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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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    TAXITRÄUME
    Autoträume bringen mich wieder nach Daressalaam. Ich will eins kaufen. Es rechnet sich nicht, jedes Mal ein Taxi zu nehmen, wenn ich etwas für den Kiosk besorgen muss: Limonade, Maismehl, Petroleum, Speiseöl, Reis. Und ich kann nicht wie ein Neger in der Sonne hin- und herradeln – das Puzzlespiel des Unfalls in meinem Fuß taugt nicht zu dieser Arbeit. Außerdem kann ich mir Extraeinnahmen verschaffen, wenn das Auto für Taxifahrten verliehen wird.
    Ich muss so denken, denn nun muss ich vollkommen allein zurechtkommen. Vor mehr als drei Jahren hat Tante Elna zu mir gesagt: »Du darfst nicht auf die Hilfe anderer warten, Marcus. Darauf kann man sich nicht verlassen. Du musst es selbst tun.« Die alte schwedische mama hatte recht.
    In der Möbelfabrik sorge ich dafür, dass Leim fehlt, dann nehme ich den Bus nach Daressalaam auf schwedische Kosten, denn das Projekt läuft noch, obwohl die schwedischen Behörden verwirrt sind: Wohin sind all die Mittel verschwunden?
    In Dar miete ich ein Zimmer im YMCA und treffe mich mit meinem alten Klassenkameraden Edson, der aus Moshi geflohen ist. Er hatte seine Frau geschlagen, weil sie einen Sohn zur Welt brachte, der das Gesicht ihres Chefs hatte. Ich habe ihm das Geld für die Flucht geliehen; anderthalb Jahre habe ich das Geld vermisst – Edson muss mir helfen. Er hat mit der Akrobatik aufgehört. Jetzt ist er ebenso breit wie hoch, quadratisch. Das ist Bodybuilding. Er arbeitet als Inkassomann für einen mhindi -Kredithai. Wir gehen in die Stadt.
    BETTELGANG
    Ich denke an Rebekka, als ich aufwache. Ich vermisse meine kleine weiße Tochter, deshalb gehe ich zu mama Androlis Haus, um Katriina und die Mädchen zu besuchen.
    »Hallo?«, rufe ich. Ein Gärtner kommt.
    »Was willst du?«, fragt er mich.
    »Ich möchte die schwedische Familie besuchen, es sind meine Freunde.«
    »Ich kann dich nicht hereinlassen«, sagt er. Tsk , ich bin auf meinen eigenen Beinen gekommen, und er hält mich für einen bettelnden Neger.
    »Die schwedische mama hat mich eingeladen. Geh und frag sie.«
    Der Gärtner ruft nach Katriina: »Ein Mann sagt, er sei Ihr Gast.«
    Ich höre nicht, ob die Mädchen zu Hause sind. Katriina befiehlt dem Wachmann nicht, das Tor zu öffnen. Sie kommt in die Einfahrt und redet mit mir durch die Gitterstäbe.
    »Es ist nicht gut, wenn du jetzt kommst«, sagt sie. »Rebekka und Solja sind sehr verstört.«
    »Aber ich wollte nur Hallo sagen.«
    »Sie können nicht begreifen, was passiert ist. Ich glaube, es ist am besten, wenn sie dich eine Weile nicht sehen.«
    »Gut, dann komme ich einfach ein andermal«, sage ich.
    »Du musst eine Zeit lang warten«, sagt Katriina. »Ich werde dir Bescheid geben, wenn es okay ist.«
    »Auf Wiedersehen«, sage ich. Tsk , glaubt sie, es sind ihre Töchter? Im Herzen sind es meine Mädchen. Viereinhalb Jahre meiner Zeit und Liebe. Selbstverständlich sind sie verstört – ihre Väter werden häufiger gewechselt als ihre Unterhosen. Erst hatten sie zwei – einen weißen und einen schwarzen. Jetzt ist der weiße tot, und der schwarze soll sich fernhalten. Stattdessen haben sie einen dritten Vater, der nicht einmal Schwedisch reden kann. Tsk .
    KUHSTALL
    Larssons Haus wird von dem einheimischen Burschen übernommen, der jetzt das FITI leitet und von der schwedischen SIDA bezahlt wird.
    »Das ist jetzt mein Haus, du musst aus der Dienstbotenwohnung ausziehen«, sagt er.
    »Ich kann nicht ausziehen, bevor ich ein neues Haus gefunden habe«, sage ich. Und ich habe bereits vier Monate gesucht, denn ohne ein gutes Haus will Claire so gut wie nie nackt mit mir sein. Mein Name steht auf der Warteliste von National Housing, aber weit unten. Dann erteilt mir der neue König eine bedrohliche Lektion. Das Tor ist verschlossen, als ich nach Hause komme, ich muss das Grundstück umrunden und durch das Loch im Zaun kriechen. Er kommt auf die Veranda.
    »Ich könnte dich wie einen Dieb erschießen«, sagt er. »Du musst so schnell wie möglich raus, ich will Kühe in deinem Zimmer halten.«
    »Nein, ich ziehe nicht um«, sage ich. »Dieses Haus gehört dem Staat Tansania. Es gibt zwei Zimmer in der Dienstbotenwohnung, und das andere steht leer. Wenn du deine Kühe da reinstellst, okay – ich werde nebenan wohnen, obwohl ich weiß, dass Kühe in der Stadt total illegal sind. Dieses Haus ist für Menschen.«
    Ich stehe im Kiosk und rede mit dem Jungen, zähle Ware, kontrolliere die Abrechnung. Die Musik stoppt, der Kühlschrank

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