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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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damit anfangen sollte?
    »Füße in die Schlaufe!«
    Col stand auf der Türschwelle. Als er nach unten blickte, konnte er Riff durch den Dampf nur schemenhaft erkennen.
    »Füße in die Schlaufe!«
    Er wurde durch die Tür gestoßen, so dass er keine Wahl hatte, als das Seil mit beiden Händen zu ergreifen. Er schwang seine Füße voran, die Knöchel eng aneinandergedrückt, und steckte sie in die Schlaufe. Wann würde Riff ihm das Signal geben? Was war ihr Plan?
    »Runterlassen!«
    Mit dem Klack der Ratsche wurde Col fünfzehn Zentimeter herabgelassen, dann kam ruckartig ein Halt. Dann der nächste Klack , der nächste Fall, der nächste Halt. Klack-Klack-Klack !
    Er schwebte an den drei Rotarmbinden vorbei, erst sah er noch ihre Hüften, dann ihre Knie, dann ihre Knöchel …
    »Jetzt!«, schrie Riff.
    Col ließ das Seil los und konnte seine Ellenbogen gerade noch auf den Boden des Käfigs bekommen. Sofort schnappte er nach dem nächsten Fußgelenk und nahm es in einen eisernen Griff. Tumult brach aus. Alle drei Rotarmbinden begannen zu schreien und gleichzeitig nach seiner Hand zu treten. Vage nahm er wahr, dass das Seil unter seinen Füßen begonnen hatte hin und her zu schwingen, und dass die Fußfesseln abgefallen waren.
    Jetzt traten sie nicht mehr nach seiner Hand, sondern nach seinem Kopf. Ein Tritt gegen den Kopf warf ihn zurück und renkte ihm fast den Hals aus. Dann ließ jemand seinen Absatz kraftvoll auf sein Handgelenk knallen, und Col verlor seinen Halt.
    Gerade noch so bekam er von unten die Schwelle der Drahttür zu fassen. Das hin und her schwingende Seil unter ihm riss ihn mal in die eine, mal in die andere Richtung, was es für ihn noch schwerer machte, sich an dem Drahtgeflecht festzuhalten. Und jetzt trat auch noch jemand von der anderen Seite dagegen. Im ersten Moment brannten seine Finger wie Feuer, aber bald waren sie taub und gefühllos. Er konnte nicht einmal mehr fühlen, ob er sich noch festhielt …
    Tatsächlich konnte er sich nicht länger an dem Käfig festklammern – und es gelang ihm auch nicht, das Seil zu ergreifen. Er fiel nach hinten kopfüber ins Nichts …
    Doch die Schlaufe rettete ihn.
    Als er fiel, war einer seiner Füße durch die Schlaufe gerutscht; sie zog sich um sein Fußgelenk fest und beendete seinen Fall mit einem brutalen Ruck. Es fühlte sich an, als würden seine Gelenke auseinandergerissen. Sein Blut rauschte explosionsartig in seinen Kopf, und für einen Moment verlor er das Bewusstsein.
    Als er wieder zu sich kam, hing er kopfüber in den Dampfwolken. Eigentlich musste sich Riff über ihm befinden, aber er konnte sie in den Dampfwolken nicht entdecken; nur ihr Seil schwang hin und her.
    Das Klack-Klack der Ratsche setzte wieder ein, und er wurde weitere fünfzehn Zentimeter herabgelassen. Die Stimmen der Rotarmbinden, die auf der Plattform Befehle schrien, schienen von weit her zu kommen. Er verdrehte seinen Hals, um nach oben zu sehen, und rang nach Luft. Er hing jetzt etwa drei Meter unterhalb der Plattform – und da war Riff. Mit Fingern und Zehen hatte sie sich in die Unterseite des Käfigs gekrallt! Riff, die Akrobatin! Während er gekämpft und die Rotarmbinden abgelenkt hatte, musste sie ihr Seil so stark zum Schwingen gebracht haben, dass sie zum Käfig springen konnte. Sie blickte nach unten, und ihre Blicke trafen sich. Sie löste eine Hand von dem Drahtkäfig und zeigte auf die offene Tür an der Seite des Käfigs. Dann begann sie sich, wie eine Spinne an der Decke, auf die Tür zuzubewegen. Sie wollte die Rotarmbinden also überrumpeln.
    Col wäre so gern Teil ihres Planes gewesen, aber stattdessen wurde er immer weiter herabgelassen. Inzwischen konnte er weder Riff noch den Käfig durch den Dampf hindurch ausmachen. Er entlastete seine schmerzenden Nackenmuskeln, indem er seinen Kopf wieder hängen ließ.
    Plötzlich hörte er von oben Geschrei und Gekreisch. Das Kreischen kam von seiner Mutter, so viel war klar. Aber was geschah in dem Käfig?
    Allmählich war die Taubheit aus seinen Fingern gewichen, und er konnte endlich wieder nach dem Seil greifen. Mit ein paar Schwüngen brachte er sich in eine aufrechte Position und begann sofort, sich nach oben zu hangeln.
    »Aaaah…!« Dieser Schrei stammte eindeutig von einem Mann. Er spürte den an ihm vorbeistürzenden Körper mehr, als dass er ihn im Dampf erkennen konnte. Mit seinen herumfuchtelnden Armen versetzte er Col einen Schlag, der ihn erneut den Halt verlieren ließ. Auch diesmal wurde

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