Liberty: Roman
ist.«
»Wie alt ist die Tochter?«
»Halima«, sagt Rogarth. »Anderthalb, glaube ich.«
»Kannst du für mich etwas erledigen? Such einen guten Ort für eine große Diskothek – einen Platz, wo wir eine ordentliche Abmachung treffen können.«
»Ich werde ihn finden«, verspricht Rogarth.
Ich ziehe in Göstas Gästehaus. Ich leihe mir von Katriina den Nissan und bringe mit ein paar Fahrten meine Habseligkeiten dorthin. Auch eine der Transportkisten, auf denen meine Matratze liegt. Ich weiß, dass ein Revolver darin liegt, aber ich brauche die Kiste für meine Sachen und habe keine Lust, Katriina Jonas’ Revolver zu überreichen. Ich kaufe ein neues Vorhängeschloss für die Kiste und trage den Schlüssel an einer Lederschnur um meinen Hals. Glücklicherweise ist das Haus teilweise möbliert. Es gibt ein Sofa, einen Sessel, einen Esstisch mit Stühlen, ein Bett und etwas Küchengeschirr. Soll ich mir ein Hausmädchen besorgen? Ich esse meist in der Stadt. Vielleicht finde ich ein Mädchen, das zweimal in der Woche kommt und putzt. Ich dusche, bevor ich Katriina den Wagen zurückbringe, und nehme ein paar Dosen Bier und Cola aus ihrem Kühlschrank und eine Flasche Tanqueray Gin aus der Speisekammer mit. Gehe zu mama Androli und kaufe mir eine große Portion Lasagne, die ich auf dem Motorrad in mein neues Heim fahre. Ich habe keine Musik, denn die gesamte Anlage steht bei Marcus oder im Roots Rock. Ich esse, trinke Africafé, rauche, höre den Zikaden und dem rotierenden Deckenventilator zu. Eigentlich sollte es ein guter Augenblick sein. Meine eigene Wohnung. Aber ich habe Kopfschmerzen und keine Tabletten. Rachel – ich will nicht an sie denken. Was soll ich machen? Ich weiß es nicht. Es ist traurig, so allein hier zu sitzen, und Marcus ist ein Arschloch. Er ist faul und versoffen und zieht alle Leute nur durch den Dreck. Das Problem ist die Anlage. Er hat den Kontakt zu dem Norweger in der Pfingstkirche hergestellt. Und ich brauche die Anlage, sonst muss ich mein offenes Rückflugticket nach Dänemark innerhalb eines Monats aktivieren. Und was zum Henker soll ich dort? Wieder aufs Gymnasium gehen? Scheiße, nein. Ein Auto hupt am Tor, die Hunde bellen. Ich öffne die Tür und schaue hinaus. Rachel steigt aus einem Taxi. Ich sehe einen jungen Burschen aus dem Haupthaus kommen.
»Es ist für mich«, rufe ich und gehe zum Tor, wobei mir die Hunde um die Beine streichen. Rachel steht vor den Gitterstäben, das Taxi wartet. Sie weiß offenbar nicht, ob sie damit zurückfahren will. Sie sieht ängstlich aus. Ich öffne das Tor. »Komm rein«, fordere ich sie auf. Sie dreht sich zu dem Taxi um und spricht durch das offene Fenster mit dem Fahrer.
»Danke, ist in Ordnung«, sagt sie, und das Taxi fährt. Sie geht auf das kleine Haus zu, ins Wohnzimmer, in dem die Deckenlampe brennt. Ich gehe an ihr vorbei, nehme meine Zigaretten von dem runden Tisch und lasse mich aufs Sofa fallen. Rachel bleibt stehen.
»Wie hast du mich gefunden?«
»Ich habe die Tochter der mzungu-mama gefragt.« Solja.
»Wann hattest du dir gedacht, mir zu erzählen, dass du eine Tochter hast?«
»Ich …«, beginnt Rachel. Sie schaut zur Seite, hebt eine Hand, um eine Träne aus dem Augenwinkel zu wischen. »Ich hatte Angst, du würdest mich dann nicht mehr mögen«, sagt sie und zieht die Nase hoch.
»Und du bist verheiratet«, sage ich und schaue sie an. Sie weint. Es mit anzusehen, ist furchtbar. Sie ist so hübsch, aber … Natürlich hat sie ein Leben gehabt, bevor sie mich kennenlernte, aber sie soll mir die Geschichten verdammt noch mal erzählen. »Mit Faizal«, füge ich hinzu. Rachel sieht mich an.
»Er hat die Scheidung verweigert und wollte die Papiere nicht unterschreiben. Er ist ein schlechter Mann.« Rachel atmet aus, verbirgt das Gesicht hinter einer Hand, schnieft. »Ich wollte nur … ich wollte es sagen, aber ich habe mich nicht getraut, weil ich dich mag.«
»Setz dich«, sage ich. Sie geht ein paar Schritte und setzt sich auf einen Stuhl. Ich stehe auf und hole ihr eine Limonade. Zünde mir noch eine Zigarette an, obwohl ich weiß, dass mir davon schwindlig werden wird. »Was ist passiert?«, frage ich.
»Wie?«
»Mit Faizal?«
»Er hat getrunken und mich geschlagen. Dann habe ich meine Tochter Halima zu meinem Vater ins Dorf gebracht.«
»Halima. Sie wohnt also dort?«
»Ich verdiene nicht genug Geld, um sie bei mir haben zu können«, erklärt Rachel. Ich bin still. Stehe auf und hole die Gin-Flasche und
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