Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
machte.
„Dreht euch um und seht meinen Männern in die Augen.“ Also noch immer kein Vertrauen. Die Zwerge wollten nicht riskieren, dass die Fremden erkennen konnten, wie sie sich Zutritt unter die Erde verschafften.
Asnarins Enkelin und ihre Begleiter folgten der Aufforderung. Sie wollten ein erneutes Aufkommen von Hass oder Unmut nicht herausfordern. Gerade schien ihr Führer sich beruhigt zu haben. Vielleicht fehlte wirklich nur die Demonstration ihrer zurückkehrenden Fähigkeiten, um auch seine Unterstützung zu erhalten. Der Keim für neuen Mut war jedenfalls gelegt.
Es dauerte nicht lange und das Ächzen und Kratzen von Steinen, die sich übereinander schoben, war zu vernehmen. Kurz darauf durchschritten sie einen Zugang, der selbst mit Pferden gut zu passieren war. Lewyn und die beiden Männer mussten sich auf dem weiteren Weg noch mehrmals abwenden und steinerne Tore durchschreiten, ehe sie endlich ihr Ziel erreicht hatten. Die Zwerge waren trotz ihres mächtigen Schutzes sehr vorsichtig geblieben. Nachdem Jandahr einige Zeit lang den verwinkelten und verschieden großen Gängen gefolgt war, öffnete sich eine letzte massive Felspforte. Aber die Stadt der Zwerge war weiterhin nicht zu sehen. Das vor ihnen befindliche Tor aus Metall musste den Weg noch freigeben. Es war ein letzter gewaltiger Schutz.
„Die Drachen waren uns nicht immer friedlich gesonnen. Es gab Zeiten, da sie für die Dunkelheit kämpften.“ Wieder trat ein Schmunzeln in sein leicht zerknautschtes Gesicht. Seine Gäste hatten sicher nicht mit diesen Größenverhältnissen gerechnet. Selbst Lewyn, die bereits einmal in Hagnarem war, blickte etwas verwundert um sich. Sie hatte damals nicht viel sehen können. Zuerst hatten die Zwerge die Kriegerin bei ihrem Eintreffen bewusstlos geschlagen. Als dann die Halbelbin, Regos und Andail an den Fuß des Gebirges gebracht wurden, hatten die stämmigen Krieger ihnen selbst in der Dunkelheit der Nacht die Augen verbunden.
Ein weites Oval eröffnete sich den Betrachtern. Es war eine ausgedehnte freie Fläche, die im hinteren Drittel unterbrochen war. Dort befand sich eine flache Erhebung. Sie war groß und äußerst kunstvoll gearbeitet. Es waren keine so feinlinigen Motive wie bei den Elben. Die Ornamente zeugten dennoch von hohem Können. Massive, nicht zu hohe Säulen begrenzten die stufige Erhöhung. In ihrem Ende enthielten sie Ölpfannen. Das musste in der Dunkelheit genügen, um die Halle in ihren riesigen Ausmaßen zu erhellen, jedenfalls den inneren Teil. Sicher hatten sie hier den Platz vor sich, an dem das Volk Eswereghs seine großen Feste beging oder in Gemeinschaft Rat hielt. Als sich die Wände dem Boden zuneigten, wurden sie wieder durch kantige und dennoch harmonisch wirkende Säulen gestützt. Auch sie enthielten die Vorrichtung für das brennende Element. Von dort führten viele weitere Gänge in das Innere des Berges. Schwere Tore schützten an diesen Stellen die Bewohner der Stadt. Bei Gefahr wurden sie geschlossen. So waren die Höhlen dahinter, die Teile, in denen das Leben der Zwerge hauptsächlich verlief, von den äußeren Zugängen abgeriegelt. In den Wänden darüber, stufenförmig überhängend bis zur Decke im Fels, konnten die Beobachter etliche eckige Aussparungen erkennen. Es waren Fenster, die mit Stein- oder Holzgittern, aus quadratischen Formstäben bestehend, versehen waren. Regelmäßig ragten schmale Felsbalkone aus der Einheit. Sie wurden wiederum durch schräg angebrachte Ornamentstützen gehalten. Diese Wohnhöhlen, die rund um den Versammlungsort von Esweregh, dem Reich der Zwerge, ihre Anordnung gefunden hatten, waren sicher Teil der Gemächer ihres Rates. Einst nannte Olma dies seine Heimat. Doch seine Räume, wie auch viele andere, waren im Augenblick verwaist.
Ein leises Stöhnen der Dreiundzwanzigjährigen war bei diesem Gedanken zu hören. Die Männer blickten erstaunt zu ihr.
„Gefahr?“ Cadar war etwas besorgt. Er fühlte die Unruhe seiner Tochter. Aber es war das gleiche Unbehagen wie bei dem Zusammentreffen mit den unfreundlichen Elben. Sie fühlte sich schuldig und ausgeschlossen. Dabei wusste die Halbelbin nicht, ob sich das jemals ändern würde, ob sie dagegen etwas unternehmen konnte. Sie hatte keine Ahnung, ob sie es schaffen würde, den Völkern den lang ersehnten Frieden zu erkämpfen.
„Nein. Es ist das Wissen um die vielen Toten. Einst zwang Leranoth mich schon fast in die Knie. Die Gesichter der Gefallenen verfolgen mich bis
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