Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
Vom Netzwerk:
Haus kommen, wird das Tor von einem alten Wachmann geöffnet.
    » Shikamoo mzee «, grüßt ihn Douglas und fragt, ob er Samantha gesehen hat.
    »Nein, heute nicht.«
    »Könnte sie im Haus sein?«
    »Das glaube ich nicht. Vor nicht allzu langer Zeit kam eine Dame aus dem Haus gelaufen, sie hat geweint. Und dann kam bwana Victor mit einer Tasche und fuhr auf dem Motorrad davon. Ich glaube, er fuhr der Dame nach. Es ist zu spät für eine Dame, wie ein Hund allein in der Dunkelheit herumzulaufen.«
    »Eine weiße Frau?«
    »Ja.«
    »Aber Samantha hast du nicht gesehen?«
    »Nein, aber sie kann durchaus hier gewesen sein. Ich bin gerade erst gekommen. Vorher war meine Tochter hier.«
    »Dann frag sie, ob Samantha hier gewesen ist«, befiehlt Douglas ungeduldig.
    »Aber sie ist gegangen, um mbege zu trinken«, antwortet der alte Mann und blickt zu Boden.
    »Okay«, sagt Douglas und schaltet den Motor ab. Wir steigen aus und gehen zum Eingang. Douglas fasst an die Tür. Abgeschlossen. Er zieht einen Schlüsselbund aus der Jackentasche, schließt die Tür auf, geht hinein. Ich folge ihm durch die Küche und pralle fast gegen seinen Rücken, als er im Wohnzimmer abrupt stehen bleibt. »Samantha«, sagt er – mit rauer Stimme. Ich blicke um ihn herum, ein Zucken durchläuft meinen Körper. Samantha. Auf dem Sofa. Blut aus Augen, Nase, Ohren. Sie sitzt ganz still. Rot eingefrorener Blick. Das Blut ist dunkel – geronnen auf Wangen, Hals, Unterhemd, Höschen. Ihre Hände sind regungslos, bräunlich rot. Auf dem Sofa Blutflecken, als hätte sie gelegen, bevor sie sich aufsetzte. Auf dem Couchtisch vor ihr ist weißes Pulver verstreut. Ein zusammengerollter Geldschein. Douglas geht langsam auf seine Tochter zu und fühlt ihren Puls. Natürlich nichts. Das Leben ist in den Adern geronnen, mit dem Blut ausgelaufen. Ich übergebe mich. »Mach die Tür zu«, befiehlt Douglas. Ich schließe sie. Douglas hockt sich hin und streichelt Samanthas Wange, blickt in ihre roten Augen. »Samantha«, sagt er und schüttelt leicht den Kopf. Zigarettenrauch, ich halte eine angezündete Zigarette in der Hand. Führe sie zum Mund. Douglas ist aufgestanden. Er stellt den Couchtisch um, betrachtet den Sisalteppich darunter. Geht ins Schlafzimmer und kommt mit einem Laken zurück. Douglas greift nach dem Sisalteppich, zieht ihn zur Seite und breitet das Laken über den Boden aus, legt den Sisalteppich darauf – Samanthas Todeslager. Er hebt sie hoch, legt sie hin. Rollt sie in den Teppich ein wie eine Puppe. Die Zigarette verbrennt meine Finger. Ich lasse sie fallen. Stehe wie eingefroren an der Tür. Douglas ist vor mir – der Mund bewegt sich, aber lautlos. Er gibt mir eine Ohrfeige. »Hilf mir, sie anzuheben.« Ich bewege mich. Hebe. Samantha ist schwer. Der Wachmann öffnet die hintere Klappe des Land Rovers. »Setz dich rein«, sagt Douglas. Ich tue, was er sagt. Er spricht mit dem Wachmann, dann setzt er sich hinters Steuer. »Wo übernachtest du?«, erkundigt er sich.
    »In Valhalla.« Er fährt. Samantha liegt hinter uns, eingepackt in ein Laken und einen Teppich, tot.
    Wir kommen an. Sie lassen uns durch das Tor – wir sind Weiße. »Welche Nummer«, will er wissen. Der Ton seiner Stimme ist weit weg.
    »Achtunddreißig.«
    Douglas hält vor dem Haus.
    »Hol deine Sachen.« Ich gehe hinein. Sage den Norwegern, ich hätte eine Mitfahrgelegenheit nach Moshi gefunden. Werfe meine Klamotten in die Tasche, gehe hinaus und setze mich wieder ins Auto. Wir fahren. Aus der Stadt hinaus. »Wenn wir sie begraben haben, fahre ich dich nach Morogoro. Von dort kannst du einen Bus nach Moshi nehmen. Wenn irgendwelche Behördenvertreter dich fragen, sagst du … erzähl einfach die Wahrheit«, sagt er. Was ist die Wahrheit? Der Wagen fährt von der Straße in den Busch, hält. In der Ferne bellen Hunde. Wir graben mit den Spaten des Land Rovers ein Loch. »Es muss tiefer sein, sonst graben die Hunde sie aus«, sagt Samanthas Vater. Weiß er nicht, dass die Hunde sie bereits haben? Wir legen sie hinein. Ich bete zu Gott, während wir die Erde auf sie werfen. Gott hört nicht zu. Hinterher stehen wir still an dem zugeschaufelten Grab. Douglas murmelt: »Ich verspreche dir, ich werde ihn töten, Samantha.«
    Wir fahren. Den ganzen Weg über starre ich aus dem Fenster in die Dunkelheit.
    Am frühen Morgen erreichen wir Morogoro. Douglas lenkt den Wagen über Feldwege voller Schlaglöcher bis vor ein verdrecktes Backsteingebäude. Paradise Guesthouse. Er

Weitere Kostenlose Bücher