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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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versucht zu leben.
    »Komm und setz dich in den Schatten«, sagt er. »Ruh dich ein wenig aus.« Am Giebel seiner Hütte hat er das Dach verlängert, sodass es einem kleinen Platz Schatten spendet, auf dem zwei schmale kurze Holzbänke und ein kleiner Tisch aus grob zugeschnittenen Planken stehen. Ich muss mich bücken, um mich hinzusetzen. Er lächelt und setzt sich. Direkt am Eingang der Hütte gibt es eine kleine Feuerstelle mit einem Aluminiumtopf, in dem er sich Maisgrütze oder Bohnen zubereiten kann. In der Hütte steht eine Pritsche mit einer Lage Gras und ein paar Decken. Die Wände sind an der Innenseite mit Futtersäcken isoliert, die ihn vor Kälte, Wind und Tau schützen. Nachts wird es kalt hier oben. Ich erzähle, wie ich heiße, wo ich herkomme, und erkundige mich, wie er heißt.
    »Johnny Costa Winston«, sagt er. Ich lächele, wiederhole seinen Namen. Cool. Ich hole einen Kugelschreiber und meine Schachtel Sportsman-Zigaretten aus der Tasche, schreibe seinen Namen darauf und halte sie ihm hin, damit er ihn lesen kann.
    »So?«
    »Ja«, sagt er. Ich wollte ihn nicht bitten, seinen Namen auszuschreiben; wenn er nicht schreiben kann, hätte ich ihn in Verlegenheit gebracht.
    »Willst du eine Zigarette?« Er nickt. Ich suche in meinen Taschen. Habe ich noch welche? Ja. Das zerknüllte Winston-Päckchen, das ich aus dem Land Rover mitgenommen habe, als ich ausstieg. »Winston«, sage ich. Wir lachen, klatschen die Handflächen gegeneinander. Ich biete ihm eine Zigarette an – er bekommt etwas Andächtiges in seinen Blick.
    »United States«, sagt er und raucht entrückt. » Safi kabisa « – total gut. Ich hole mein letztes Päckchen Erdnüsse heraus und biete sie ihm an; das ist alles, was ich habe.
    Ich erzähle ihm, dass ich aus Europa komme, in den Ferien bin und meinen Vater besuchen will, der für die ushirika arbeitet, die Genossenschaftsbewegung. »Wohnst du hier?«, frage ich Winston.
    »Wenn ich auf dem Feld arbeite, dann schlafe ich hier. Sonst wohne ich in dem Dorf etwas weiter unterhalb.«
    Johnny Costa Winstons Frau heißt Jane und ist vierundzwanzig Jahre alt. Er ist fünfundzwanzig. Im Augenblick ist sie in der Stadt, um Gemüse zu verkaufen. Ihr Sohn heißt France und ist fünf Jahre alt. Manchmal besucht Winston sie im Dorf, manchmal kommt sie in seine kleine Hütte. Das Wasser strömt mitten durch sein Stück Land, es lässt sich gut trinken, man kann sich darin waschen und damit die Erde bewässern. Er brennt ein wenig Holzkohle für seine eigene Familie.
    »Ist das nicht illegal?«
    »Ja, schon«, sagt er und lacht laut. Ich schaue mich um und entdecke die kleinen bhangi -Pflanzen, die entlang der Hüttenwand stehen.
    »Was ist das denn?«, frage ich und zeige darauf. Wir lachen.
    »Willst du etwas davon haben?«
    »Nein, danke, nicht jetzt«, erwidere ich. »Es sind sehr kleine Pflanzen«, füge ich hinzu.
    »Ja.«
    »Gibt es mehr?«
    »Sie sind überall«, sagt Winston mit einer großen Armbewegung, und wieder klatschen wir die Handflächen gegeneinander.
    »Rauchst du Pfeife?«
    »Nein, ich drehe.« Winston vollführt mit den Fingern Rollbewegungen.
    »In einer Zeitung?«
    »Nein«, antwortet Winston und sieht mich mit einem etwas merkwürdigen Gesichtsausdruck an. » Kitabu .« Buch.
    Er holt eine kleine Plastiktüte aus der Seitentasche seiner zerschlissenen Militärhose. Er will mir das Beste präsentieren, was er besitzt. Zusammen mit der Tüte zieht er ein kleines Buch mit schwarzem Einband aus der Tasche. Sein Drehpapier – es fehlen Seiten.
    »Du bwana «, sage ich und grinse. »Du rauchst Gottes Buch, habe ich recht?« Das Neue Testament. Er schlägt sich auf die Schenkel.
    »Das ist vollkommen richtig«, erwidert er und gibt mir das Buch. Das Matthäus-Evangelium hat sich bereits in Luft aufgelöst. Im Moment arbeitet er sich durch Markus.
    »Das Buch raucht sich gut.«
    »Ja. Das Papier ist besser als Zeitungen.«
    Am Abend setze ich mich vors Paradise Guesthouse und rauche Winstons Joint – gedreht aus dem Evangelium. Hinterher liege ich auf dem Bett und höre der Nacht zu. Ich höre Samantha unter der Erde, den Verfall ihres Fleisches.
    »Du siehst blass aus«, sagt Katriina. »Bist du krank?«
    »Möglicherweise habe ich Malaria«, lüge ich. Vielleicht erklärt das meine Erscheinung. Ich sehe aus wie ein Chemopatient.
    »Hast du Marcus gesehen?«, fragt sie – ein wenig nervös, wie ich finde.
    »Nein, dazu bin ich noch nicht gekommen. Ich wollte noch

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