Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
Vom Netzwerk:
mama Knudsen. Léon reagiert nicht auf seine Geliebte, die er bwana Knudsen gestohlen hat – Léon kommt ganz nah an mich heran.
    »Ich könnte mit dem Jungen reden«, sagt er. Möglicherweise würde der Kolonialist auch seine Hand gebrauchen, wenn er mit dem Sohn seiner Geliebten redet.
    »Aber was tust du denn da?«, sagt mama Knudsen, doch Léon reagiert nicht.
    Ich sage meine Meinung: »Die Reifen sind bereits platt. Wenn Sie mit Christian reden, ändert das auch nichts am Zustand des Wagens.« Léon Wauters hebt die Hand.
    »Stopp!«, ruft Katriina und legt eine Hand auf seinen Arm. »Hier wird nicht geschlagen.«
    »Ach, er hat es verdient«, sagt Jonas. Ich sehe mich um. Mama Knudsen ist auf dem Weg zum Tor, sie hat die Arme um sich geschlungen.
    »Oh, verflucht«, sagt Léon und schaut ihr nach, rührt sich aber nicht.
    »Warum gehst du ihr nicht nach?«, fragt Katriina.
    »Sie muss sich erst einmal ein bisschen beruhigen«, antwortet Léon.
    »Trinken wir ein Bier«, sagt Jonas und geht zurück zur Sauna. Léon folgt ihm. Katriina schüttelt den Kopf, als sie sieht, wie der Kolonialist sich wieder den Vergnügungen der Flaschen zuwendet.
    »Marcus«, sagt Katriina zu mir. »Es tut mir leid. Könntest du … könntest du versuchen, mama Knudsen zu finden – sie kann doch nicht nachts allein auf der Straße herumlaufen.«
    »Möchtest du, dass ich sie wieder herbringe?«
    »Nein, fahr sie einfach dahin, wo sie hinwill.« Aber wie soll man jemanden fahren, der nicht weiß, wohin er will?
    »Okay«, sage ich. »Rebekka.«
    »Rebekka?«
    »Sie schläft in meinem Zimmer.«
    »Ah ja, ich hole sie. Entschuldigung, ich hatte es vergessen.«
    Ich gehe hinunter, Katriina folgt mir. Ich hole meine Jacke, Zigaretten, Geld und Schlüssel. Katriina nimmt Rebekka aus dem Bett und geht hinaus. Ich schließe meine Tür ab.
    »Wenn ich mama Knudsen gefahren habe, komme ich nicht zurück.«
    »Wieso nicht? Was meinst du?«, flüstert Katriina mit Rebekka im Arm.
    »Ich bin es leid, dass der Kolonialist dem Neger ins Gesicht schlägt. Ich werde woanders schlafen.«
    »Marcus – bitte entschuldige.«
    »Ich fahre jetzt«, sage ich und gehe zum Motorrad, starte und fahre langsam auf der Kilimanjaro Road in Richtung von Christians Haus. Wohin geht mama Knudsen? Zum Haus von bwana Knudsen und ihrem Sohn, das sie verlassen hat? Nein, sie ist in der Nacht verloren. Oder am Haus vorbei zum Uhuru Hostel? Aber es ist ein christliches Hotel – kannst du dort mitten in der Nacht betrunken ankommen? Am Straßenrand auf dem Weg zum Uhuru Hotel kann ich sie nicht finden, obwohl alles von der Jogging-Beleuchtung des Regionalkommissars erleuchtet ist. Ich drehe um. Vielleicht ist mama Knudsen ja klug. Sie denkt, Léon wird im Uhuru Hostel nach ihr suchen. Ich fahre in die entgegengesetzte Richtung bis zum Sokoine Drive und sehe die weiße Dame in der Dunkelheit auf dem Seitenstreifen. Ich bleibe stehen. Sie dreht sich um, krümmt sich zusammen – hat Angst vor dem anhaltenden Negermann. »Ich bin’s, Marcus«, sage ich.
    »Marcus – oh, bitte entschuldige, dass …«, beginnt mama Knudsen.
    »Kommen Sie, ich fahre Sie.«
    »Ich will nicht zurück.«
    »Ich fahre Sie, wohin Sie wollen. Sie können im YMCA wohnen.«
    »Er wird dort suchen«, sagt sie. »Ich muss nachdenken.« Ich denke, wo könnte man die weiße Dame unterbringen? Kann sie in bwana mkubwa’s Stundenhotel KNCU wohnen, im Stadtzentrum? Nein. Im Moshi Hotel? Nein – auch dort wird er suchen.
    »Kennen Sie jemanden, der ein Bett für Sie hat?«, frage ich.
    »Nein.«
    »Haben Sie Geld?«
    »Ich habe mein Geld nicht mitgenommen«, sagt sie. Ihr kommen die Tränen. Oh, diese Unfähigkeit.
    »Setzen Sie sich hinter mich«, sage ich. Ich hätte die größte Lust, sie direkt zu Mama Friends Guesthouse zu fahren, wo ihre Untreue mit bwana Wauters angefangen hat, aber so gemein will ich nicht sein. »Ich bringe Sie an einen schlimmen Ort in Swahilitown«, sage ich. »Das Shukran Hotel. Dort wird er nicht nach Ihnen suchen.« Sie setzt sich wie ein Mann aufs Motorrad, den Motor zwischen den Beinen. Ich fahre direkt durchs Zentrum bis zum rissigen Asphalt auf der anderen Seite des Marktes. In den armen Stadtteil. Zum Shukran Hotel. Ich halte und wühle in meiner Tasche. Gebe ihr mein Geld. Sie nimmt es nicht.
    »Kannst du nicht mit hineinkommen?«, fragt sie.
    »Mit rein?« Ist sie auch von Titas Wahnsinn besessen?
    »Nur, bis ich eingecheckt habe«, sagt mama Knudsen. Sie hat

Weitere Kostenlose Bücher