Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
Vom Netzwerk:
kommen die Armen nicht durchs Schultor, weil sie kein Geld für die Uniform haben und nur in Lumpen herumlaufen.
    Ich gebe Rhema Geld für die Schuluniform ihres kleinen Bruders, und sie verspricht mir, es zurückzuzahlen.
    »Nein«, sage ich. Es ist in Ordnung, denn sie hat kein Geld, sie könnte es ohnehin nicht zurückzahlen. Ihre Familie wird vermutlich das Haus verlieren, dann müssen sie in einer Blechhütte in Soweto wohnen.
    »Du kannst mich mal besuchen kommen«, sagt sie. Oh-ohhh. Sie weiß, dass ich mit Claire zusammen bin. Aber Claire und ich, wir streiten uns ständig, denn Claire kennt die absolute Wahrheit.
    »Ständig führst du dich wie ein großer Mann auf, mit Sonnenbrille, Stereoanlage, Motorrad und Bier in der Bar, aber du hast kein eigenes Haus, du bist nur ein Babysitter für die mzungu . Ich will einen richtigen Mann«, sagt sie. So ist sie bisher nie gewesen. Jetzt will sie nicht mehr mit mir reden.
    AUFBRUCH
    Christians Reise nach Dänemark hat zu einer Veränderung geführt. Die Gefühle von bwana Knudsen für Katriina kommen aus der Dunkelheit ans Licht. Ja, Knudsen ist wegen seiner Arbeit nach Shinyanga gezogen, aber jeden Monat findet er eine Entschuldigung, um den langen Weg zu fahren und die Witwe zu pumpen. Und die Zeit vergeht. Die SIDA hat Katriina Jonas’ Lohn für sechs Monate gegeben. Jetzt gibt es keinen Lohn mehr, und sie muss das Haus der Regierung verlassen, denn es steht nur Menschen zur Verfügung, die für Tansania arbeiten. Katriina muss jetzt auf ihren eigenen Füßen stehen.
    »Wir ziehen in mama Androlis Gästehaus«, sagt Katriina.
    »Aber wie willst du zurechtkommen, wenn du von der SIDA kein Geld mehr bekommst?«, frage ich.
    »Niels Knudsen hat es für uns gemietet«, sagt sie. Eeehhh – diese Frau ist ein tüchtiger Beifahrer, die sich für ihr Leben bereits eine neue Fahrgelegenheit beschafft hat.
    »Und das Schulgeld für Solja?«, frage ich, denn ich weiß, dass die Weißen auf der ISM in ausländischer Valuta bezahlen müssen, damit die Schule die weißen Lehrer bezahlen kann.
    »Ich darf vorläufig in Schilling bezahlen.«
    »Gut«, sage ich – die Mädchen werden in Tansania bleiben. Das ist gut für meine kleine Rebekka. Bald wird sie vier Jahre alt, ihr ganzes Leben hat sie nur Tansania gekannt. Und mich als ihren liebevollen Vater. Ja, mich; viereinhalb Jahre habe ich für diese Schweden verschwendet. Jetzt bin ich zwanzig, und all meine Investitionen versickern im Sand.
    »Kannst du mir beim Packen helfen?«, fragt mich Katriina.
    »Aber was ist mit Marcus?«, will Solja wissen – dreizehn Jahre alt und sehr selbstständig in ihren Gedanken. Katriina seufzt.
    »Ich weiß es nicht. Ich hoffe, du kommst zurecht«, sagt sie.
    »Es ist eine Katastrophe für mich«, sage ich.
    »Ich kann nichts tun«, sagt Katriina.
    »Das ist ungerecht«, sagt Solja wütend.
    »Ich kann nichts tun«, kommt es noch einmal von Katriina. Und was ist mein Geschenk für lange und treue Dienste? Ein Kühlschrank, eine Gefriertruhe und eine abgenutzte Stereoanlage, die im Grunde nicht mehr funktioniert. Jetzt gehört sie mir, und ich kann die Gefriertruhe verkaufen. Der Kühlschrank wird dem Kiosk nützen, kalte Limonade als Attraktion. Die Stereoanlage muss ich zu einem Mechaniker bringen, wenn ich das Geld für die Reparatur habe.
    Bwana Knudsen kommt den langen Weg nach Moshi, um an diesem Exodus teilzunehmen. Der Land Rover wird mit den persönlichen Habseligkeiten wie Kleidern und Küchenausstattung gepackt, denn die Möbel gehören zu dem Regierungshaus. Solja will sich nicht ins Auto setzen. Sie verschränkt ihre Arme.
    »Ich will Marcus dabeihaben«, sagt sie.
    »Natürlich«, sagt Rebekka auf Swahili. »Marcus soll in dem neuen Haus wohnen.« Mir kommen beinahe die Tränen. Katriina schüttelt den Kopf.
    »Nein. Marcus ist jetzt erwachsen. Er braucht sein eigenes Haus.«
    »Was?«, sagt Rebekka und beginnt zu heulen. Erst stirbt der weiße Vater, und jetzt soll der schwarze verschwinden. Ahr, es ist hart, sich von meinen weißen Töchtern zu verabschieden. Ich nehme sie auf den Arm und tröste sie, aber Rebekka heult Rotz und Wasser.
    »Ich werde dich ganz oft besuchen«, sage ich und streichele das feine blonde Haar.
    »Nein, nein, nein!«, schreit sie. Es ist schrecklich. Ich muss dem Auto zum Abschied winken. Katriina nimmt mzee Issa mit, noch nie hatte sie einen so tüchtigen Koch. Mich – den kleinen schwarzen Anhänger – zieht nun kein Auto

Weitere Kostenlose Bücher