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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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Schacht zu sprengen, um mamas Leiche beiseitezuschaffen. Der Sprengstoff ist im Haus. Nimm diese Steine hier.« Savio reicht Conte ein paar unförmige Klumpen. Conte nickt. Es muss sich um die Steine handeln, die Savio aus dem Stiefelschaft des niedergeschossenen Mannes geholt hat.
    »Wer kommt, wird erschossen«, bestätigt Conte. Savio gibt ihm ein Zeichen, und Conte läuft zum Holzschuppen. Ich höre die rhythmisch gurgelnden Atemgeräusche des verletzten Mannes.
    »Wieso soll Conte dort warten?«, will ich von Savio wissen.
    »Sollte die Mine gesprengt werden, wenn wir unten sind, sterben wir. Dann wird niemand von uns ernten«, antwortet Savio.
    »Ernten?«
    »Los jetzt!«, fordert Savio mich auf.
    »Was machen wir?«
    »Wir gehen runter in die Mine. Ich muss mir das ansehen.«
    »Ich will da nicht runter.«
    »Du musst.«
    »Kann ich nicht hierbleiben?«
    »Hier oben ist es jetzt zu gefährlich.«
    »Kann ich nicht bei Conte bleiben? Ich will da nicht runter.«
    »Conte ist jetzt gefährlich. Ich bin verantwortlich für dich, und ich muss da runter. Und du kommst mit.« Savio zieht seinen Revolver aus dem Schulterholster unter dem Hemd. Wir schleichen zum Schacht. Ich schaue in das dunkle Loch. Kann tief unten einen schwachen Lichtschimmer erkennen. Wir haben kein Licht, und das Halbdach über dem Loch schirmt die Sterne ab. Savio klettert hinunter. Mir klebt das Hemd am Rücken.
    »Wieso müssen wir da runter?«, frage ich verzweifelt.
    »Willst du nicht reich werden?«, erwidert Savio und klettert geschickt weiter. Ich folge ihm. Ich habe Angst, aber ich will auch nicht riskieren, mit Conte oben allein zu bleiben. Wir steigen eine Ewigkeit im Dunklen hinab.
    »Ganz ruhig«, sagt Savio. »Wir sind gleich unten.« Er zieht eine kleine kräftige Taschenlampe aus seiner Hosentasche. Er hatte sie die ganze Zeit dabei. Er leuchtet hinunter: große, fette Beine, nackt, auf dem Felsboden gespreizt. Zwischen den Schenkeln Wulste, eine obszöne Möse – nach außen gestülpt, verwüstet. Er lässt den Lichtkegel über ihr Gesicht wandern; das Gesicht ist feucht, Staub und Dreck überziehen die Haut. Etwas Staub ist zu einer dünnen, rissigen Haut geronnen. Das geblümte Kleid und die Unterwäsche wurden ihr vom Körper gerissen, die Brüste hängen schwer an den Seiten herab – enorme Dehnnarben leuchten bleich aus der dunkleren Haut auf. Der Hals: eine offene rote Wunde. Geschändet. Tot. Meine Kehle schnürt sich zusammen. Savio tritt an ihr vorbei. Er hält den Revolver und die kleine Taschenlampe in derselben Hand. Vornübergebeugt, fast auf Händen und Knien, bewege ich mich dicht hinter ihm. Es ist heiß und stinkt nach Schweiß und Rauch. Ich höre ein Stöhnen. Savio bleibt stehen. Sein Lichtstrahl trifft auf einen Mann, der auf dem Bauch liegt; der Rücken seines zerschlissenen Hemdes ist dunkel und feucht. Savio zieht den Stoff zur Seite. Ein Loch im Rücken. Von einer Hacke.
    Savio beugt sich über den Mann: »Shirazi?«
    »Savio«, erwidert der Mann schwach und hebt den Arm ein wenig. Savio starrt längere Zeit ins Dunkle. »Ich spüre meine Beine nicht«, sagt der Mann.
    »Was ist passiert?«
    »Moses«, flüstert der Mann. Moses? »Hilf mir, Savio«, bittet er, lauter. Wenn hier noch mehr Menschen sind, können sie ihn hören. Savio schlägt ihm mit dem Revolver auf den Schädel, der Kopf des Mannes zuckt kurz zurück und schlägt dann mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden. Er liegt still.
    »Was für eine Scheiße!« Savio leuchtet auf etwas in seiner Hand – einen Kompass. Wir bewegen uns weiter vorwärts, an anderen Tunneln vorbei. Woher weiß er, in welche Richtung wir müssen?
    »Kennst du den Weg?«, flüstere ich – mit rauer Stimme.
    »Der neueste Stollen«, antwortet er kurz angebunden. Offenbar sieht er, welcher Gang der jüngste ist.
    »Sind alle oben?«
    »Nein, sie sind hier. In den Nebengängen.« In den anderen Gängen – sie warten darauf, dass wir an ihnen vorbeikommen, damit sie hoch zu Conte klettern können … oder? Wir nähern uns einer Gabelung. Vor uns höre ich ein Knirschen. Savio bleibt stehen, schaltet die Taschenlampe aus und hält mich mit der anderen Hand fest. Das einzige Geräusch, das ich hören kann, ist das Zischen des großen Plastikschlauchs, der sich durch den Schacht windet und Luft zum Grund der Mine bringt.
    »Savio!«, brüllt jemand. » Toka !« Verschwinde hier. Savio lacht, hebt die Hand und feuert einen Schuss ab. Das Geräusch ist ohrenbetäubend in

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