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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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Augen.
    »Hey. Wen ham wir denn hier?«
    Er blinzelte und sah zwei weibliche Dreckige direkt vor sich. Er wusste nicht, ob sie ihn meinten oder Dunga.
    »Dunga«, sagte er.
    »Wie schwer hat sie’s erwischt?«
    »Schwer, aber sie wird es überleben.«
    Sie starrten ihn mit eigenartigem Blick an. Zwar war sein Gesicht noch geschwärzt, aber sein Oberkörper war nackt – und nicht hager und sehnig wie der eines typischen Dreckigen. Er ließ den Eisenstift los, der sich sofort um eine halbe Drehung zurückbewegte.
    »Sorgt für sie«, sagte er.
    Er sprang auf die Füße, griff sich seinen Pullover und den Rest des Hemdes und überließ die Frauen sich selbst. Nach zwanzig Schritten blickte er vorsichtig über seine Schulter und sah, dass die beiden sich um Dunga kümmerten. Er zog sich seinen Pullover über und warf das Hemd weg. Dann drehte er sich wieder zur Residenz. Die Sträflinge waren fort. Es brannte nicht mehr, aber noch immer stiegen Rauchwolken in den Himmel. Die Residenz war nur noch ein Skelett mit nackten schwarzen Rippen. Einige Dreckige stapften um die Marmortreppe herum und betrachteten die Ruine. Eine von ihnen sah wie Riff aus, nur hatte sie keine blond-schwarz gescheckten Haare, sondern schwarze. Hatte Riff ihr Haar für den Angriff geschwärzt? Er konnte sich nicht erinnern.
    Es war ihm noch nie zuvor in den Sinn gekommen, dass auch Riff angeschossen oder getötet werden könnte. Aber jetzt ging es ihm durch den Kopf. In plötzlicher Panik eilte er auf die Ruine zu.
    22
    Es war wirklich Riff. Nach vorne gelehnt stocherte sie mit ihrem Gewehr nach irgendetwas in der Asche. Keine Frage, diese Asche war ebenso heiß wie die Kohlestückchen, die die Marmortreppe bedeckten. Col verbrannte sich einen Fuß, als er über die Stufen auf Riff zu rannte.
    »Bist du okay?«, rief er.
    Riff war noch immer mit der Asche beschäftigt, drehte sich aber um, als sie Cols Stimme hörte. Einen Moment lang starrte sie in sein Gesicht.
    »Was machst du denn hier?«
    Col fiel so schnell keine Antwort ein; er war einfach nur erleichtert, sie lebendig anzutreffen.
    »Hätt ich mir doch denken können, dass du einen Weg finden würdest, um mitzumachen.« Sie drehte sich wieder der Asche zu. »Kuck dir das an!«
    Sie zeigte mit ihrer Waffe auf einen schwarzen Klumpen; er hatte keinerlei Ähnlichkeit mit einem Menschen, aber der Gestank nach verbranntem Fleisch sprach eine andere Sprache.
    »Kuck mal.« – »Was?«
    Sie zeigte auf etwas rundes Glänzendes an dem Klumpen in der Asche. Metall und Glas – die Taschenuhr!
    »Sir Peggerton Poltney!«
    »Ja. Das ist er. Und seine Taschenuhr. Seine Frau liegt da drüben.«
    Col schüttelte seinen Kopf. »Soweit hätte es nie kommen dürfen.«
    Riff drehte sich mit blitzenden Augen zu ihm. »Du meinst, sie hätten nicht verdient zu sterben?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Sie hätten jeden einzelnen von uns erschossen, bis auf den letzten Mann. Wir wären alle tot, wenn die Sträflinge nicht ausgebrochen wären.«
    »Sie sind nicht ausgebrochen«, sagte Col. »Ich habe sie rausgelassen.«
    Riffs Heftigkeit ließ nach. »Das hast du getan?« Sie spitzte die Lippen und dachte nach.
    »Wo sind sie jetzt?«, fragte Col.
    Riff zeigte mit ihrer Waffe in alle Richtungen. »Überall.«
    Als Col zu dem morastigen Gebiet des Sträflingslagers auf der anderen Seite des Deichs blickte, sah er Hunderte von verstreuten kleinen Gruppen, die im Schlamm saßen oder herumtanzten und sangen.
    »Sie haben die Residenz geplündert, bevor sie abbrannte«, erklärte Riff. »Haben den ganzen Weinkeller ausgeräumt und den Schnaps des Gouverneurs mitgenommen.«
    Plötzlich erstarrte sie. »Was war das?«
    Col hatte es auch gehört. Es kam ganz aus der Nähe, ein langgezogenes Stöhnen. Am Fuß der Treppe lagen mehrere leblose Körper. Einige im Sackleinen der Sträflinge, andere in den schwarzen Uniformen der Offiziere. Einer der Körper bewegte sich.
    »Er lebt«, murmelte Riff. »Mal sehn, ob er was weiß.«
    »Was weiß?«
    Riff gab keine Antwort, und Col folgte ihr die Stufen hinab, zu der Stelle, wo einer der Offiziere ausgestreckt lag. Seine Uniform war an der Taille blutdurchtränkt, und sein rechtes Bein in einem völlig unnatürlichen Winkel abgespreizt.
    Col erkannte ihn auf der Stelle. »Es ist der Offizier, der vorn in der Lore gesessen hat! Erinnerst du dich? Als sie uns zur Residenz geleitet haben.«
    »Ich erinnere mich.« Riff stupste den Offizier mit ihrem Fuß an. »Woher wusstet

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