Liberty: Roman
Kostümfest bei Miriam und Tony in der TPC . Ich trinke drei Glas Punch, rauche zehn Zigaretten, kotze und lege mich zum Schlafen auf den Rücksitz des Wagens, wie am ersten Abend in Tansania vor drei Jahren.
1984
Christian
Die Ferien sind zu Ende, und Vater hat das Verbot aufgehoben, abends Motorrad zu fahren. Ich werde in drei Monaten siebzehn, er erwartet von mir verantwortliches Handeln.
Die Hausaufgabenstunde der Internatsschüler ist vorbei. Ich verfolge ein Tischtennisspiel auf der Veranda des Kiongozi-Hauses. Sif kommt und bleibt neben mir stehen. Es ist lange her, seit ich mit ihr zusammen gewesen bin, denn nie sagt sie etwas, und ich weiß nicht, was ich mit ihr anfangen soll. Sie hat einen leicht gehetzten Ausdruck in den Augen. »Hej, Christian.«
»Hej. Alles okay?« Sie zuckt die Achseln. Ich habe von Vater gehört, ihre Eltern würden sich Sorgen machen, weil Sif sich auf der Schule nicht sonderlich wohlfühlt. Und Vater hat gesagt, ich soll mich ein bisschen um sie kümmern. Aber wie, wenn sie stumm ist?
»Hast du eine Zigarette?«, fragt sie.
»Ich dachte, du rauchst nicht.«
»Tja, ist aber so«, erwidert sie. Ich schaue mich um, ziehe mit leicht geballter Hand eine Zigarette aus der Schachtel und gebe sie ihr. »Ich habe kein Feuer«, sagt sie. »Können wir nicht irgendwo hingehen und rauchen?«
»Wohin?«
»Kennst du die Stellen nicht?«, stellt sie die Gegenfrage.
»Doch«, sage ich und gehe. Sif folgt mir. Ich entscheide mich, hinter den entferntest liegenden Flügel mit Klassenzimmern zu gehen. Nicht der sicherste Ort, aber wenn es dunkel ist, sind die guten Stellen alle von Liebespaaren besetzt, und ich würde ungern Samantha, Shakila oder … wem auch immer über den Weg laufen. Ich lehne mich an die Mauer, zünde eine Zigarette an, rauche. Reiche sie weiter an Sif, die kein Wort sagt. Sie nimmt einen Zug, hustet heftig.
»Entschuldigung.«
»Du hast offenbar noch nicht so oft geraucht, oder?«
»Ich rauche«, sagt sie, gibt mir die Zigarette zurück und stellt sich vor mich. »Die Sache mit deiner Familie tut mir leid.« Was? »Familie ist einfach Scheiße«, sagt sie.
»Wovon redest du?« Jetzt steht sie direkt vor mir – wir berühren uns fast. Sie stellt sich auf die Zehenspitzen und küsst mich vorsichtig auf den Mund. Ich werfe die Zigarette fort und zwänge meine Zunge in ihren Mund, drücke ihre kleinen Brüste, fasse nach ihrem Hintern, presse meinen Unterleib gegen ihren.
»Ich liebe dich, Christian«, sagt sie – ihre Stimme überschlägt sich beinahe. Ich sage nichts. »Ich liebe dich«, wiederholt sie noch einmal.
»Du bist hübsch«, sage ich – irgendetwas muss ich doch sagen, wenn wir uns nicht küssen –, dabei fahre ich mit der Hand über ihren Oberschenkel. Sie schiebt sie fort.
»Ich will dich«, sage ich.
»Das geht zu schnell – nicht so«, erwidert sie. Ich nehme ihre Hand und lege sie auf meinen Schwanz.
»Tu es, Sif.«
»Was denn?«, flüstert sie. Ich öffne meine Hose, zeige ihr, wie. Sie tut es.
Ich muss bei Miss Harrison nachsitzen, weil ich im Unterricht ihre Fragen nicht beantwortet habe. Jarno, weil er laut gewesen ist. Nach Schulschluss müssen wir die Erde aus den tiefen Betongräben an der Einfahrt der Schule schaufeln, damit sie für die lange Regenzeit bereit sind. Samantha kommt mit einem Taxi. Sie schaut uns zu.
»Wie geht’s euch, Jungs?« Ich habe keine Lust, zu antworten.
»Wie sieht’s denn aus?«, fragt Jarno zurück. Ich schaue sie an – und ekele mich vor mir selbst, weil sie mit mir nicht zusammen sein will.
» Tsk. « Ich spucke aus. Und grabe weiter.
»Was habt ihr ausgefressen?«
Jarno sieht mich an, aber ich antworte nicht.
»Christian hat jedes Mal, wenn Miss Harrison ihn etwas fragte, gesagt: ›Keine Ahnung, ist mir egal.‹ Das mochte sie gar nicht«, erzählt Jarno.
»Und du?«
»Hausaufgaben vergessen.«
»Und was ist mit euren Klamotten?« Wir tragen weiße T-Shirts und blaue Jeans.
»Das ist der Stil«, erklärt Jarno. »The Carlsberg Twins.« So nennen uns die Norweger, weil ich zu Hause für Jarno und mich Carlsberg klaue. Es ist besser, wir trinken es und nicht Vater.
»Jarno, Christian, bis bald!«
»Okay«, sagt Jarno und belädt die Schubkarre. Ich sage nichts.
»Bis bald, Christian«, ruft sie noch einmal. Ich bleibe stumm. Sehe sie an. »Okay?«, fragt sie.
»Okay«, erwidere ich und muss sie einfach anlächeln. Verdammt. Stoße die Schaufel in den getrockneten Matsch am Boden des
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