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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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davon gehört. Gestohlene Motorräder aus Moshi und Arusha werden hierhergebracht und für Bares verkauft.
    »Hier geben die Minenarbeiter ihr Geld aus, wenn sie etwas verdienen. Hier kannst du alles bekommen, was du willst, vierundzwanzig Stunden am Tag.«
    »Alles?«
    »Ich habe nichts über die Qualität gesagt«, räumt Savio ein. Ein Säugling hockt vor einem Haus und kackt auf die Erde, überall liegt Abfall herum. Keinerlei Kanalisation. Kein fließendes Wasser. Verknäulte Stromleitungen hängen zwischen schiefen Telefonmasten. Die Bars sind mit Stacheldraht und improvisierten Bretterwänden eingezäunt. Menschen mit schlechten Zähnen. Schief stehend und verfärbt. Esel und Ziegen wühlen in den Abfallbergen, andere Haufen brennen am Straßenrand. Wir halten vor einer Bar. Ich steige aus und höre schnarrende Musik – die Anlage ist hinüber. Wir gehen hinein und bestellen Limonade. Savio stellt mich dem Besitzer vor, der sofort interessiert ist, als ich sage, ich würde in Moshi Disco-Abende veranstalten.
    »Das kriegen wir hin«, behauptet er. »Du kommst einfach.«
    »Was sind denn die besten Tage?«, will ich wissen.
    »Jeder Tag ist gleich.«
    »Okay. Wenn ich so weit bin, komme ich wegen einer festen Absprache vorbei. Wir hängen dann einige Plakate in der Umgebung auf. Machen Reklame.«
    »Sehr gut«, sagt der Mann.
    Wir fahren ins Minengebiet. Junge Leute in schicken Klamotten und Sonnenbrille kommen uns auf großen Offroad-Motorrädern entgegen. Es gibt auch Massai in traditioneller Kleidung: Um den Körper ist ein mit Staub und Blut gefärbtes Tuch geschlungen, das Haar ist mit Glasperlen durchflochten oder mit Schlamm fixiert.
    »Das sind die Zwischenhändler«, erklärt Savio. »Sie kaufen kleine Steine von den Minenarbeitern und verkaufen sie den Aufkäufern im Dorf, die sie weitertransportieren.«
    Der Land Rover kämpft sich eine ausgewaschene Fahrspur hinauf. Über dem Flachland bewegen sich hohe dünne Staubsäulen rastlos in der Hitze. Wir fahren über einen Hügel, und das Tal liegt ausgebreitet vor uns – nahezu keine Vegetation, überall kleine Schuppen und Schlackehaufen. Die Erdoberfläche des gesamten Gebiets ist bedeckt von funkelndem, knisterndem Quarz.
    »Es gibt kein System«, sagt Savio. »Du stellst einen Zaun auf und gräbst ein Loch. Du brauchst zwischen sechzig und hundert Arbeiter. Und du brauchst Holz.«
    »Zur Abstützung?«
    »Um Leitern zu bauen. Wir verwenden keine Abstützungen; der Felsen ist hart, meist jedenfalls.«
    Wir erreichen die Mine. Es gibt nicht viel zu sehen. Ein Zaun, ein Holzschuppen, unter einen Halbdach ein Loch in der Erde. Die Leute sind unten und graben.
    Savio ruft seinen Handlanger, Conte, der mir einen Helm mit Stirnleuchte gibt. Ich bin nervös.
    »Nur ruhig«, sagt Savio. »Er zeigt dir nur die sicheren Gänge, in denen die Decke stabil ist.« Ja, aber ich denke daran, was er erzählt hat; wenn in einer nahe gelegenen Nachbarmine ein Schacht gesprengt wird, kann der ganze Scheiß einstürzen. Alle treten zur Seite, als ich ängstlich die Leiter hinuntersteige. Die Holme sind schwierig zu umfassen, die Sprossen sind breit, abgewetzt und glatt, die Abstände groß. Meine Arme werden schnell müde, Milchsäure sammelt sich. Ich halte mich mit aller Kraft fest, während der Fuß die nächste Sprosse sucht. Sämtliche Minenarbeiter sind schlank wie Tänzer, kein überflüssiges Fettgewebe beschwert ihre Beweglichkeit. Ich schwitze. Schnell wird es total dunkel und die Luft tot und heiß – ein Geruch nach Schweiß, Pisse, Rauch und Dreck. Wir kommen an Leuten vorbei, die Säcke voller Schlacke zur Leiter schleppen. Ein Hämmern und Klopfen dringt vom Grund des Minenstollens zu uns hinauf. Ich krieche vorwärts, direkt hinter Conte her. An einigen Stellen fällt der Stollen steil ab – die ganze Zeit bewegen wir uns auf allen vieren in den niedrigen Gängen, in denen der raue Fels die Handflächen aufreißt und die Luft stinkend schwer und voller Staub ist. Der Lichtkegel meiner Stirnlampe gleitet über verschwitzte schwarze Rücken, matt vom Staub. Es ist völlig normal und kommt mir gleichzeitig wie ein Traum vor. Einige Arbeiter schlagen mit Hammer und Meißel Löcher in den Fels.
    »Für die Sprengladungen«, erklärt Conte. Andere füllen Schlacke in Futtersäcke. Sie grüßen, lächeln, arbeiten.
    Ich bin froh, als wir wieder oben sind. Conte zeigt mir ein paar kleine rohe Steine, die aussehen wie matt gefärbtes Glas – nicht diese

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