragen willst. Ich nähere mich dem Ende meines langen Weges. Danach hoffe ich wieder stark genug zu sein, um uns die nötige Zeit verschaffen zu können, bis ich den einen Dunklen endgültig vernichten kann.“ Die Dreiundzwanzigjährige blickte dem momentanen Herren der Zwerge fest in die Augen. Sie versuchte, ihn aus seiner tiefen Verzweiflung zu reißen.
„Vernichten?! Ich glaube kaum, dass man ihn völlig schlagen kann. Das Böse gehört in diese Welt wie alles andere auch.“
„Es gibt einen Weg. Ich muss ihn nur finden.“
„Wie willst du etwas töten, was es seit Anbeginn der Zeit gibt?“
„Das muss ich noch herausfinden.“
„Du versuchst schon wieder Hoffnung in unsere Herzen zu pflanzen. Was, wenn sie auch diesmal verdorrt? Schon einmal haben wir dir vertraut. Die Verzweiflung, als uns die Aussicht auf friedliche Zeiten genommen wurde,
Weitere Kostenlose Bücher