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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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dunkel, dort, wo ihr wart?«, will sie wissen.
    »Dunkel?«, frage ich zurück.
    »Genauso dunkel wie Neger?«, erkundigt sie sich mit großen Augen.
    »Dort waren Neger, ja«, sage ich. »Die leben dort.«
    »Waren sie … freundlich?«
    »Ja.«
    »Hattet ihr Dienstboten?«
    »Ja.«
    »Musstet ihr gar nichts selber machen?«
    »Nein«, sage ich und stehe auf. »Danke für den Kaffee.«
    Ich laufe herum und sehe mir Aalborg an – alles ist sauber und ordentlich. Ich muss aufpassen, wenn ich über die Straße gehe, die Autos kommen von der falschen Seite. Die Geschäfte haben alles. Ich kaufe ein und versuche zu kochen. Keine Dienstboten. Aber es ist ein gutes Gefühl, die Kontrolle über sein eigenes Leben zu haben. Ich habe entschieden, diesem Durcheinander zu entkommen. Und ich habe es getan. Ich weiß nicht, ob Vater an Jonas’ Tod beteiligt ist, doch in jedem Fall hat es nichts mit mir zu tun.
    Dänische Zigaretten sind fantastisch. Der Tabak dicht gerollt und aromatisch – der Rauch gleitet sanft in die Lungen. Aber ich muss auf mein Geld aufpassen. Mutter bezahlt Tante Lene etwas für das Zimmer. Und Vater schickt mir jeden Monat Geld zum Leben; es reicht gerade für ein bisschen Essen, Zigaretten und eine einzelne LP , aber es geht.
    Ich sehe mir das Hasseris-Gymnasium an. Das Gebäude ähnelt einem weißen kubistischen Nashorn.
Marcus
    ZWEI GESICHTER
    Ein schwedischer Mann kommt als Ersatz für Jonas. Er heißt Harri und ist der neue Chef der Sägewerke auf dem Berg, bis das kapitalistische Joint Venture eingefädelt ist. Ich muss oft zu ihm fahren und Nachrichten übermitteln, wenn die Telefone nicht funktionieren und er nicht arbeiten kann, weil die Nacht seinem Kopf wehtut.
    Auf der Straße geht ein hübsches Mädchen, ich sehe sie häufig. »Hej«, sage ich. »Kann ich dich mitnehmen?«
    »Ja, danke.« Sie heißt Rhema und ist die Tochter von Harris Nachbarn. »Du darfst gern hereinkommen«, sagt sie, als wir vor dem Tor halten. Ein paar Mädchen benehmen sich mir gegenüber wie Würfelzucker, weil ich mit Weißen zusammenwohne. Sie glauben, ich könnte Verbindungen schaffen.
    »Ich muss zu bwana Harri«, sage ich.
    »Oh ja, du bist auch einer der Chefs des Sägewerks.«
    »Nein, ich arbeite nur in der Einkaufsabteilung.«
    »Aber du wohnst bei dem mzungu , der Projektleiter ist.«
    »Ja, aber er ist tot, und ich bin nur der Babysitter der weißen Familie.«
    Rhema lacht und klapst mir auf den Arm. »Nein, jetzt machst du Spaß. Du bist kein Babysitter. Ich habe dich in dem großen Wagen des Projekts gesehen.«
    Sie sieht mich als Teil der reichen weißen Männer mit Geld. Sie denkt, ich werde in Europa landen. Und wenn sie mich fängt, nehme ich sie mit – Träume von Europa.
    »Ich bin nur ein Sklave der mzungu «, sage ich. Sie glaubt mir nicht.
    » Bwana Harri, ist er der Projektleiter?«
    »Er ist der neue Chef der Sägewerke am West-Kilimandscharo.«
    »Glaubst du, ich könnte dort Arbeit bekommen?«
    »Willst du gern in den Sägewerken arbeiten?«
    »Mein Vater ist letzten Monat gestorben. Wir brauchen Geld«, sagt sie.
    »Ich werde versuchen, bwana Harri zu fragen«, sage ich. Sie umarmt mich und küsst mich auf die Wange.
    »Vielen Dank«, sagt sie, und ich denke, ich sollte aufpassen, nicht zu einem Mann mit zwei Gesichtern zu werden – einem für jede Freundin, denn Claire ist noch immer bei mir, obwohl Gott mir fast immer den Weg zu ihrem Garten versperrt.
    Ich erkläre Harri, dass die Nachbarfamilie als Großfamilie mit der Großmutter und allen anderen zusammenwohnt, aber der Vater jetzt gestorben ist und sie Arbeit brauchen.
    »Der alte Mann da drüben? Ich habe keine Arbeit für ihn«, sagt Harri.
    »Nein, der alte Mann ist tot. Es geht um die Tochter, Rhema, das junge Mädchen.«
    »Die Tochter? Sie kann nicht im Wald arbeiten, aber ich will mal sehen, ob sich in der Möbelfabrik etwas findet.«
    Rhema wird meine Lagerassistentin in Moshi, und sie hat ständig ein Problem. »Kannst du mir ein paar Schillinge für meine Familie leihen?«, fragt sie. »Mein kleiner Bruder kann nicht in die Schule gehen, weil seine Uniform so abgetragen ist.«
    In Tansania ist die Grundschule umsonst. Das System mit der Schuluniform stammt aus der britischen Kolonialzeit. Es soll sicherstellen, dass alle gleich sind. In der Schule kann ein Kind einer reichen Familie nicht besser gekleidet sein als aus einer armen. Alle tragen weiße Hemden, Khakishorts und schwarze Schuhe. Aber wenn der Hunger nagt,

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