Liberty: Roman
danke, und er geht in die Küche. Das Essen aus seiner Hand ist immer perfekt.
»Marcus?« Die Stimme kommt von draußen, es ist Christian. Ich gehe auf die Veranda. »Sind sie unterwegs?«
»Ja. Uhhh, dieser Jonas hat vielleicht gestunken.«
»Gestunken?«
»Ja. Im KCMC ist die Gefrieranlage total zusammengebrochen. Normalerweise begraben wir in Tansania Leichen sehr schnell. Aber Jonas, er liegt drei Tage im Leichenschauhaus und kocht. Er stank wie Aas am Straßenrand – verfault.«
»Was ist mit Katriina und den Mädchen?«
»Sie kommen in ein oder zwei Wochen zurück. Um hier die Dinge zu klären. Darüber hinaus weiß ich nichts. Sie werden wohl zurück nach Schweden gehen müssen. Katriina hat keinen Job und auch kein Geld, um hier wohnen zu bleiben.« Ich lächele.
»Wieso lächelst du?«, will Christian von mir wissen. Ich will ihm nicht erzählen, dass die Dollar in meiner Tasche der Grund dafür sind.
»Ich freue mich, weil der wahnsinnige mzungu tot ist.«
»Aber was geschieht mit dir?«
»Ich lebe. Ich habe meinen Job.«
»Glaubst du, du kannst hier wohnen bleiben?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht werde ich rausgeschmissen«, sage ich.
Jonas hat eines richtig gemacht: den Zeitpunkt seines Todes. Das Jahr ist bald vorüber, und meine weißen Mädchen können mit seiner Leiche nach Schweden fliegen und Weihnachten im Schnee feiern, so wie sie es sich gewünscht haben.
AASFRESSER
Wazungu -Frauen kommen vorbei, um sich nach Katriina zu erkundigen. Doktor Freeman kommt vorbei, er fährt nach Hause und will sich verabschieden. Im Flugzeug nach Australien nimmt er Vicky mit. Bwana Knudsen kommt nicht vorbei. Vielleicht hat er Angst vor mir. Was passiert jetzt? Katriina sagt, sie kommt zurück, um zu packen und ihre Angelegenheiten zu klären. Und Solja soll das Schuljahr beenden. Aber was passiert dann?
Eine hübsche Frau kommt auf das Haus zu. Ich sitze auf der Veranda.
»Wo ist bwana Larsson?«, fragt sie.
»Er ist tot.«
»Tot?« Sie sieht schockiert aus. »Er hatte mir versprochen …«, fängt sie an und hält inne, geht wieder. Er hatte ihr Geld für die Miete und ein Ticket nach Schweden versprochen – alles Lügen, die ich kenne.
Der Mann, der einige von den Sachen der Larsson-Familie gekauft hat, muss noch immer sechs Raten zahlen. Seine Geschäfte laufen nicht gut, und er darf die Bezahlung ein paar Monate aufschieben. Nun ist er in der Zeitung und im Gefängnis, er hat Übles getrieben, auf direkte Empfehlung des Hexendoktors in seinem Heimatdorf.
»Du brauchst neue Kräfte, um dein Geschäft wieder in Schwung zu bringen – du musst sofort nach Hause gehen und deine Tochter pumpen. Wenn sie noch Jungfrau ist, wird die Kraft ihrer Jungfräulichkeit dir großen Erfolg bescheren.«
Aber der Frau des Mannes gefällt dieser Aberglaube nicht – sie geht direkt zur Polizei, und er landet im Gefängnis. Die Frau kommt nun mit ihren Brüdern zum Larsson-Haus und fordert die Sachen, gleich nachdem Jonas tot, verfault und auf dem Weg in die schwedische Erde ist.
»Es gehört euch nicht, bevor nicht alle Raten bezahlt sind«, sage ich.
»Wir haben genug bezahlt«, sagt einer der Brüder. »Wir nehmen unsere Sachen jetzt mit.«
»Das ist nicht möglich. Die Sachen müssen dem Mann gegeben werden, der die Raten bezahlt hat. Wo ist er?«
»Ihn gibt es nicht mehr«, sagt ein Bruder.
»Wenn ich die Sachen nicht bekomme, will ich die gezahlten Raten zurück«, sagt die mama .
»Wo ist das Papier? Der Vertrag, der zeigt, wie viel dein Mann bezahlt hat, bevor er ins Gefängnis kam«, frage ich.
» Tsk «, sagt einer der Brüder. »Wo ist die Frau des toten mzungu , damit wir uns mit ihr unterhalten können?«
»Sie kommt in vierzehn Tagen zurück. Ihr müsst wiederkommen. Ich bin nur der Wachmann des Hauses.«
»Du bist ein kleiner Mann. Wir können uns die Sachen auch selbst nehmen. Mal sehen, ob du uns stoppen kannst.«
Ich schreie sofort dem Gärtner zu: »Lauf zur Polizeischule und sag, wir hätten hier Probleme mit ein paar Dieben.«
Der ältere Bruder zeigt auf mich: »Wenn wir dir im Dunkeln begegnen, bist du fertig.«
Sie gehen. Ich fahre eilig zu meinem rettenden Engel, dem Polizeibeamten, der mich aus dem kalten Bad geholt hat. Mit gestohlenen Dollar mache ich den Weg frei, damit er mit der Frau und ihren Brüdern redet und sie Ruhe geben. Mein Polizist lächelt: »Sogar im Tod lohnt die Bekanntschaft dieses mzungu .«
1985
Marcus
BESCHLAGNAHMT
Eines Tages komme ich von
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